15 Jahre Europäischer Datenschutztag Datenschutz im Spannungsfeld
Die Sicherung des Datenschutzes ist nicht erst mit dem Aufkommen von Internet, Clouds und intelligenten Datenanalyseverfahren ein heißes Eisen. In diesem Jahr feiert die Datenschutzkonvention 108 des Europarats ihren 40. Geburtstag.
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Die Datenschutzkonvention 108 war der erste völkerrechtlich verbindliche Vertrag zum Datenschutz und Vorbild für eine Vielzahl datenschutzrechtlicher Regelungen. Ihre Auflegung zur Unterzeichnung am 28. Januar 1981 ist der Anlass, dass am 28. Januar jährlich der Europäische Datenschutztag (Data Protection Day) – in diesem Jahr zum 15. Mal – begangen wird.
Die bereits 1981 relevanten Fragen und Probleme haben bis heute nichts von ihrer Aktualität verloren. Besonders die internationalen Datentransfers stehen unter besonderer Beobachtung. Mit der seit dem 25. Mai 2018 anzuwendenden Datenschutz-Grundverordnung hat die Europäische Union eine im gesamten europäischen Wirtschaftsraum einheitliche Regelung zum Umgang mit personenbezogenen Daten geschaffen.
Gestern beschloss das Bundeskabinett zudem die Strategie der Bundesregierung, die den Schutz persönlicher Daten in Deutschland besser gewährleisten soll. 240 Maßnahmen sollen „Deutschland zum Vorreiter für das innovative Nutzen und Teilen von Daten in Europa“ machen. Neben der Ausgestaltung leistungsfähiger und nachhaltiger Dateninfrastrukturen und der Erhöhung der Datenkompetenz erhöhen sowie die Etablierung einer Datenkultur soll vor allem die verantwortungsvolle Datennutzung gesteigert sowie deren Missbrauch verhindert werden.
„Wir haben in Europa die historische Chance, die Digitalisierung und den Schutz von Persönlichkeitsrechten gemeinsam zu entwickeln. Die Datenschutz-Grundverordnung hat dafür eine sehr gute Basis gelegt. Ich setze mich für eine praxisorientierte Umsetzung dieser Vorgaben ein. Wir müssen es schaffen, Datenschutz als Qualitätsmerkmal zu begreifen“, äußert sich Prof. Ulrich Kelber, der Bundesdatenschutzbeauftragte und Mitglied im DsiN-Beirat.
Auf dem Weg zu mehr (Rechts-)Sicherheit
Anlässlich des heutigen Europäischen Datenschutztages erreichten viele Standpunkte und Kommentare von Verbänden, Organisationen und Unternehmen unsere Redaktion. Das Meinungsbild, das sich daraus ablesen lässt, ist nahezu einhellig: Datenschutz ist schön und recht, doch er lässt sich nur wirklich gewährleisten, wenn er zusammen mit Datensicherheit und Datensouveränität als Teil einer Gesamtstrategie begriffen werde.
Mit Einführung der DSGVO vor drei Jahren haben Behörden und Unternehmen bereits enorme Anstrengungen zur Verbesserung ihrer Datensicherheit unternommen und Data Governance als Teil der Datenstrategie eingeführt. Nun jedoch stehen sie durch die Umstände der Coronapandemie vor neuen Herausforderungen. Denn die COVID-19-Krise hat erhebliche Auswirkungen auf die IT-Sicherheit und den Datenschutz. Zum einen sind da veränderte Infrastrukturen durch flächendeckendes Homeoffice, zum anderen versuchen Kriminelle, die ungewohnte Situation gezielt für sich auszunutzen.
Ein Worst-Case-Szenario, das auch Liviu Arsene, Global Cybersecurity Researcher bei Bitdefender, vor Augen hat: Indem Ransomware-Akteure Daten kopieren, bevor sie diese verschlüsseln, und mit der Veröffentlichung drohen, falls die Opfer kein Lösegeld bezahlen, erlitten die Unternehmen nicht mehr nur Datenverlust, Ausfallzeiten oder das Offenlegen ihres intellektuellen Eigentums und ihrer Kundendaten, sondern müssten auch hohe DSGVO-Strafgebühren fürchten.
