Digital-Index 2017/2018 Zwischen Kompetenz und Verunsicherung

Autor Manfred Klein

Die Initiative D21 e. V. stellte gemeinsam mit Staatssekretär Matthias Machnig die Ergebnisse des D21-Digital-Index 2017/2018 im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vor. Die Studie liefert seit 2013 ein umfassendes Lagebild zur Digitalisierung in Deutschland. Das Ergebnis der aktuellen Digitalisierungsstudie: viel Licht und noch mehr Schatten.

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Die digitale Spaltung ist noch lange nicht aufgehoben
Die digitale Spaltung ist noch lange nicht aufgehoben
(Bild: Konstantin Hermann – stock.adobe.com)

Dazu erklärte Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21: „Wir beobachten zwar eine positive Entwicklung: Immer mehr Menschen bewegen sich souveräner, kompetenter und aufgeschlossener in der digitalen Lebenswelt. Doch nach wie vor fühlen sich viele nicht für die digitale Welt gewappnet.“

So hätten 32 Prozent der Befragten angegeben, dass sie die Dynamik und Komplexität der Digitalisierung überfordere. Um nicht große Teile der Bevölkerung dauerhaft von der digitalen Teilhabe auszuschließen, seien daher deutlichere Anstrengungen in allen Bereichen der Bildung notwendig, sei es in der Schule, Berufsausbildung oder auch der Erwachsenenbildung.

Bildung und Alter sind entscheidend

Im sachlichen Studiendeutsch liest sich der Befund zur digitalen Entwicklung dann so: „Die deutsche Gesellschaft ist mit 53 Indexpunkten so digital wie nie zuvor. Der D21-Digital-Index gibt den Digitalisierungsgrad der Gesellschaft auf einer Skala von 0 bis 100 Punkten wieder und fasst die Komponenten Zugang, Nutzung, Kompetenz und Offenheit in einer einzigen Kennzahl zusammen. Erstmals seit 2013 steigt der Indexwert um 2 Punkte im Vergleich zum Vorjahr an. Verantwortlich dafür sind Steigerungen in den Bereichen Kompetenz und Offenheit. Trotz Verbesserungen befindet sich der Digitalisierungsgrad der Deutschen weiterhin nur auf mittlerem Niveau.“

Der neue Digital-Index zeigt eine Teilung der Bevölkerung in drei Hauptgruppen – die sich ihrerseits wiederum in sieben Nutzertypen unterteilen lassen: 34 Prozent sind den digitalen Vorreitern zuzuordnen, Menschen, die sich alltäglich und souverän in der digitalen Welt bewegen und mit den aktuellsten Entwicklungen Schritt halten. Den größten Teil machen mit 41 Prozent die digital Mithaltenden aus, also Personen, die sich gelegentlich in der digitalen Welt bewegen und sich dort einigermaßen zurechtfinden. Das bedeutet aber auch, dass ein ganzes Viertel der Bevölkerung – und damit 16 Millionen Menschen – zu den digital Abseitsstehenden gehört. „Diese partizipieren gar nicht oder nur in sehr geringem Umfang an der digitalen Welt“, wie die Autoren der Studie warnend anmerken.

Die einzelnen Komponenten des D21-Digital-Index – nämlich Zugang, Nutzung, Kompetenz und Offenheit – sind bei den Befragten unterschiedlich verteilt, die deutsche Gesellschaft ist also hinsichtlich ihrer digitalen Möglichkeiten in mehr als einer Hinsicht gespalten.

In der Tendenz lassen sich dabei – nach Ansicht der Autoren – folgende generalisierte Aussagen treffen: Je jünger, desto digitaler sind die Menschen. Gerade die über 65-Jährigen stehen im digitalen Abseits. Menschen mit hoher formaler Bildung haben einen signifikant höheren Digitalisierungsgrad als Menschen mit niedriger Bildung. Männer sind digitaler als Frauen und Berufstätige mehr als nicht Berufstätige. Dabei fällt auf, dass sich dieses Bild über die Jahre nicht verändert.

Vier von fünf Deutschen sind online

Diese Entwicklung sorgt auch in der Politik für Sorge. „Die Digitalisierung wird Wirtschaft, Arbeit und Gesellschaft grundlegend ändern. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Menschen kompetent und souverän an der Digitalisierung teilhaben können – auch im Hinblick auf die Zukunftsfähigkeit unseres Landes“, so Mathias Machnig, Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, mit Blick auf die Ergebnisse des D21-Digital-Index.

Andererseits nutzen nun laut Studie über 80 Prozent der Deutschen das Internet. Treibender Faktor sei die fortschreitende Verbreitung des mobilen Internets über Smartphones. Nachdem die jüngeren Generationen bereits seit Längerem nahezu vollständig online seien, gebe es bei den 50- bis 64-Jährigen sowie den über 65-Jährigen Zuwächse von jeweils fünf Prozentpunkten bei der Internetnutzung beziehungsweise 10 und 3 Prozentpunkten mobil. Hier bestehe auch das größte Steigerungspotenzial: 94 Prozent der verbliebenen 19 Prozent Offliner in der deutschen Bevölkerung seien 50 Jahre oder älter.

Vorbehalte gegenüber intelligenten Geräten

Aktuell hat ein Großteil der deutschen Bevölkerung bei intelligenten Techniken, Geräten und Anwendungen noch Berührungsängste – insbesondere, wenn sie viel Vertrauen erforderten wie etwa beim Einsatz von Assistenzrobotern oder selbstfahrenden Autos. Gegenüber digitalen Sprachassistenten zeigten sich die Befragten etwas offener. Die 14- bis 29-Jährigen seien insgesamt deutlich aufgeschlossener für die Nutzung intelligenter Geräte als ältere Generationen, heißt es dazu.

Laut Studie gibt es zudem starke Unterschiede, wie sich die Geräte nach Meinung der Befragten verhalten sollen: Beim Einsatz von Pflegerobotern ist ein empathisches, fürsorgliches und beschützendes Verhalten erwünscht. Bei anderen Geräten, wie etwa Sprachassistenten oder Robotern im Job, herrscht größere Uneinigkeit, ob die Maschinen sich eher selbstständig, mitdenkend oder gehorsam, assistierend verhalten sollen. „Die Verbreitung intelligenter Geräte stellt unsere Gemeinschaft vor ganz neue Fragen. Die Studie zeigt, dass sich die Menschen noch uneins beim Umgang mit diesen Fragen sind. Daher ist es notwendig, dass wir eine gesellschaftliche Debatte über ethische Leitplanken für die zunehmend digitalisierte Welt führen und moralische Fragen gemeinsam beantworten“, so Hannes Schwaderer, Präsident der Initiative D21.

Ähnlich uneinheitlich präsentiert sich laut Studie die digitale Arbeitswelt: Einerseits werden die Möglichkeiten des modernen Arbeitens nicht ausgeschöpft,andererseits betrachten 72 Prozent der Befragten flexible Arbeitszeiten als Teil einer modernen Arbeitswelt. Allerdings würde trotz zunehmender Verbreitung digitaler, tragbarer Arbeitsmittel nur ein Sechstel der Berufstätigen in Deutschland wenigstens teilweise mobil von unterwegs oder flexibel von zu Hause aus arbeiten. Und bei einem Viertel der Berufstätigen sperrt sich der Arbeitgeber gegen Home Office oder Telearbeit. Die Folge: ungenutzte Potenziale.

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