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Flaute oder frische Brise Wie digitale Verwaltung an Fahrt gewinnt
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Zu den zentralen Merkmalen eines modernen demokratischen Staates gehört es, dass sich seine Institutionen kontinuierlich an veränderte innere und äußere Bedingungen anpassen müssen. In Krisenzeiten verläuft dieser Prozess stellenweise sprunghaft, gewöhnlich findet er in kleinen Schritten statt.

Der digitale Wandel verändert alle Lebensbereiche rasant und setzt damit auch die öffentliche Verwaltung unter enormen Veränderungsdruck. Doch die notwendige Anpassung verläuft in weiten Teilen der Bundesrepublik bekanntlich eher schleppend. Die Corona-Pandemie hat nochmals vor Augen geführt, wie bedeutsam und dringend die digitale Transformation der Verwaltung ist. Das im Sommer 2020 beschlossene Konjunkturpaket hat das Bemühen um eine digitale Verwaltung verstärkt. Jedoch bringt Druck allein den Motor zwar zum Laufen, aber nicht unbedingt ans Ziel. Dafür bedarf es auch der Analyse organisatorischer, technischer, rechtlicher und finanzieller Herausforderungen, die sich rückblickend herauskristallisiert haben. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse bieten neue Chancen für den derzeitigen Transformationsprozess.
Digitalisierung der Verwaltung ist kein Selbstzweck
Der demografische Wandel ist ein zentraler Treiber für die Digitalisierung der Verwaltung. Er führt dazu, dass zukünftig deutlich weniger Staatsbedienstete die Aufgaben der Verwaltung erfüllen müssen und sich die öffentliche Verwaltung als attraktiver und moderner Arbeitgeber im Wettbewerb um Fachkräfte behaupten muss. Das ist schon jetzt spürbar.
Dieser Umstand wirkt sich auf zwei zentrale Prinzipien der digitalen Verwaltung aus: Einerseits muss die Effizienz aller Geschäftsprozesse deutlich gesteigert werden, damit die Verwaltung auch zukünftig arbeitsfähig bleibt. Andererseits muss das Prinzip der Nutzerorientierung, das bislang primär auf die Perspektiven von Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen ausgerichtet war, um die Perspektive der Verwaltungsangestellten sowie der verwaltungsinternen Organisation und Zusammenarbeit erweitert werden.
Was die IT angeht, ist im Föderalismus davon auszugehen, dass nur ein offenes digitales Ökosystem eine zukunftstaugliche Infrastruktur bereitstellen kann, auf deren Basis alle Verwaltungsabläufe Ende-zu-Ende digitalisiert sind. Dieses besteht aus einer Vielzahl von dezentralen Systemen und interoperablen Plattformen, die durch gemeinsame Standards und offene Schnittstellen umfassend zusammenwirken. Low-Code-Plattformen für die beschleunigte Produktion und Weiterentwicklung von neuen digitalen Services haben hier zukünftig ebenso ihren Platz wie etablierte Fachanwendungen.Open-Source-Eigenentwicklungen der Verwaltung werden neben proprietären Systemen stehen, die sich durch Schnittstellen in das Ökosystem integrieren.
Die erforderliche Effizienz im Verwaltungshandeln setzt einen hohen Grad an Prozess-Automatisierung voraus. Möglich wird das unter anderem durch die konsequente Umsetzung des Once-Only-Prinzips auf Basis einer umfassenden Registermodernisierung sowie durch den breiten Einsatz von automatisierten Workflows und fachspezifischen KI-Verfahren in allen Antrags- und Sachbearbeitungsprozessen. Zudem wird der größte Teil des digitalen Ökosystems in Zukunft auf einer souveränen Multicloud-Infrastruktur betrieben, die eine hohe Verfügbarkeit, Skalierbarkeit und Sicherheit gewährleistet.
Ein begleitendes Monitoring der Umsetzung schafft Transparenz über den stetigen Entwicklungsfortschritt. Die umfassende Bereitstellung von offenen Daten zur Verfügbarkeit und Nutzung der Online-Dienste ermöglicht darüber hinaus eine kontinuierliche Analyse und Verbesserung des digitalen Ökosystems.
Nicht zuletzt wird die digitale Verwaltung mit Green-IT auch nachhaltig und klimaneutral sein. Entsprechend strenge ökologische Kriterien für den Betrieb der IT-Infrastruktur sowie für die eingesetzte Software werden entlang des gesamten Lebenszyklus aller Bausteine einzuhalten sein.
Realitätscheck & Herausforderungen
Ein Blick auf die Gegenwart beleuchtet die Herausforderungen, die sich mit den nächsten Schritten auf dem Weg zu einer digitalen Verwaltung abzeichnen. Mit der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes startete im Jahr 2017 das bislang umfassendste Digitalisierungsvorhaben von Bund, Ländern und Kommunen und läutete damit einen Paradigmenwechsel der Verwaltung ein. Das gewählte Vorgehen lässt sich im positiven Sinn als offener, experimenteller Prozess beschreiben, in dessen Verlauf die erforderlichen Strukturen und methodischen Vorgehensweisen erst geschaffen werden mussten.