Datenschutz erhält zentrale Bedeutung
Künftig werden die Datensicherheit und die Gewährleistung des Datenschutzes die Security-Architektur auch in Behörden bestimmen müssen. Data Automation, Identity Management oder biometrische Cybersicherheitslösungen und Betrugspräventions-Tools, aber auch Althergebrachtes wie Backup- und Wiederherstellungslösungen, um Datenverluste durch versehentliches oder böswilliges Löschen von Daten durch Endbenutzer zu verhindern, oder Verschlüsselungstechnologien sind da nur einige Bausteine im Datenschutzwall.
Wandel hin zu mehr Datensouveränität
Beim Datenschutz geht es aber nicht nur darum, die missbräuchliche Nutzung sensibler Daten zu verhindern. Es geht auch um den kontrollierten Zugriff, wie Bitkom-Präsident Achim Berg mit Blick auf den oben erwähnten Beschluss des Bundeskabinetts betont: „Eine ambitionierte Datenstrategie ist überfällig. Mit einer Datenstrategie würden wir sehr viel besser und gesünder durch die Corona-Pandemie kommen. Diese Krise sollte auch den Skeptikern vor Augen geführt haben, welche herausragende Bedeutung aktuelle und qualitativ hochwertige Daten zum Beispiel für die Pandemiebekämpfung oder für die Bewertung der Wirksamkeit politischer oder epidemiologischer Maßnahmen haben. Und welche Folgen es hat, wenn Entscheidungsträger nicht auf solche Daten zurückgreifen können.“ Mit Blick auf Zukunftstechnologien wie Künstliche Intelligenz dürften wir nicht mehr ausschließlich darüber diskutieren, wie wir Daten vermeiden könnten. Wir müssten vielmehr eine sichere, verantwortungsvolle und die Privatsphäre der Menschen schützende Nutzung ermöglichen, sagt Berg.
Auch für eco-Vorstandsvorsitzenden Oliver Süme war es höchste Zeit für einheitliche Datenschutzregelungen. Darüber hinaus wäre es aber wünschenswert, die rechtmäßige Datenverarbeitung deutlicher klarzustellen. Er bemängelt, dass die Strategie der Bundesregierung nach wie vor keine Ansätze für Klarstellungen darüber schaffe, in welchen Bereichen und in welchem Umfang Datenverarbeitung von personenbezogenen Daten rechtmäßig sei. „Aus Sicht der Internetwirtschaft ist dies der wichtigste Faktor für eine zielführende Datenpolitik, der an dieser Stelle leider wieder keine Erwähnung findet“, bedauert Süme.
Ähnlich sieht es auch Prof. Peter Liggesmeyer, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern. Datenschutz und kontrollierte Nutzung müssten Hand in Hand gehen. Die Politik sei gefordert, technische Lösungen für eine selbstbestimmte Datennutzung endlich in die Breite zu tragen. Denn solle die Digitalisierung in der Breite endlich an Fahrt gewinnen, müssten Daten genutzt und zugleich selbstbestimmt herausgegeben werden können.
Rein technisch betrachtet, so Prof. Liggesmeyer, sei eine solche Datennutzungskontrolle per Software schon längst möglich. Es mangele aber an technischen Lösungen in geeigneter Form – z.B. Open-Source-Angeboten –, diese noch viel weiter in die Breite zu tragen. „Nur mit Hilfe einer umfassenden Datennutzungskontrolle gelingt es, in Unternehmen, Institutionen und bei Privatpersonen das notwendige Vertrauen aufzubauen, das für die Herausgabe von Daten essenziell ist. Nur, wer selbst festlegen kann, welche Daten zu welchem Zweck genutzt werden, ist auch bereit, Daten überhaupt preiszugeben
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