Electronic Court Schiedsgericht für jedermann
Gerichtsverfahren sind für alle Beteiligten oft aufwendig, mühsam und nervenaufreibend. Zudem kosten sie eine Menge Geld. Dass das auch deutlich leichter und unkomplizierter funktionieren kann, zeigt eCourt, das erste Online-Privatgericht (Schiedsgericht) in den Niederlanden.
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eCourt, das erste Online-Schiedsgericht der Niederlande, wurde im Jahr 2010 ins Leben gerufen. Ein eigens entwickeltes IT-System ermöglichte es, einen hohen Verwaltungsstandard zu geringen Kosten anzubieten. Die bisherige Plattform benötigte rund sechs Jahre Entwicklungszeit und stieß schnell an die Grenzen der Weiterentwicklung. Daher war es der Wunsch, eine neue Plattform aufzubauen. Wichtig war es dabei, auf die über die Jahre gesammelten Erfahrungen – auch hinsichtlich der Kundenbedürfnisse – zurückzugreifen.
Die große Herausforderung bestand darin, die neue Plattform eCourt allen Beteiligten zugänglich zu machen – darunter Kläger, Gerichtsvollzieher, Angeklagte, Schiedsrichter und Anwälte. Zusätzlich waren strenge Compliance-Anforderungen zu erfüllen und für Aspekte wie Sicherheit, Skalierbarkeit, Geschwindigkeit, Benutzerfreundlichkeit und Integrationsfähigkeit zu sorgen.
Kritische Rechtsanwälte
„Seit dem Start von eCourt wurde die Organisation sehr genau beobachtet“, erklärt Jet Nakad, Geschäftsführerin von ITEC Services. „Es ist ein wirklich mühsamer Kampf im juristischen Bereich, denn Rechtsanwälte beispielsweise ziehen es vor, ihre Arbeit auf Papier zu erledigen. Sie versuchen stets, Risiken und Ausnahmen von der Regel zu finden. Sie sind die kritischsten Anwender, mit denen wir arbeiten. Computer sind zwar inzwischen in der Lage, einen Weltmeister im Schach zu schlagen, jedoch glauben Fachleute im juristischen Bereich nicht daran, dass ein Computer sie austricksen kann. Daher ist die Vorstellung für sie, dass eine Software bessere Urteile als ein menschlicher Richter fällen kann, absurd. Die Tendenz, an traditionellen Methoden der Gerechtigkeitsregelungen festzuhalten, ist allerdings zum großen Nachteil für Privatpersonen. Sie sind mit hohen Anwaltskosten konfrontiert, weil sie zum Beispiel mit der Zahlung ihrer Krankenkassenprämie um 150 Euro im Rückstand sind.“
Gerichtsverfahren online
Anstelle von aufwendigen Gerichtsverfahren, die sich lange hinziehen und insbesondere für Privatpersonen mit hohen Kosten verbunden sind, lassen sich über die eCourt-Plattform Fälle zwischen Gläubigern und Schuldnern abwickeln. Schuldner erhalten eine Benachrichtigung, sodass sie ihren Fall überprüfen können. In den eMails informiert man sie über den Sachstand und bietet ihnen eindeutige Informationen über das Verfahren. Sie können sich zudem auf der Plattform anmelden und so auch online antworten.
Je nach Bedarf können sie ihre Verteidigung online einreichen und Beleg-Dokumente hochladen. Sind beide Parteien zu Wort gekommen, fällt ein von eCourt ernannter Schiedsrichter sein Urteil.
Einen Versuch, in eine neue Plattform zu investieren, startete man im Rahmen eines Pilotprojekts, unter Verwendung der neuen eCourt-Plattform und der Beteiligung einer Reihe von Krankenversicherern.
Einige der insgesamt 40 Schiedsrichter nahmen aktiv an der Pilotphase teil und konnten fast unmittelbar positive Ergebnisse bemerken. „Seit der Einführung der neuen Plattform haben wir festgestellt, dass sich der Prozess um ein bis zwei Wochen verkürzt“, stellt Nakad fest. „Der Preisunterschied zwischen eCourt und einem öffentlichen Landgericht beginnt bei 35 Euro und kann pro Gericht bis zu mehrere hundert Euro betragen. Zudem gehen weniger Fälle vor Gericht, weil mehr Vergleiche – im Gegensatz zur traditionellen Rechtsprechung – erzielt werden.“
Projekt
Eine wichtige Schlüsselrolle im Rahmen des Pilotprojekts spielte Christian Nyqvist, ein unabhängiger IT-Architekt. Den Testfall überwachte Johan Burgemeester von der Business- und IT-Beratungsfirma Atos. Nyqvist selbst arbeitete vor allem in beratender Tätigkeit für die ITEC Services. Der Entschluss für OutSystems als Entwicklungsplattform war zunächst gegen seine persönliche Präferenz: „Meine Erfahrung war, dass viele dieser Plattformen ihre Versprechen schlichtweg nicht halten können. Der einfache Umgang und die schnellen Ergebnisse mit OutSystems haben mich jedoch überzeugt. Die Entwicklung gestaltete sich als sehr reibungslos, da die Plattform über sehr intuitive Möglichkeiten verfügt und optimal skalierbar ist. Zusätzlich haben wir von der sehr aktiven Developer-Community profitiert. Wer möchte, kann das OutSystems-Forum für Hilfe und Beratung unkompliziert in Anspruch nehmen.“
Für ITEC Services kamen vorab auch andere Low-Code-Anbieter infrage. Die Wahl fiel letztlich auf OutSystems, da die Funktionalitäten, die schnelle Entwicklung von Applikationen und die Systemarchitektur überzeugen konnten. ITEC stellte beispielsweise fest, dass es einen Button braucht, um Fälle zu verwerfen. Dieser konnte innerhalb von nur zehn Minuten entwickelt und unmittelbar bereitgestellt werden.
Vorschriften bremsen aus
Die Plattform ist nicht nur auf dem Desktop erreichbar, sondern Nutzer können sie auch über mobile Devices abrufen. Dennoch hat man sich ganz bewusst zunächst gegen die Entwicklung einer nativen mobilen App entschieden.
„Die Plattform enthält viele personenbezogene Daten, und derzeit sind die Rechtsvorschriften in dieser Hinsicht noch in der Entwicklungsphase“, erklärt Nakad. „Das erzeugt bei vielen Nutzern Unsicherheit. Daher möchten wir die persönlichen Daten noch nicht direkt auf den Mobiltelefonen von Schiedsrichtern und den beteiligten Parteien speichern, obwohl OutSystems die App mit einer Zwei-Faktor-Authentifizierung sehr gut absichert.“
Fazit
Ruud Baron van Hövell tot Westerflier, ehemaliger Richter und vormals Vize-Präsident des Berufungsgerichts Maastricht, ist inzwischen Vorsitzender des Aufsichtsrats der eCourt-Stiftung. Er findet, dass das Online-Gericht eine der „weitreichendsten und logistischsten Entwicklungen in der niederländischen Justizverwaltung der letzten 150 Jahre“ ist.
Nakad konstatiert: „Es ist nicht unwahrscheinlich, dass wir auf Unternehmen treffen, die noch zukunftsorientierter sind als wir. Jedoch haben wir gemeinsam mit OutSystems einen großen Schritt in Richtung Zukunft getan. Mit unserer neuen Plattform können wir für Gläubiger und Schuldner gleichermaßen etwas bewegen.“ Die Geschäftsführerin weiß: Insbesondere für einkommensschwache Haushalte kann dieser Unterschied zu normalen Gerichtsverfahren essentiell sein.
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