Stimmungsaufschwung trotz Coronakrise Deutsche ITK-Branche ist wieder auf Wachstumskurs
Der Branchenverband Bitkom hat eigentlich schlechtere Zahlen hinsichtlich des Geschäftsklimas erwartet. Doch nach dem Corona-Schock hat sich die deutsche ITK-Branche schnell gefangen und geht zuversichtlich in das neue Jahr.
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Die epochale Krise, ausgelöst durch die Covid-19-Pandemie, hat viele unternehmerische Existenzen gefährdet. Und doch hat sich das Geschäftsklima insgesamt deutlich schneller erholt als während der weltweiten Banken- und Finanzkrise 2007 bis 2009. „Alle Indikatoren liegen im Plus“, kommentierte Bitkom-Präsident Achim Berg die Ergebnisse des Bitkom-ifo-Digitalindex. Dieser kletterte mit 19,7 Punkten im Dezember auf den höchsten Stand seit Februar 2020. Und nach den vorübergehend rückläufigen Umsätzen vor allem mit IT-Dienstleistungen und Software werden für 2021 wieder deutlich positivere Entwicklungen bei den Einnahmen erwartet.
Die Zeichen weisen auf Wachstum
Die deutsche ITK-Branche werde, so die Einschätzungen des Bitkom, 2021 wieder stärker an Fahrt aufnehmen und seine Bedeutung als größtes Branchensegment ausbauen. Insgesamt erwartet der Bitkom in der deutschen ITK-Branche ein Umsatzplus von 2,7 Prozent mit Produkten und Diensten auf insgesamt 174,4 Milliarden Euro. Allein die Umsätze mit IT-Services, Hard- und Software sollen dieses Jahr um 4,2 Prozent auf 98,6 Milliarden Euro steigen.*
IT-Hardware ist größter Umsatztreiber
Seit langem wieder wird dabei vor allem der IT-Hardware-Bereich am stärksten wachsen. Mit dem Verkauf von Computern, Servern und Peripheriegeräten soll am Ende ein kräftiges Plus von 8,6 Prozent auf 31,6 Milliarden Euro erzielt werden. Ebenfalls wieder zurück auf Wachstumskurs ist der Softwaremarkt. Er wächst mit plus 4,1 Prozent auf 27,0 Milliarden Euro stärker als der Branchendurchschnitt. Das Geschäft mit IT-Services, wozu unter anderem die IT-Beratung gehört, soll mit 1,1 Prozent ebenfalls wieder ins Plus drehen und auf 40,0 Milliarden Euro steigen.
Neuer Trend: Mieten statt Kaufen
„Während IT-Hardware ganz oben auf der Einkaufsliste steht, verstetigt sich mit dem kräftig wachsenden Cloud-Geschäft ein weiterer Trend in der Informationstechnik. Es heißt zunehmend: Mieten statt Kaufen“, erklärt Bitkom-Präsident Berg. Infrastructure-as-a-Service, also das Geschäft mit gemieteten Servern, Netzwerk- und Speicherkapazitäten, verzeichnete zuletzt jährliche Wachstumsraten von bis zu 40 Prozent und sei mittlerweile ein Milliardenmarkt. Daher habe der Bitkom diesen Bereich für seinen Bericht erstmals gesondert ausgewiesen.
Glasfaser und 5G müssen sich erst rechnen
Die Telekommunikation verzeichnet voraussichtlich ein moderates Wachstum. 2021 soll der Markt nach zwei Jahren der Konsolidierung um 1,0 Prozent auf 67,4 Milliarden Euro zulegen. Mit Telekommunikationsdiensten werden nach Bitkom-Berechnungen 48,7 Milliarden Euro umgesetzt, das entspricht einem leichten Plus von 0,3 Prozent. Das Geschäft mit Endgeräten wird voraussichtlich um 2,8 Prozent auf 11,6 Milliarden Euro wachsen. Die Investitionen in die Telekommunikations-Infrastruktur werden deutlich um 3,2 Prozent auf 7,1 Milliarden Euro ansteigen. Vor allem der Ausbau von Glasfaser und des neuen 5G-Mobilfunkstandards seien ein wichtiger Beitrag, um den kontinuierlich steigenden Anforderungen an Geschwindigkeit und Verfügbarkeit der Netze gerecht zu werden. „Die Refinanzierung bleibt angesichts nur geringer Umsatzzuwächse aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks eine große Herausforderung für die Telekommunikationsunternehmen“, sagt Berg.
