Zukunftsmarkt Biometrie Biometrie zwischen Begeisterung und Besorgnis
Die Identifizierung von Fingerabdrücken als zusätzlicher Sicherheitsfaktor zeigt, wie sich Biometrie in der IT-Sicherheit nutzen lässt. Die Verhaltensbiometrie liefert neue Ansätze zur Absicherung von IT-Systemen und Apps. Wer für den richtigen Datenschutz sorgt, kann sich erfolgreich als Biometrie-Provider etablieren.
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Wenn es in Deutschland um das Thema Biometrie geht, ist der Datenschutz nicht fern, und das ist gut so. Sowohl der private als auch der berufliche Nutzer hat Vorbehalte, wenn es um seine biometrischen Daten geht. Unter biometrischen Daten versteht der Datenschutz „mit speziellen technischen Verfahren gewonnene personenbezogene Daten zu den physischen, physiologischen oder verhaltenstypischen Merkmalen einer natürlichen Person, die die eindeutige Identifizierung dieser natürlichen Person ermöglichen oder bestätigen“, wie zum Beispiel Gesichtsbilder und Fingerabdrücke.
Nun zeigen aber Umfragen wie die PwC-Studie „Biometrische Authentifizierungsverfahren“, dass biometrische Verfahren bei jüngeren Nutzern großen Zuspruch finden: Vier von zehn Befragten zwischen 18 und 29 Jahren haben sich bereits per Fingerabdruck beim Online-Banking angemeldet oder über eine App Bankgeschäfte erledigt. Die Nutzung der Biometrie auf Smartphone, Tablet & Co. ist allerdings umso geringer, je älter die Befragten sind.
So überrascht es wenig, dass gegenwärtig die biometrischen Verfahren in Unternehmen nicht den durchschlagenden Erfolg haben, den man sich wünschen würde, wenn man Biometrie-Lösungen in seinem Portfolio hat: Erst jedes zehnte Unternehmen mit zehn oder mehr Beschäftigten wendet biometrische Verfahren zur Identifizierung und Authentifizierung der Nutzer an, meldet Eurostat, das statistische Amt der Europäischen Union. Kommen die jüngeren Nutzer nun in die Entscheider-Rollen, dürfte die Zahl der Unternehmen, die Biometrie einsetzen, deutlich steigen.
Daumen hoch ist nicht alles
Die Beliebtheit von Biometrie hängt aber nicht nur von dem Alter des Nutzers ab, sondern auch von der Methode. Wie eine Umfrage von Visa ergab, empfinden 84 Prozent der Befragten einen Iris-Scan als sicher, 79 Prozent die Gesichtserkennung und 54 Prozent Spracherkennung. Die Authentifizierung per Fingerabdruck wird bei den deutschen Konsumenten mit einer Zustimmung von 90 Prozent als am sichersten angesehen. Wichtig ist dabei allerdings: 84 Prozent der Befragten sagen, dass sie gerne zwischen mehreren biometrischen Authentifizierungsmethoden wählen würden.
Wie sicher ein biometrisches Verfahren wirklich ist, hängt jedoch auch davon ab, wie die dabei erfassten Daten vor Missbrauch durch Dritte geschützt sind. Bedarf für diesen Schutz gibt es: 37 Prozent der Computer, Server oder Workstations, auf denen biometrische Daten erfasst, verarbeitet und gespeichert und von einer Kaspersky-Lösung geschützt werden, waren im dritten Quartal 2019 mindestens einem Malware-Infektionsversuch ausgesetzt, so der Security-Anbieter Kaspersky.
Biometrische Daten brauchen besseren Schutz
„Unsere Untersuchungen zeigen, dass die derzeitige Situation in Bezug auf die Sicherheit biometrischer Daten von entscheidender Bedeutung ist und die Aufmerksamkeit der Industrie, der Aufsichtsbehörden, der Gemeinschaft von Informationssicherheitsexperten und der Öffentlichkeit erfordert“, verdeutlicht Kirill Kruglov, Senior Security Expert bei Kaspersky ICS CERT.
