Fachkräfteeinwanderungsgesetz Arbeiten in Deutschland: Leicht gemacht?
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Ende März hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes beschlossen. Welche Neuerungen enthält der Entwurf? Und warum fordert unter anderem der Bitkom bereits jetzt Nachbesserungen?

Fachkräftemangel herrscht quasi in jeder Branche und vor allem IT-Fachkräfte werden händeringend gesucht. 137.000 offene Stellen gab es hier, dem Bitkom zufolge, 2022. „Wir müssen das Potenzial im Inland besser nutzen, etwa durch mehr Aus- und Weiterbildung und eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren. Zusätzlich werden wir aber auch Fachkräfte aus dem Ausland brauchen“, prognostiziert Bundesarbeitsminister Hubertus Heil.
Um es Unternehmen zu erleichtern, auch Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern einzustellen, hat die Bundesregierung im Rahmen der Fachkräftestrategie ein modernes Einwanderungsgesetz auf der Agenda. Das bislang geltende Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG) ist seit dem 1. März 2020 in Kraft. Am 29. März 2023 hat das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf zur Reform beschlossen, der vom Bundesministerium des Innern und für Heimat sowie vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgelegt worden war. Was sieht dieser vor?
Fachkräftesäule
„Wir nutzen endlich die Chance, ein modernes Einwanderungsrecht zu schaffen. Wir werden dafür sorgen, dass wir die Fachkräfte ins Land holen, die unsere Wirtschaft seit Jahren dringend braucht“, verspricht Bundesinnenministerin Nancy Faeser. Auf drei Säulen stellt die Regierung das überarbeitete FEG. Wer einen in Deutschland erworbenen oder anerkannten Abschluss hat, kann beispielsweise über die Blaue Karte EU für Hochschulabsolventen aus Drittstaaten oder über die nationale Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft in Deutschland arbeiten. Weiterhin sollen IT-Spezialisten künftig unter bestimmten Voraussetzungen eine Blaue Karte EU erhalten können, wenn sie zwar keinen Hochschulabschluss besitzen, aber bestimmte non-formale Qualifikationen nachweisen können.
Mehr Flexibilität für Quereinsteiger soll der neue Zusatz schaffen, dass, wer einen entsprechenden Abschluss hat, künftig „jede qualifizierte Beschäftigung“ ausüben kann. „Wir brauchen ein Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsrecht, das es nicht nur den besonders hochqualifizierten Menschen aus dem Ausland ermöglicht, ohne große bürokratische Hürden Jobs in der IT- und Internetwirtschaft in Deutschland zeitnah anzunehmen“, unterstützt Lucia Falkenberg, CPO und Sprecherin der Kompetenzgruppe New Work im Eco-Verband, den Ansatz.
Auch eine Berufsausbildung oder ein Studium in Deutschland soll die Novellierung attraktiver für potenzielle ausländische Arbeitskräfte machen.
Erfahrungssäule
Das zweite Standbein der Reform soll Arbeitskräften die Einwanderung ermöglichen, die mindestens zwei Jahre Berufserfahrung und einen im Herkunftsland staatlich anerkannten Berufsabschluss haben. Dass dieser nicht mehr in Deutschland anerkannt sein muss, soll die Bürokratie reduzieren. Eine Vorgabe hier ist jedoch, dass „eine Gehaltsschwelle einzuhalten ist oder der Arbeitgeber tarifgebunden sein muss“.
Nach der Einreise kann, wie bisher, ein Antrag gestellt werden, dass der Berufsabschluss in Deutschland anerkannt wird. Im Rahmen einer so genannten „Anerkennungspartnerschaft“ kann der Arbeitgeber so schneller eine qualifizierte Fachkraft beschäftigen und der Arbeitnehmer parallel zum Anerkennungsverfahren bereits qualifiziert arbeiten. „Wenn Menschen Berufserfahrung oder persönliches Potenzial mitbringen, werden wir es ihnen ermöglichen, auf unserem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen“, so Faeser.
Der Bitkom kritisiert, dass auch in den Anerkennungsprozessen digitale Potenziale nicht genutzt würden, was den Bearbeitungsprozess „immens hemmt“. Überhaupt mangelt es, dem Bitkom zufolge, daran, dass die behördlichen digitalen Schnittstellen zu langsam ausgebaut würden. Unter anderem bei der Visa-Erteilung müsse die Digitalisierung Tempo aufnehmen, fordert auch Nicolas Keller von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, in einem LinkedIn-Post. Dies sei aber eine Voraussetzung, dass die Neuregelung des FEG erfolgreich sei.
Potenzialsäule
Als dritten Weg soll durch die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes eine Chancenkarte zur Arbeitssuche eingeführt werden. Diese basiert auf einem Punktesystem, das folgende Auswahlkriterien berücksichtigt:
- Qualifikation
- Deutsch- und Englischkenntnisse
- Berufserfahrung
- Deutschlandbezug
- Alter
- Potenzial des mitziehenden Ehe- oder Lebenspartners bzw. der mitziehenden Ehe- oder Lebenspartnerin
Der Bitkom bemängelt, dass das Punktesystem zu kompliziert sei und insbesondere für den IT-Bereich keine Erleichterung enthalte.
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Bedrohung für die Digitalisierung?
Studie zum wachsenden Fachkräftemangel im Digitalbereich
Dass ein Arbeitssuchender bereits während der Suche nach einem Arbeitsplatz bis zu 20 Wochenstunden arbeiten oder bis zu zwei Wochen bei einem potenziellen Arbeitgeber probearbeiten darf, ist dagegen schon eine Erleichterung. Ebenso, dass die Voraussetzung für die Einreise zur Ausbildungssuche gesenkt wurde. Informationen zur Einwanderung nach Deutschland finden Fachkräfte und Arbeitgeber auf dem mehrsprachigen Portal der Bundesregierung „Make it in Germany“.
Kurzzeitige Beschäftigung
Für Branchen, die einen besonders großen Fachkräftebedarf haben – dazu zählt auch die IT-Branche – soll erstmals eine kontingentierte kurzzeitige Beschäftigung geschaffen werden. Unabhängig von einer Qualifikation können Kandidaten über diesen Weg acht Monate in Deutschland arbeiten. Ein tarifgebundener Arbeitgeber sowie Sozialversicherungspflicht sind Bedingung.
Neben dem Abbau administrativer Hürden müssen auch die Rahmenbedingungen passen, um Deutschland für ausländische Fachkräfte interessant zu machen. So müssen Erleichterungen beim Familiennachzug gegeben sein und auch die Beratungsstrukturen ausgebaut werden. Auch Sprachkurse gehören dazu.
Das aktuelle Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Seit März 2020 können Fachkräfte aus Drittstaaten mit einer ausländischen Berufsausbildung per bisher geltenden Fachkräfteeinwanderungsgesetz für sechs Monate einen Aufenthaltstitel zur Arbeitsplatzsuche erhalten. Dazu müssen sie deutsche Sprachkenntnisse (mindestens Niveau B1) nachweisen sowie ihre Lebensunterhaltssicherung mit einem Sperrkonto gewährleisten.
Zum FEG (Stand 1.3.2020)(ID:49408805)