Abwärtstrend bei CE nicht aufzuhalten
Die Unterhaltungselektronik befindet sich weiter auf Talfahrt. Laut Bitkom-Prognose fallen die Umsätze 2021 im vierten Jahr in Folge, wenn auch weniger stark als zuletzt. Dieser kleinste ITK-Teilmarkt schrumpft voraussichtlich um 2,0 Prozent auf 8,3 Milliarden Euro. Der Abwärtstrend, der sich bereits seit Jahren zeigt, sei durch die Krise leicht gebremst worden. Die Corona-Sonderkonjunktur für Spielekonsolen, Wearables und Headsets konnte diesen aber nicht aufhalten. Auch das Aussetzen medialer Großereignisse wie Fußball oder den olympischen Spielen schmälerte die Umsätze.
Viele freie Stellen trüben die Bilanz
Das zuvor kräftige Beschäftigungswachstum flacht im Zuge der Corona-Krise leicht ab. 2021 werden voraussichtlich 20.000 zusätzliche Jobs geschaffen, nachdem die Zahl der Arbeitsplätze im vergangenen Jahr geringfügig um 8.000 auf 1,2 Millionen zurückgegangen war. 2019 waren noch 58.000 neue Jobs entstanden. Damit wurden, so Berg, in den vergangenen fünf Jahren 150.000 zusätzliche Arbeitsplätze in der ITK-Branche geschaffen. Aber: „Die Beschäftigungsbilanz könnte weitaus besser ausfallen, wenn nicht viele Stellen aufgrund fehlender Fachkräfte unbesetzt bleiben müssten. Selbst im Krisenjahr 2020 blieben 86.000 Jobs vakant.“ Und jede unbesetzte Stelle stehe für ein Weniger an Wachstum, Wertschöpfung und Innovation, was die Digitalisierung bremse und Deutschland im globalen Wettbewerb behindere.
Asiatischer Raum gibt das Tempo vor
Die insgesamt positiven Zahlen und Ausblicke sollten aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der deutsche ITK-Markt im globalen Maßstab eine untergeordnete Rolle spielt. Jahr für Jahr verliere Deutschland weltweit Marktanteile, warnt Berg. 2021 wird der Anteil der deutschen ITK-Branche am Weltmarkt voraussichtlich bei 3,9 Prozent liegen – bei rückläufiger Tendenz und auf Kosten eines schnelleren Wachstums bei Investitionen und Ausgaben in anderen Ländern, besonders im asiatischen Raum. Wachstumsspitzenreiter sind Indien (+13,5 Prozent) und China (+7,1 Prozent).
Berg moniert, dass Deutschland nach wie vor nicht genug in die Digitalisierung investiere. „Wir sind nicht ready“, mahnt der Bitkom-Präsident. „Digitalisierung ist kein verzichtbares Extra, sondern ein Muss!“, wie die vergangenen Krisenmonate gezeigt hätten. Um die Digitalisierung in Deutschland voranzutreiben, fordert der Bitkom im Superwahljahr 2021 mit Urnengängen im Bund und sechs Bundesländern eine neue digitalpolitische Agenda mit den Schwerpunkten digitale Teilhabe, digitale Souveränität, digitale Nachhaltigkeit und digitale Resilienz: „Wenn wir unsere Digitalpolitik daran ausrichten, alle Menschen erfolgreich in die Digitalisierung einzubeziehen, Deutschland und Europa zu einem selbstbewussten digitalen Player aufzubauen, Klimaschutz und Digitalisierung gemeinsam zu denken und unseren Staat krisenfest zu machen, ist das zugleich die beste Wirtschafts- und Klimapolitik.“
Dieser Beitrag erschien zuerst auf unserem Schwesterportal CloudComputing-Insider.
* Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben zur Marktentwicklung sind Daten des European Information Technology Observatory (EITO). EITO ist ein Projekt der Bitkom Research in Zusammenarbeit mit dem Marktforschungsinstitut IDC. Der Bitkom-ifo-Digitalindex basiert auf der monatlichen ifo Konjunkturumfrage und bildet sich aus dem geometrischen Mittel der Werte für die Geschäftslage und die Geschäftserwartungen. Berücksichtigt werden Daten der Digitalbranche, die sich aus Unternehmen der Sektoren Verarbeitendes Gewerbe, Handel und Dienstleistungssektor zusammensetzt. Dazu zählen Hersteller von IT und Kommunikationstechnik, Unterhaltungselektronik, Anbieter von Software und IT-Dienstleistungen, Telekommunikationsdiensten sowie der Groß- und Einzelhandel mit ITK. Gewichtet wird nach Anzahl der Beschäftigten. Der Digitalindex und die weiteren Zeitreihen werden als saisonbereinigte Salden dargestellt.
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