Digitalisierungslabor Ulm Das Stadtleben für alle verbessern

Autor Manfred Klein

Die Stadt Ulm ist, was Digitalisierung angeht, sicher eine der umtriebigsten Gemeinden der Republik. eGovernment Computing hat sich in der Stadt einmal umgesehen und mit der Digital-Chefin der Stadt, Sabine Meigel, gesprochen.

Anbieter zum Thema

Bürgerschaftliches Engagement kann auch eine digitale Seite haben – wie hier die LoRaWAN-Platine
Bürgerschaftliches Engagement kann auch eine digitale Seite haben – wie hier die LoRaWAN-Platine
(© mk)

Es ist auffällig, dass sich gerade die großen Metropolen mit ihren ­Digitalisierungs- und Open-Data-Programmen schwer tun. Die zumeist besser gefüllte Marketingkasse sorgt dann zwar schnell für mediale Aufmerksamkeit, greif­bare Ergebnisse lassen dann aber oft auf sich warten.

Anders, vielleicht praxisorientierter, gehen dagegen oft kleinere Kommunen vor. Auch dort weiß man freilich im Vorfeld nicht, was aus den angedachten und angestoßenen Projekten werden wird, doch scheint das Zusammenspiel zwischen den unterschiedlichen Partnern dort besser zu funktionieren als in den Großstädten.

Digitales Ehrenamt

Ein gutes Beispiel dafür ist Ulm. Die Stadt nimmt mittlerweile sogar an zwei Digitalisierungsprojekten teil: Zum einen an dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung ausgerichteten Wettbewerb Zukunftsstadt und zum anderen an der vom Land Baden-Württemberg angestoßenen Initiative Digitale Zukunftskommune. In beiden Projekten war es das Ziel der Verantwortlichen, ein Maximum an Bürgerbeteiligung zu erreichen. Im Abschlussbericht zur zweiten Phase des Wettbewerbs Zukunftsstadt Ulm heißt es dazu: „Die Ulmer Bürger*innen sollen explizit ihre Vorstellungen zur Gestaltung der Stadt im Jahr 2030 in die weitere Planung einbringen können.“

Digital-Chefin Sabine Meigel sieht in der Digitalisierung die Chance, das gesellschaftliche Miteinander zu verbessern
Digital-Chefin Sabine Meigel sieht in der Digitalisierung die Chance, das gesellschaftliche Miteinander zu verbessern
(mk)

Ziel dieses Vorgehens sei es – wie es im Abschlussbericht heißt –, die relevanten Themen, Wünsche und Sorgen zu identifizieren und darauf aufbauend gemeinsame Lösungsansätze und Pläne zu erarbeiten.

Nun steht Vergleichbares auch in den Absichtsbekundungen anderer Städte. Aber die Herangehensweise ist in Ulm eine andere. Das beginnt schon mit der Wahl der Räumlichkeiten, in denen sich die interessierten Bürger treffen. In unmittelbarer Nachbarschaft zum bekannten Schwörhaus gelegen, kann die Digital-Chefin von Ulm, Dipl.-Ing. Sabine Meigel, den Bürgern der Stadt einen Treffpunkt anbieten, der nicht nur im physischen Sinne nahezu barrierefrei ist, die unspektakuläre Einrichtung lässt auch bei jenen Bürgern, die sich normalerweise nicht täglich mit Digitalisierungsfragen herumschlagen, kaum Hemmschwellen entstehen.

Das hat in vielerlei Hinsicht positive Folgen. So diskutieren die Bürger mit Vertretern der Stadt und den Wissenschaftlern aus der Begleitforschung nicht nur die unterschiedlichsten Themen unter Digitalisierungsaspekten, es findet auch ein intensiver Austausch zu den jeweiligen Projekten statt – egal ob es sich nun um die Messung der Feinstaubbelastung, die Optimierung des öffentlichen Nahverkehrs, innovative Projekte in der Alten- und Krankenversorgung oder die Aufwertung traditioneller Marktplätze mit einem digital gesteuerten Lieferservice handelt.

Natürlich bewahrt auch eine solche Vorgehensweise nicht vor ­Fehlschlägen. Auch in Ulm ist die Realität mitunter ein wenig kaltherzig. Aber es hat den wichtigen Effekt, dass man aus Fehlern lernen und diese in Folgeprojekten vermeiden kann.

All das wiederum führt dazu, dass sich viele Ulmer Bürger ganz konkret in einem digitalen Ehrenamt engagieren. Mit zum Teil überraschenden Folgen. Denn in diesen Gruppen werden zum Beispiel auch die Sensoren und Messstellen für das Ulmer LoRaWAN-Netz in ­Eigenregie zusammengelötet. Ein Engagement, das wiederum dazu führt, dass die Kosten für das LoRaWAN-Netz vergleichsweise gering bleiben und für die einzelnen Projekte schnell eine ausreichende Abdeckung an Messstationen und Sensoren bereitsteht.

Die bürgerfreundliche Stadt der Zukunft

Sabine Meigel meint dazu: „Im Zuge des digitalen Ehrenamts gibt es ganz unterschiedliche Gruppen, die sich freiwillig in ihrer Freizeit treffen und wirklich zu 95 Prozent Dinge tun, die für das Gemeinwohl bedeutsam sind. Die zentrale Idee dahinter ist, dass das Leben in der Stadt beziehungsweise in der Stadtgesellschaft für alle Bevölkerungsgruppen oder eine Gesellschaft verbessert wird. So ist es in meinen Augen zwar wichtig, dass man dort die LoRaWAN-Sensoren baut und kostengünstig herstellt, noch wichtiger ist es aber, dass man über solche Projekte der Gesamtbevölkerung offene Daten zur Verfügung stellt.“

Auf dem Weg dorthin sind noch viele Fragen offen, das weiß auch Sabine Meigel, wenn sie darauf hinweist, dass nicht nur die Stadtverwaltung einen Modus vivendi für den Umgang mit Open Data finden muss, sondern dass im Gegenzug in einer zu erarbeitenden Datenethik auch geklärt werden müsse, unter welchen Bedingungen Bürger und Unternehmen bereit seien, Daten für das Gemeinwohl zur Verfügung zu stellen. Geklärt werden müsse darüber hinaus auch – und Meigel verweist damit auf ein weiteres spannendes Projekt der Stadt –, wie eine offene Datenplattform aussehen könnte. Es bleibt also spannend.

(ID:45678523)