Franz-Reinhard Habbel analysiert Koalitonsverträge in NRW und Schleswig-Holstein Aufbruchstimmung greift um sich

Autor / Redakteur: Franz-Reinhard Habbel / Manfred Klein |

In Nordrhein-Westfalen und in Schleswig-Holstein haben die neuen Landesregierungen die Arbeit aufgenommen. Franz-Reinhard Habbel hat nach alter eGovernment-Computing-Tradition die Koalitionsverträge auf ihre Tauglichkeit für das Digitalzeitalter abgeklopft.

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Die Koalition von CDU und FDP hat sich in Nordrhein-Westfalen viel vorgenommen. Im Koalitionsvertrag schreiben beide Regierungsparteien, dass sie die Chancen der Digitalisierung nutzen wollen, um das Leben für alle noch besser zu machen. Ein ambitioniertes Projekt was selbst die Blockchain in der Verwaltung einschließt. Der Maßstab liegt hoch, NRW kann damit die Spitze der Digitalisierung erreichen. Nach der Bildung findet das Thema Digitalisierung prominent Eingang in die politische Agenda 2017-2022. Um eine Spitzenposition im digitalen Zeitalter erreichen zu können, müsse der Ausbau der digitalen Infrastruktur erheblich beschleunigt werden.

Weiter heißt es: „Unser Ziel ist, dass Nordrhein-Westfalen die Chancen der Digitalisierung aktiv nutzt und mit einer innovativen, vernetzten Wirtschaft die Voraussetzungen für Wachstum und Wohlstand von morgen schafft. Wir wollen, dass die Menschen mehr Freiheit und mehr Aufstiegschancen für sich nutzen können und dass wir die Herausforderungen der Digitalisierung gemeinsam meistern. Dazu bedarf es einer breit angelegten Digitalstrategie, in deren Zentrum ein Masterplan zum Ausbau gigabitfähiger digitaler Infrastrukturen steht. Denn flächendeckende hochleistungsfähige Netze sind die Grundlage einer erfolgreichen Digitalisierung.“

Umfassende Digitalisierungsstrategie geplant

Neben der Digitalstrategie wird es einen Gigabit-Masterplan geben. Zur Stärkung und Beschleunigung der Digitalisierung sind zusätzliche Mehrinvestitionen in Höhe von sieben Milliarden Euro bis 2025 vorgesehen. Fünf Milliarden davon sollen in den Ausbau gigabitfähiger digitaler Infrastrukturen fließen. Darüber hinaus soll ein Förderprogramm „K400 – Kommunal wird Digital“ mit einem Volumen von 100 Millionen Euro aufgelegt werden. Daraus sollen Digitalisierungsprozesse in den Kommunen gefördert werden.

Insbesondere soll damit die Planung von Glasfaser-Ausbauprojekten, IT-Sicherheitskonzepten und digitalen Notfallplänen sowie eGovernment- und Open-Data-Strategien in interkommunaler Zusammenarbeit unterstützt werden. „Die erfolgreiche Entwicklung und Umsetzung der Digitalstrategie erfordert eine Weiterentwicklung der organisatorischen Strukturen“, heißt es dazu. Zunächst solle eine Bestandsaufnahme aller bisherigen Initiativen und Projekte in den einzelnen Landesministerien und eine Neubewertung entlang der Ziele der Digitalstrategie durchgeführt werden.

Testfelder für Transformationen („Regulatory Sandboxes“) sollen geschaffen werden, damit neue Entwicklungen wie zum Beispiel in den Bereichen Online-Handel, Einsatz unbemannter Drohnen oder autonomes Fahren möglichst früh erprobt werden können. Bis 2025 soll NRW über flächendeckende, konvergente Gigabit-Netze verfügen. Als Zwischenziel sollen schnellstmöglich alle Gewerbegebiete, Schulen, Bildungseinrichtungen und Landesbehörden an das Gigabit-Netz angeschlossen werden.

Dabei wird der Grundsatz der Technologie-Neutralität verfolgt. Bei allen öffentlichen Fördermaßnahmen und entsprechenden Ausschreibungen gilt allerdings der „Glasfaser-first“-Ansatz. Das mobile Internet soll durch einen Ausbau der Verfügbarkeit offener WLAN-Zugänge gestärkt werden. Dazu werden alle Landesbehörden offenes WLAN anbieten. Die Kommunen werden beim Angebot von offenem WLAN unter anderem durch die Nutzung von Programmen wie „WiFi4EU“ unterstützt.

