Interview Zukunftskongress bringt bei Bürokratieabbau „Druck ins System“

Redakteur: Manfred Klein

Der Normenkontrollrat fordert schon lange einen schnelleren und intensiveren Ausbau von eGovernment. Welche Rolle der Zukunftskongress Staat & Verwaltung bei Bürokratieabbau und eGovernment spielt, erläutert der Vorsitzende des Normenkontrollrats und Mitglied des Beirats des Zukunftskongresses Dr. Johannes Ludewig.

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Der Kuppelsaal des Berliner Kongresszentrums wird bald zahlreiche Gäste beherbergen
Der Kuppelsaal des Berliner Kongresszentrums wird bald zahlreiche Gäste beherbergen
(Bild: bcc Berlin)

Herr Ludewig, Sie sind Mitglied im Beirat des Zukunftskongresses. Welche Aufgaben nehmen Sie in diesem Gremium des Zukunftskongresses wahr?

Dr. Johannes Ludewig fordert mehr Koordination bei eGovernment
Dr. Johannes Ludewig fordert mehr Koordination bei eGovernment
(Bild: Foto: Bundesregierung/Thomas Imo)

Ludewig: Der interdisziplinär besetzte Programmbeirat erarbeitet die Inhalte und Schwerpunkte für den Zukunftskongress Staat & Verwaltung. Ich bin seit der Planung des ersten Kongresses im Jahr 2013 Mitglied des Beirats und setze mich als Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrates dafür ein, dass die Themen Bessere Rechtsetzung und Bürokratieabbau eine Rolle spielen. Denn die Zukunftsfähigkeit eines Staates und seiner Strukturen hängt maßgeblich davon ab, dass unnötige Bürokratie vermieden und dort, wo möglich, abgebaut wird. Dafür brauchen wir Transparenz über die Kostenfolgen von gesetzlichen Regelungen.

Welche Funktionen beziehungsweise Aufgaben kann der Zukunftskongress im Rahmen des Bürokratieabbaus übernehmen? Wie schätzen Sie als Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrats hier das Potenzial der Veranstaltung ein?

Ludewig: Der Zukunftskongress ist zum einen eine Plattform für Akteure aus Kommunen, Ländern und Bund. In diesem „föderalen Melting Pot“ kann ein Austausch der Vollzugsebene von Gesetzen, also Kommunen und Ländern, mit der Bundesverwaltung stattfinden. Dieser Austausch ist wichtig, um Klarheit über Kostenfolgen zu erlangen. Die Zukunft liegt in der vollzugsorientierten Gesetzgebung. Zum anderen beschäftigt sich der Zukunftskongress insbesondere mit dem Thema digitale Verwaltung. Der Nationale Normenkontrollrat ist davon überzeugt, dass elektronische Datenerfassung, -verarbeitung und -übermittlung erheblich zur Vereinfachung von Verwaltungsabläufen und damit zur Kostenreduzierung beitragen kann.

Der Normenkontrollrat hat jetzt zum wiederholten Male die Bedeutung von eGovernment für den Bürokratieabbau betont. Welche Maßnahmen sind zum Ausbau von eGovernment derzeit notwendig und welche Rolle kann der Zukunftskongress dabei spielen?

Ludewig: Das Potenzial von eGovernment für den Bürokratieabbau ist groß, gleichzeitig kritisieren wir, dass für den Ausbau von eGovernment aufseiten des Bundes noch zu wenig getan wird. Die positiven Effekte von eGovernment können nur erreicht werden, wenn die Verwaltung ihre Angebote bündelt und ihre technischen Systeme konsolidiert.

Entscheidende Ursache dafür, dass eGovernment hierzulande trotz aller Bemühungen nur langsam vorankommt, ist nicht der Mangel an Ideen, auch ist insgesamt genügend Geld vorhanden. Allerdings werden die vorhandenen Mittel an vielen Stellen für Gleiches ausgegeben. Eine echte Koordinierung von Ideen und Ressourcen – über Ressortgrenzen und Verwaltungsebenen hinweg – ist nicht erkennbar.

Anstatt die vorhandenen Kräfte zu bündeln und dadurch die Schlagkraft zu erhöhen, wird noch zu oft nebeneinander her gearbeitet. Deswegen muss nicht nur darüber gesprochen werden, mehr in die technischen Infrastrukturen zu investieren, fast noch wichtiger sind institutionelle Infrastrukturen, die garantieren, dass beim eGovernment alle Verwaltungen an einem Strang ziehen, ihre IT-Lösungen aufeinander abstimmen und gemeinsam weiterentwickeln. Der Zukunftskongress kann das Bewusstsein dafür schärfen.

Welche Aufgaben kommen auf Politik und Verwaltung in den kommenden Jahren im Zuge des Bürokratieabbaus zu?

Ludewig: Die Bundesregierung hat mit der für die Jahresmitte geplanten Einführung einer „One in one out“-Regel ein neues, durchgreifendes Mittel gegen die gesetzliche Kostenflut auf den Weg gebracht. Die Bundesministerien werden künftig sehr genau überlegen müssen, welche konkreten Entlastungen sie im Gegenzug für neue gesetzliche Belastungen benennen und umsetzen. Die mutige und in seiner Bedeutung kaum zu überschätzende Entscheidung der Bundesregierung für eine „One in one out“-Regel wird spürbaren „Druck ins System“ bringen – eine wichtige Voraussetzung für greifbare Fortschritte bei Bürokratieabbau und Reduzierung von Gesetzesfolgekosten in Deutschland.

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