Das Risiko einer Exposition biometrischer Systeme gegenüber dem Internet und internetbezogenen Bedrohungen kann minimiert werden, indem sie Teil einer Air-Gap-Infrastruktur (Abschottung) sind, so die Kaspersky-Empfehlung. Cybersicherheit sollte zudem bei der Konzeption und Implementierung neuer Biometrie-Systeme oberste Priorität haben.
Das sieht der Datenschutz genauso: Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) zählt biometrische Daten zu den sogenannten „Besonderen Kategorien personenbezogener Daten“. Sie unterliegen erhöhten Anforderungen beim Datenschutz.
Biometrie wird trotzdem zum Standard
Vorausgesetzt, man kann die Sorgen der Nutzer entkräften und einen entsprechend hohen Datenschutz nachweisen, blickt man als Anbieter von Biometrie-Lösungen guten Zeiten entgegen. Das Ponemon-Institut kommt in seinem Bericht „The 2019 Global State of Cybersecurity in Small and Medium-Sized Businesses “ zu dem Schluss: KMU setzen weltweit zunehmend neue Technologien ein, wie Mobilgeräte, IoT und Biometrie, obwohl sie nur wenig Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten haben, ihre sensiblen Informationen zu schützen.
Die Studie legt zudem nahe, dass Biometrie sich zu einem allgemeinen Standard entwickeln wird. Drei Viertel der KMU haben Pläne für den baldigen Einsatz von Biometrie zur Identifikation und Authentifizierung oder nutzen dies bereits.
Verhaltensbiometrie wird wachsen
Auch neue Biometrie-Verfahren jenseits von Fingerabdruck- oder Gesichtserkennung haben viel Potenzial für den Einsatz bei Verbrauchern und in Unternehmen. Stimm- und Verhaltensbiometrie sind die Basis neuer Lösungen, die nicht nur, aber auch in die IT-Sicherheit Einzug halten. Marktforscher erwarten dabei ein deutliches Umsatzwachstum in den nächsten Jahren mit einem jährlichen Anstieg von mehr als 17 Prozent weltweit, im Identitäts- und Zugriffsmanagement, Risiko- und Compliance-Management, bei der Betrugserkennung und beim Präventionsmanagement.
Als Gründe für das Wachstum nennen die Marktforscher:
- Künstliche Intelligenz (KI) für die Verhaltensanalyse ist ein wichtiger Wachstumstreiber für den Markt für Verhaltensbiometrie.
- Datenschutz ist ein Hauptanliegen für neuartige Technologien wie die Verhaltensbiometrie. Sie ist datenschutzfreundlicher, da sie Daten zur Authentifizierung auf der Grundlage von Verhaltensmustern speichert. In ihr können die Daten, die sich zum Beispiel auf eine Geste beziehen, mit der jemand sein Telefon greift, (bisher) nicht zur alleinigen Identifizierung einer Person verwendet werden, im Gegensatz zum Beispiel zum Fingerabdruck.
Lösungsanbieter in diesem Bereich der Verhaltensbiometrie sind zum Beispiel BioCatch, Nuance Communications, BehavioSec, Plurilock, AimBrain, Zighra und TypingDNA. Wie Verhaltensbiometrie in der IT-Sicherheit helfen kann, zeigt zum Beispiel Nuance Gatekeeper. Auf Basis der speziellen Verhaltensmuster einer Person – beispielsweise der Art und Weise, wie sie eine Tastatur nutzt, eine Maus bewegt oder Apps auf einem Touchscreen bedient – wird ein Modell erstellt. Wenn das Verhalten des aktuellen Nutzers nicht mit dem Modell einer registrierten Person übereinstimmt, zum Beispiel wenn ein Betrüger eine Chatsitzung kapert, kann Gatekeeper verdächtige Aktivitäten markieren und an einen Betrugsspezialisten weiterleiten.
Es zeigt sich: Verhaltensbiometrie kann und wird einen neuen Impuls in den Biometrie-Markt bringen. Wenn der Datenschutz richtig umgesetzt ist, steht dem Erfolg von Biometrie-Lösungen kaum etwas im Wege, zumal die jüngeren Nutzer bereits sehr offen für Biometrie sind.
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