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Es braucht jeden Mitarbeiter in jeder Behörde
Die Bürgerinnen und Bürger auf der einen Seite erwarten zurecht, dass sich Deutschland zu einem wenigstens einigermaßen modernen Staat entwickelt. Für sie ist die Digitalisierung der Öffentlichen Verwaltung oft vor allem dadurch erfahrbar, dass sich der Gang zur Behörde erübrigt und sie stattdessen sichere Informationstechnologie von zuhause aus nutzen können. Für die Behörden selbst bedeutet Digitalisierung mehr: Es geht zum Beispiel um die Automatisierung von Standardeingaben, um die Vernetzung von Daten und Systemen und um die Erleichterung der klassischen Sachbearbeitung.
Wie kann es gelingen, die notwendigen Veränderungen umzusetzen? Und umgesetzt werden muss die Digitalisierung, keine Frage. Der Personalmangel in den Behörden ist nur ein Katalysator. Viele Kommunen sind finanziell klamm, müssen an allen Ecken und Enden sparen. Dafür gibt es keine alleinige oder einfache Lösung. Beitragen kann jedoch unternehmerisches Denken und eine klare Strategie zur Leistungsentfaltung. Was bedeutet dies? Ein klares Bild der Ausgangslage muss gebildet werden, indem vorhandene Daten intelligent und zielgerichtet ausgewertet werden, zum Beispiel über die Kombination von Mitarbeiterbefragungen und Kennzahlen.
Auf Basis dieser Fakten, im Vergleich zu Meinungen oder lautstarken Äußerungen Einzelner, kristallisieren sich Handlungsfelder heraus. Sie zu lösen ist immer amtsspezifisch und individuell. Insbesondere mit begrenzten Mitteln kommt es umso mehr darauf an, im Sinne der Gesamtstrategie so zu priorisieren, dass die Mittel, die verfügbar sind, so eingesetzt werden, dass bei den Mitarbeitenden ein Plus an Leistung entstehen kann. Erreicht werden kann dies beispielsweise durch die Ermöglichung von Heimarbeit, über den Einsatz modernerer Software, bis hin zu der Einrichtung von situativen Projektteams zur Lösung komplexer Themen. Auf beiden Seiten, bei Bürgern und Behörden, ist am Ende eine Effizienzsteigerung und dadurch eine höhere Zufriedenheit das Ziel.
Ängste und Widerstände in Motivation wandeln
Zugegeben, wenn das Wort „Effizienzsteigerung“ fällt, ist die erste Assoziation „Stellenabbau“. Veränderungen, für die dieses Ziel ausgegeben wird, können bei Mitarbeitenden auf unterschiedliche Resonanz stoßen: Von Gleichgültigkeit über Widerstand bis hin zur blanken Existenzangst kann alles dabei sein. Deshalb hat die Kommunikation als Führungsinstrument im Change-Management im Sinne der Wertschöpfung eine fundamentale Bedeutung. Das strategische Projektmanagement von Transformationen muss jeden einzelnen Mitarbeiter mitnehmen. Sonst läuft er Gefahr, dass negativ eingestellte Personen rasch andere in ihre kritische Verweigerungshaltung einbeziehen. Die Amts- und Projektleitung kämpft dann irgendwann gegen Windmühlen – und scheitert.
Weitere Erfolgsfaktoren für das Management einer Transformation sind Kooperation, Vertrauen, Überzeugen, Führung und Kreativität. Um die Angestellten mitzunehmen, frühzeitig einzubinden und für die anstehenden Veränderungen zu motivieren, ist soziale Kompetenz des Managers unerlässlich. Er braucht Empathie, muss sich einfühlen in die Bedürfnisse und Ängste seiner Mitarbeiter. Deren Vorbehalte haben unterschiedliche Facetten wie zum Beispiel die Angst, der neuen Technik nicht gewachsen zu sein, sie nicht zu verstehen und nicht bedienen zu können. Die Angst davor, das bisherige Ansehen bei den Kollegen zu verlieren bis hin zur Angst, durch Digitalisierung und Künstliche Intelligenz den Job zu verlieren.
Den Ursprung dieser Vorbehalte und Ängste plus die jeweiligen Lebenssituationen der Mitarbeitenden zu kennen und darauf individuell zu reagieren, hilft jedem Manager, Veränderungsprozesse schnell und produktiv umzusetzen und auf weniger Ablehnung zu stoßen. Jede Führungskraft muss die Zielsetzung verfolgen, mehr Leistung zu ermöglichen, indem, wie vorher genannt, priorisiert und auf Maßnahmen mit Multiplikatorwirkung gesetzt wird. Hier zeigt sich der Wert von „menschlicher Intelligenz“, die die Arbeitsweise der Zukunft gestaltet und gegebenenfalls künstliche Intelligenz einschließt, aber nie umgekehrt.
Kleine Geschichte aus der Praxis
Die Digitalisierung in der Öffentlichen Verwaltung hat mitunter skurrile Züge: In einer kleinen Gemeinde nahe München war es bisher üblich, sich vor die Zimmer der jeweils zuständigen Behörde wie zum Beispiel dem Passamt zu setzen. Man fragt in die Runde von drei Wartenden: „Wer ist vor mir dran?“ Jemand hebt die Hand und man wusste Bescheid.
Vor kurzem ist dort die „Digitalisierung“ eingezogen: Einen Termin muss der Bürger online buchen. Dann geht man ins Rathaus. An einem mannshohen Kasten soll man eine Wartenummer ziehen. Weil das wohl kaum jemand verstanden hat, kleben an dem nigelnagelneuen Designerkasten seitlich große Zettel mit einer handschriftlichen Anleitung, wo man wann zu tippen hat. Mit dieser Wartenummer soll man sich vor die verschlossenen Türen des Passamts setzen und warten, bis auf dem hoch hängenden 17-Zoll-Bildschirm angezeigt wird, welche Wartenummer in welches Zimmer darf. Alles fein.
Allein, der Wartenummerngeber funktioniert nicht. Und folglich der Rest auch nicht. Der Mensch muss eingreifen: Die freundliche Dame vom Empfang eilt heran, schiebt den Bürger beiseite, weil der bestimmt wieder falsch getippt hat. Aber nein. Auch ihr, dem Gatekeeper des Rathauses, gibt der Automat keine Nummer. „Aha“, stöhnt sie, „geht schon wieder nicht.“ Sie eilt in ihr Empfangskabuff und ruft die wohl leitende Sachbearbeiterin im Passamt an: „Das Ding funktioniert schon wieder nicht. Da wartet jemand.“ Daraufhin öffnet eine freundlich lächelnde Frau leicht verlegen die Tür: „Bitteschön.“ Geht doch.
Das nennt man dann wohl eine Hybrid-Digitalisierung. Sie funktioniert zum Teil online, aber vor allem offline.
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