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München: Das offizielle Stadtportal zeigt viel Werbung
München möchte seine Transformation zur digitalen Metropole bis 2025 abgeschlossen haben und die Stadt für alle dauerhaft lebenswerter gestalten. In den 80er Jahren galt München als das Mekka der LGBTQIA+ Bewegung. Ikonische Persönlichkeiten wie Freddie Mercury prägten das Stadtbild. Auch heutzutage findet man an vielen Ecken und Enden – insbesondere in den Szenevierteln – Zeugnisse dieser Zeit. Beim offiziellen Stadtportal der „Weltstadt mit Herz“ hingegen würde eine Überarbeitung – nicht zuletzt in Hinblick auf die Suchfunktion – nicht schaden. Sucht man beispielsweise den Begriff „divers“, bekommt man als erstes eine Werbeanzeige für einen Tauchkurs in der Isar (das dürfte zwar der englischen Übersetzung für Taucher geschuldet sein – aber dennoch), dann einen Bericht der Arbeiterwohlfahrt sowie eine Abhandlung über Pflanzen angezeigt. Erst nach einmaligem, beherzten Scrollen wird der Eintrag „Erklärung zur Angabe des Geschlechts und zu Vornamen“ erreicht. Auf dieser Seite angekommen, werden übersichtlich alle erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen und die notwendigen Formulare präsentiert. Außerdem erfährt man dort, dass die Gebühren (je nach Umfang des Eintrags bis zu 60 Euro) sowohl bar als auch mit EC-Karte beglichen werden können. Im weiteren Verlauf der Seite sehen sich interessierte Personen mit dem, in der Kritik stehenden, Transsexuellengesetz (TSG) von 1978 konfrontiert. Ähnlich wie der erst 1994 abgeschaffte Paragraph 175, der die staatliche Verfolgung von homosexuellen und bisexuellen Männern legitimierte, wirkt das TSG wie ein Relikt.
Ein anderes Bild zeichnet sich allerdings ab, wenn man die Begriffe „schwul“, „lesbisch“ oder „Gleichstellung“ in die Suchfunktion der städtischen Verwaltung eingibt. Die Münchener Koordinierungsstelle LGBTIQ* bietet umfassende Angebote rund um das queere und diverse Leben in der bayerischen Hauptstadt an und tritt als Veranstalterin bei zahlreichen Events auf. Vielfältige Bildungsangebote zu Themen wie „LGBTIQ* und Flucht“ sowie „LGBTIQ* in Geschichte und Kultur“ behandeln beispielsweise die Denkmalpflege für die im Nationalsozialismus verfolgten Schwulen und Lesben sowie die Sichtbarkeit innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe.
Wir stellen fest
- Die Webseiten einiger Kommunen sind besser auf die Bedürfnisse der LGBTQIA+-Community zugeschnitten als andere. Insbesondere die Suchfunktionen führen manchmal ins Nichts oder die gewünschten Ergebnisse gehen in der Vielzahl weniger relevanter Informationen auf Tauchstation.
- Oftmals werden Abkürzungen nicht konsequent verwendet und die Zuständigkeiten einiger städtischer Behörden konkurrieren mit denen anderer.
- Verwaltungsleistungen müssen nicht teuer sein. Die zunehmende Digitalisierung in der Öffentlichen Verwaltung sollte eigentlich dazu führen, dass gewisse Leistungen deutlich preiswerter werden. Insbesondere bei Änderungen im Bereich des Personenstands ist der Verwaltungsaufwand minimal. Die anschließende Beurkundung lassen sich manche Kommunalverwaltungen jedoch fürstlich entlohnen. Hier gibt es aktuell deutschlandweit ein beachtliches Gefälle. Teilweise kosten identische Leistungen in einigen Kommunen viermal soviel wie anderswo. Bei Änderungen der Geschlechtsangaben wird – Stand jetzt – (noch) ein psychiatrisches Gutachten gefordert, welches mit bis zu 2.000 Euro eine enorme Investition darstellt und von den meisten Krankenkassen nicht übernommen wird. Am heutigen Diversity Day kann man daher feststellen, dass das Berliner Modell „arm – aber sexy“ zwar oftmals belächelt wird – im Rahmen der Diversität es jedoch goldrichtig ist.
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