„Systeme haben sich bewährt“ Projekt zur Gesichtserkennung abgeschlossen
Gesichtserkennung im öffentlichen Bereich ist ein sensibles Thema. Das Projekt am Berliner Bahnhof Südkreuz ist nun fertig gestellt worden. Das BMI ist vom Erfolg überzeugt, die Kritiker sehen das ein bisschen anders.
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Das Pilotprojekt „Sicherheitsbahnhof Berlin Südkreuz“ ist mit positiven Ergebnissen beendet worden. Die Initiative von Bundesinnenministerium (BMI) und Deutscher Bahn startete im August 2017 und sollte den Nutzen intelligenter Videoanalysetechnik für polizeiliche und unternehmerische Zwecke erfassen.
Hohe Trefferquote
Die jetzt abgeschlossene Auswertung der Testergebnisse hat laut BMI gezeigt, dass Gesichtserkennungssysteme in Zukunft einen „wesentlichen Mehrwert“ für die polizeiliche Arbeit darstellen können. „Egal ob eine oder mehrere Personen den Testbereich durchschreiten, die Personen eine Brille oder einen Schal tragen, die Systeme erkennen Gesichter zuverlässig. Sie funktionieren bei Tag und Nacht – sowohl mit guten Vergleichsbildern als auch mit Bildern schlechterer Qualität“, resümiert das BMI.
Auch die Bundespolizei zieht ein positives Resümee: „Mit einer durchschnittlichen Trefferquote von mehr als 80 Prozent konnten die Testpersonen durch die Software erkannt werden.“ Verfahren zur Gesichtserkennung könnten künftig die polizeiliche Arbeit wesentlich unterstützen. Eine Entscheidung, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang die neue Technik verwendet wird, stehe allerdings noch aus.
Seehofer will breite Einführung
Im Hinblick auf die künftige Verwendung der Technik zeigt sich Bundesinnenminister Horst Seehofer zuversichtlich: „Die Ergebnisse zeigen, dass die Technik zur Gesichtserkennung unsere Polizistinnen und Polizisten im Alltag erheblich unterstützen kann. Die Systeme haben sich in beeindruckender Weise bewährt, sodass eine breite Einführung möglich ist. Wir können damit in bestimmten Bereichen die Polizeiarbeit noch effizienter und effektiver gestalten und damit die Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger verbessern.“ Die durchschnittliche Trefferrate lag laut BMI bei dem besten getesteten System unter realistischen Testbedingungen bei über 80 Prozent – in über 80 Prozent der Fälle wurden die Testpersonen durch die Systeme also zuverlässig erkannt. „Weitere Optimierungen und höhere Trefferraten sind technisch möglich“, betont das BMI.
Die Falschtrefferraten (Beispiel: System erkennt Person A, es handelt sich jedoch um Person B) lagen durchschnittlich bei unter 0,1 Prozent. Dieser Wert lässt sich laut BMI durch Kombination verschiedener Systeme technisch auf bis zu 0,00018 Prozent und damit „auf ein verschwindend geringes Maß reduzieren“. „Die Systeme haben sich damit für einen Einsatz im Polizeialltag bewährt“, ist man sich beim BMI sicher.
Der Mensch entscheidet
„Die Technik erleichtert es, Straftäter ohne zusätzliche Polizeikontrollen zu erkennen und festzunehmen. Dies bedeutet einen erheblichen Sicherheitsgewinn“, ist auch der Präsident des Bundespolizeipräsidiums, Dr. Dieter Romann, überzeugt. Von Bedeutung dürfte sicherlich sein, dass die getesteten Systeme nur alarmieren sollen, aber nicht entscheiden. „Einer Alarmierung folgt in jedem Fall eine Bewertung durch Polizistinnen oder Polizisten, ob der automatisch generierte Treffer ein polizeiliches Einschreiten erfordert und welche Maßnahmen ergriffen werden müssen“, stellt das BMI klar.
In welchem Umfang die Gesichtserkennung nun in der Praxis eingesetzt wird, ist noch offen. Hierbei müssen auch der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung beachtet werden. Die dafür erforderlichen Gespräche werden laut BMI zeitnah aufgenommen.
Seehofer spricht sich dafür aus, im Falle einer Einführung zunächst eine klarstellende Rechtsgrundlage im Bundespolizeigesetz zu schaffen, aus der die Voraussetzungen und Rahmenbedingungen für den Einsatz von Systemen zur Gesichtserkennung und sonstiger intelligenter Videoüberwachung klar hervorgehen.
Kritik
Das Projekt erntete aber auch Kritik. So bezeichnet das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF) den Versuchsaufbau als „realitätsfern“. „Nach wissenschaftlichem Maßstab und auch nach gesundem Menschenverstand hat der Test folglich kaum Aussagekraft: Vom Test abgeleitete Befunde über die Tauglichkeit von Gesichtserkennung für einen späteren Einsatz sind stark anzuzweifeln“, heißt es auf der entsprechenden Website.
Der Chaos Computer Club äußerte sich ähnlich. Die Ergebnisse seien „absichtlich geschönt worden“. „Jedoch zeigen die wenigen Zahlen aus dem Bericht, dass die getesteten Systeme – anders als behauptet – keine akzeptablen Ergebnisse erbrachten. Zudem erweist sich, dass die Ergebnisse manipuliert wurden, um sie nicht ganz so desaströs aussehen zu lassen“, heißt es dazu.
Abschlussbericht
Den Bericht „Biometrische Gesichtserkennung" des Bundespolizeipräsidiums zum Projekt am Bahnhof Berlin Südkreuz finden Sie online als PDF HIER.
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Testbedingungen verschärft
Gesichtserkennung wird länger getestet
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Bahnhof Berlin Südkreuz
Test von Gesichtserkennungstechnik beginnt
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