Die alternative Öffentliche Verwaltung Abseits ausgetretener Pfade

Von Susanne Ehneß

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Wie könnte die Öffentliche Verwaltung aussehen, gäbe es Rechtsrahmen, Berufskultur, die gewohnten Vorgehensweisen und die gewachsene Behördenlandschaft nicht? Eine Studie des Kompetenzzentrums Öffentliche IT (ÖFIT) hat auf diese Frage eine Antwort. Eigentlich sogar vier Antworten.

Grüne Wiese als Chance: neu anfangen, neue Wege gehen
Grüne Wiese als Chance: neu anfangen, neue Wege gehen
(© Smileus - stock.adobe.com)

Die Autoren Basanta E. P. Thapa, Ines Hölscher, Jan Hendrik Gräfe und Christian Weidner beschreiben in ihrer Studie „Verwaltung auf der grünen Wiese“ vier Verwaltungsszenarien, die zwar auf der heutigen Gesellschaft und dem aktuellen Stand der Technik basieren, aber sonstige gewachsene Strukturen außer Acht lassen. Auch der Aspekt, ob die Szenarien überhaupt gesellschaftlich erwünscht wären, zählt nicht.

„Die Szenariostudie soll den Horizont der Debatte zur Verwaltungsmodernisierung erweitern, indem sie mit extremen Gedankenexperimenten den Status quo fundamental infrage stellt und alternative Gestaltungsmöglichkeiten aufzeigt“, heißt es dazu von den Autoren. Rund zwanzig Experten haben in drei Workshops an dem Gedanken­experiment getüftelt. Herausgearbeitet wurden vier mögliche Szenarien mit unterschiedlich aufgestelltem Verwaltungsapparat.

Der Shareholder-Staat

Im „Shareholder-Staat“ werden die Bürger als Miteigentümer und Kunden angesehen. Das Verwaltungshandeln wird dadurch vollständig transparent und außerdem an seiner Effizienz gemessen. In diesem Szenario müssen sich die Bürger oftmals selbst um öffent­liche Leistungen kümmern. Dazu gibt es sogenannte Verwaltungsagenturen, deren angestellte Analysten sich um ein effizientes Controlling der an Privatunternehmen ausgelagerten staatlichen Leistungen kümmern. Der Shareholder-Staat finanziert sich also nicht vorwiegend aus Steuern und Gebühren, sondern aus den Erträgen staatlicher Beteiligungen an Unternehmen.

Der Digitalisierungsgrad ist hoch: Die Bürger interagieren mit der Verwaltung fast ausschließlich über digitale Selbstbedienungsober­flächen. Alternativ kann ein Verwaltungsleistungspaket mit zusätzlichen Assistenzleistungen gebucht werden. Die Verwaltungs-IT ist weitgehend auf Prozessautomatisierung ausgelegt, um Zusatzkosten durch Sachbearbeiter zu vermeiden. „Dabei setzt die Verwaltung auf integrierte, cloudbasierte Software-as-a-Service-Lösungen, die private Dienstleister betreiben“, heißt es in der Studie. Die zentralen Aspekte eines Shareholder-Staates sind also:

  • Bürger sind Shareholder des Staates.
  • Der Staat hält sich raus.
  • Effizienz ist das Leitmotiv.
  • Umfassende Datenpools ermöglichen Transparenz.

Der Wohlfahrtsstaat 4.0

Im Unterschied zum Shareholder-Staat umsorgt ein „Wohlfahrtsstaat 4.0“ seine Bürger umfassend und mithilfe vollständig digitalisierter Prozesse. Dank einer klar ausgerichteten Organisationskultur gilt diese Art der Verwaltung sogar als Innovationstreiber, wird aber auch kontinuierlich evaluiert – und zwar von den Mitarbeitern. Damit das gelingt, besteht das Personal vor allem aus Datenanalysten, die neue Bedarfe und Verbesserungspotenzial erkennen, und Entwicklern, die die passenden Lösungen erschaffen.

Eine Besonderheit gibt es hinsichtlich der Datennutzung: Die Bürger geben ihre Daten komplett oder teilweise über ein Datencockpit frei. Die Daten können dann von allen Behörden auf den verschiedenen funktionalen und fachlichen Ebenen genutzt und verarbeitet werden. Und: Die Behörden konkurrieren in einer Art „Verwaltungsliga“ um die beste Servicequalität. Finanziert wird die Verwaltung durch Abgaben und Steuern. Die zentralen Aspekte des Wohlfahrtsstaates sind:

  • Ausgeprägte Servicementalität.
  • Zentralistisches System.
  • Hoher Automatisierungsgrad.
  • Taktgeber für Innovation und Fortschritt.
  • Benchmarking von Verwaltungseinheiten.

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