Mehr Lebensqualität, weniger Autoverkehr Sylt will einen sanfteren Tourismus

Autor Susanne Ehneß

Sylt ist Modellkommune für den Post-Lockdown-Tourismus und investiert in ein neues Mobilitätskonzept – für höhere Lebensqualität und wirksamen Klima- und Umweltschutz.

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Sylt öffnet sich wieder dem Tourismus
Sylt öffnet sich wieder dem Tourismus
(© Blickfang - stock.adobe.com)

Mit den angekündigten Lockerungen der Corona-Beschränkungen erwacht auch der Tourismus wieder aus seinem Dornröschenschlaf. Um sinnvolle Konzepte für Hotels und Gastronomie zu erproben, wurden mehrere Orte zu Modellregionen auserkoren: Nordfriesland mit den Inseln Sylt, Föhr und Amrum, der Dithmarscher Urlaubsort Büsum, die Schleiregion samt Eckernförde und die innere Lübecker Bucht. Hier sollen unter wissenschaftlicher Beobachtung vorsichtige Öffnungsschritte erprobt werden.

Auf Sylt sind die ersten Urlauber am Wochenende eingetroffen. Moritz Luft, Geschäftsführer der Sylt Marketing GmbH, sieht die Wiederbelebung des Tourismus mit einem lachenden und einem weinenden Auge. In der Publikation „Kurs Sylt“ schreibt er: „Die Coronakrise hat das Leben auf der Insel nachhaltig verändert und den Ruf nach einer neuen Qualität des Tourismus verstärkt. Einen Tourismus, der glücklich macht, uns und unsere Gäste. Einen Tourismus, der die Basis für unser Leben schafft, aber unsere Insel nicht überfordern darf. Einen Tourismus, dem wir in den vergangenen Monaten bereits ein gutes Stück näher gekommen sind.“

Mobilitätswende

Ein Aspekt eines solchen neuen Tourismus ist die Mobilitätswende. Die Insel ist nur via Flugzeug oder (Auto-)Zug erreichbar, dennoch ist das Verkehrsaufkommen enorm. Mit einer innovativen Mobilitätsplattform hat die Sylter Verkehrsgesellschaft jetzt erste Angebote gestartet, um die Mobilität der Zukunft anders zu gestalten. Bereits realisiert wurde der Einsatz eines autonom fahrenden Busses als Pilotprojekt, und mit Saisonbeginn startet ein so genanntes Ride-Pooling-Angebot.

Ride-Pooling soll den Bewohnern und Gästen die Möglichkeit bieten, siebensitzige elektrobetriebene Kleinbusse nach Bedarf anzufordern und sich bequem chauffieren zu lassen – wahlweise zum Ziel-Haltepunkt oder zum nächsten Anschlusspunkt des ÖPNV-Linienverkehrs. Eingesetzt werden die Elektro-Kleinbusse vor allem in den bisher vom öffentlichen Nahverkehr weniger angebundenen Regionen der Insel. Buchung und Bezahlung des neuen Angebotes sollen über eine Mobilitätsplattform des Anbieters highQ Computerlösungen per App abgewickelt werden.

Die Plattform will den individuellen Ansprüchen der Nutzer möglichst gerecht werden. Bei Routenempfehlungen kann laut Anbieter nicht nur angezeigt werden, welche Möglichkeiten für welche Strecke zur Verfügung stehen, es können auch persönliche Präferenzen wie Infos zu Sperrungen und Wetter oder Vorlieben wie beispielsweise das Fahrradfahren berücksichtigt werden. Vernetzte Routenempfehlungen sollen dabei unterschiedliche Mobilitätsangebote von verschiedenen Anbietern kombinieren können.

Wichtig für die Sylter Verkehrsbetriebe ist, dass mithilfe der Plattform die aktuellen Verkehrsströme gezielt und in Echtzeit gesteuert werden können. Dadurch soll sich der Autoverkehr zum Beispiel bei Veranstaltungen oder anderen Anlässen mit hohem Verkehrsaufkommen gezielt umlenken oder mit Alternativangeboten reduzieren lassen. Ein solche Nutzung alternativer Angebote soll zugleich belohnt werden: Für den Umstieg vom eigenen Pkw aufs Fahrrad oder den ÖPNV seien etwa Rabatte für Kultur- und Freizeitangebote oder ein bevorzugter Zugang zu gesicherten Fahrradboxen für teure E-Bikes denkbar.

„Rüm hart – klaar kiming“

Die Wende im Sylt-Tourismus ist also bereits eingeleitet. „Sylt ist derzeit keine Urlaubsinsel. Freut sich aber darauf und will gerüstet sein, wenn sie möglichst bald wieder eine ist“, betont Moritz Luft. „Rüm hart – klaar kiming – der friesische Wahlspruch ist in dieser Krise so aktuell wie nie und steht für einen besonnenen, verantwortungsvollen Umgang miteinander“, erläutert Luft.

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