Im Fokus: Bürokratieabbau und eVerwaltung

Wörtlich heißt es: „Wir werden die Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft, die Kommunen sowie Gründerinnen und Gründer von unnötigen und zu komplizierten Regeln befreien. Bürokratie hat in den vergangenen Jahren Eigeninitiative, Fortschritt und wirtschaftliche Entwicklung ausgebremst. Wir schaffen einen unkomplizierteren Staat und werden Gesetze, Regelungen und Prozesse für alle Beteiligten vereinfachen. Dabei werden wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und eine moderne, digitale Verwaltung aufbauen, die den Bürgerinnen und Bürgern sowie den Unternehmen einen nutzerfreundlichen Austausch mit staatlichen Stellen ermöglicht.“

Eigene eGovernment-Strategie

Was digitale Verwaltung betrifft, wird es dann konkret: „Die Digitalisierung eröffnet Chancen, die Servicequalität der öffentlichen Verwaltung, die Nutzerfreundlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger sowie die Effizienz des Staates erheblich zu verbessern. Die digitale Verwaltung soll etwa durch ein digitales Bürgeramt den Bürgerinnen und Bürger das gleiche Nutzererlebnis verschaffen wie bei modernen und service-orientieren kommerziellen Anbietern („citizen centricity“). Wir beschleunigen die Digitalisierung der Verwaltung. Wir schaffen die Rahmenbedingungen dafür, dass die gesamte Landesverwaltung nicht erst bis 2031, sondern bereits bis zum Jahr 2025 vollständig digitalisiert wird. Dafür erarbeiten wir eine eGovernment-Strategie.“

Weiter heißt es dazu: „Auf dem Weg zur digitalen Verwaltung setzen wir uns Zwischenziele. Alle Landesbehörden bieten bis 2020 elektronische Bezahlmöglichkeiten an und akzeptieren diese genauso selbstverständlich wie elektronische Identitätsnachweise. vergabe.NRW entwickeln wir zu einem leistungsfähigen digitalen Vergabeportal.“

Auch sonst will man zügig vorwärts kommen: „Ein Ministerium und eine Mittelbehörde werden wir als 'digitale Vorbilder' zügig vollständig digitalisieren. Zur Förderung von eGovernment stellt die Landesverwaltung Programmierschnittstellen als Plattform bereit, damit Dritte Software und Services für Verwaltungsvorgänge – wie etwa bei 'Elster' – entwickeln können. Wir unterstützen den Prozess zur Schaffung einheitlicher Bürgerportale im Rahmen der aktuellen Neuordnung der Bund-Länder-Beziehungen. Bei der Modernisierung des Verwaltungsverfahrensrechts auf Bundesebene stellen wir uns als Antreiber auf. Entsprechende Neuregelungen des Bundes setzen wir zügig in Landesgesetzen und -verordnungen um. Die Ausnahmen bei der Einführung digitaler Akten reduzieren wir.“

Auch für die Kommunen will man etwas tun. „Wir werden eine kleinere und eine größere Kommune zu Digitalen Modellkommunen entwickeln. Diese werden im Rahmen eines Wettbewerbs ausgewählt und dienen als Vorbilder intelligenter und vernetzter Stadtentwicklung. Dabei knüpfen wir an Projekte wie den Wettbewerb 'Digitale Stadt' des Branchenverbandes Bitkom oder die 'Innovation City Bottrop' an. Wir starten mit einem 'Blockchain'-Pilotprojekt in der Verwaltung. Damit entwickeln wir die Sicherheit kritischer und sensibler IT-Prozesse weiter.“

Weiter heißt es im Koalitionsvetrag: „Zur Stärkung der Transparenz des Staates und für bessere Möglichkeiten der Nutzung öffentlicher Informationen und Daten etwa durch die Wissenschaft führen wir in Analogie zum Bundesgesetz ein Open-Data-Gesetz NRW ein. Die Digitalisierung bringt zahlreiche Chancen für eine Modernisierung und Entschlackung des Statistikwesens. Diese Chancen wollen wir zur Entlastung des Mittelstands von Bürokratie nutzen. “

Auch dem Thema Sicherheit wird mehr Beachtung eingeräumt. „Wir werden eine landesweite IT-Sicherheitsstrategie für alle öffentlichen Stellen und relevanten Infrastrukturen erarbeiten und schlagkräftige Strukturen im Kampf gegen Cybercrime aufbauen. Weil gerade unsere mittelständische Wirtschaft wirksam vor virtuellen Angriffen auf Geschäftsgeheimnisse und Unternehmenswerte geschützt werden muss, wollen wir ein Cyber Security Competence Center als Servicestelle für Wirtschaft und Landesverwaltung errichten," heißt es.

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