Mit der Arbeitsteilung in den Themenfeldern, der agilen Methodik in den Digitalisierungslaboren und dem „Einer für Alle“-(EfA-)Prinzip wurden für die öffentliche Verwaltung unkonventionelle Wege beschritten. Der OZG-Umsetzungskatalog hat sich dabei als sinnvolles und Transparenz schaffendes Hilfsmittel erwiesen. Der tatsächliche Aufwand und der effektive Nutzen der Digitalisierung variieren zwischen den einzelnen Verwaltungsleistungen jedoch stark. Deshalb ist weiterhin bei allen Vorhaben eine klare Priorisierung nach der Wichtigkeit der betroffenen Verwaltungsleistungen und dem zu erreichenden Mehrwert erforderlich. Das gilt insbesondere angesichts der zunehmenden Komplexität durch die zukünftig verstärkte Ende-zu-Ende-Betrachtung, die Umsetzung der EU-Anforderungen aus der Single-Digital-Gateway-Verordnung und die Abhängigkeiten zu weiteren digitalen Infrastrukturvorhaben. Die OZG-Umsetzung wurde initial als kooperativer Prozess zwischen Bund, Ländern und Kommunen sowie unter Einbeziehung von IT-Dienstleistern und Fachverfahrensherstellern gestartet. Dennoch gibt es auch innerhalb dieses kooperativen Rahmens einen impliziten Wettstreit um die besten Ideen, Ansätze und Lösungen. Nach der Umsetzung wird sich schließlich zeigen, welche Bundesbehörden, Länder, Kommunen und IT-Dienstleister die erfolgreichsten Lösungen geschaffen haben. Der Erfolg entscheidet sich nicht nur an der Flächendeckung der digitalen Angebote, sondern vor allem an der tatsächlichen Annahme und Nutzerzufriedenheit. Die nächste Etappe der Verwaltungsdigitalisierung muss auf den bewährten Erfolgsmodellen und innovativsten technischen Ansätzen aufsetzen. Das setzt die Bereitschaft voraus, sich auch von eigenen Ansätzen und Lösungen zu trennen, um eine konsolidierte Weiterentwicklung der heterogenen IT-Systeme zu erzielen.
Die EfA-Mindestkriterien und die konstruktive Zusammenarbeit im föderalen IT-Architekturboard haben dazu beigetragen, dass die OZG-Umsetzung insgesamt einheitlicher und konsistenter gestaltet werden konnte. Offen sind weiterhin Detailfragen zur Nachnutzung, zur Finanzierung sowie zum Betrieb und Support von gemeinsamen Online-Diensten. Hier braucht es ebenso einheitliche, gemeinsame Lösungen anstatt weiterer Insellösungen.
Bis zu einem offenen digitalen Ökosystem mit interoperablen Plattformen hat die föderale IT-Infrastruktur noch einen langen Weg vor sich. Bislang beschränkt sich die Interoperabilität auf einzelne Basiskomponenten. Darüber hinaus bedarf es einer klaren gemeinsamen Vorstellung für die Weiterentwicklung der föderalen IT-Architektur. Die FITKO ist bereits mit dem Aufbau des föderalen IT-Architekturmanagements beschäftigt. Neben der Entwicklung von Architektur-Zielbildern und der Formulierung gemeinsamer Standards, Schnittstellen und Richtlinien besteht die Herausforderung darin, die IT-Bedarfe von den erwarteten zukünftigen Geschäftsprozessen der Verwaltung her abzuleiten und das komplexe fachliche Zielbild mit allen Beteiligten abzustimmen.
Als wohl wichtigster Schritt steht in der Weiterentwicklung des Onlinezugangsgesetzes zu einem OZG 2.0 die konsequente Zusammenführung mit den laufenden Aktivitäten zur Deutschen Verwaltungscloud-Strategie und zur Registermodernisierung bevor, wodurch die Komplexität und der Koordinationsaufwand noch gesteigert werden. Sinnvoll ist der Vorschlag, das föderale IT-Architekturboard um Vertreterinnen und Vertreter öffentlicher IT-Dienstleister und weiterer Betroffener zu erweitern, damit die Fäden zusammengehalten und die technologischen Abhängigkeiten gesteuert werden können. Darüber hinaus bedarf es auch einer übergreifenden föderalen Digitalisierungsstrategie, die von allen Beteiligten gemeinsam erarbeitet werden sollte und die Ziele der verschiedenen Programme berücksichtigt.
Fazit
Damit die Lerneffekte aus der bisherigen Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes nicht verpuffen, ist es wichtig, Erfolgsfaktoren für die Zusammenarbeit an der digitalen Verwaltung zu identifizieren und sich diese zunutze zu machen. Das erfordert einen intensiven und lösungsorientierten Austausch zwischen den Beteiligten, begleitet durch gezieltes Monitoring und kontinuierliche Evaluationen. Mittelfristig ist eine Konsolidierung der föderalen Online-Services notwendig, auch von solchen, die nicht nach dem EfA-Prinzip entwickelt wurden.
Hilfreich kann ein zentraler IT-Servicekatalog für die Verwaltung sein, der den Ländern und Kommunen eine bessere Vergleichbarkeit ermöglicht. Einheitliche Konzepte für Betrieb, Support und Weiterentwicklung vereinfachen die Steuerung der IT-Dienstleister und machen Bund, Länder und Kommunen unabhängiger.
Um den für die digitale Transformation erforderlichen Kulturwandel in der Verwaltung zu unterstützen, müssen Behördenmitarbeitende durch Weiterbildung und Kompetenzaufbau befähigt werden, die zunehmend komplexen Steuerungs- und Koordinationsaufgaben zu erfüllen, Product-Owner-Rollen wahrzunehmen und ein agiles Mindset zu entwickeln. Sie müssen in der Lage sein, unter den Bedingungen von Komplexität und Unsicherheit konkrete Ziele und Schritte zu planen und aktiv den Transformationsprozess zu gestalten, der zum Wesensmerkmal moderner demokratischer Institutionen gehört.
* Die Autoren: Rana Langer, Capgemini und Dr. Andreas Antić, Capgemini
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