Studie zu Social Bots Zünglein an der Waage

Autor Manfred Klein

Sie posten und liken und sind doch keine Menschen. Können Social Bots tatsächlich Meinung machen? Wissenschaftliche Belege dafür gibt es noch nicht. Ein interdisziplinäres Team der Universität Duisburg-Essen (UDE) ist der Frage nun nachgegangen und zu erstaunlichen Ergebnissen gekommen.

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Schon eine geringe Anzahl von Bots in den sozialen Netzen reicht, um Menschen mit anderer Meinung zum Schweigen zu bringen
Schon eine geringe Anzahl von Bots in den sozialen Netzen reicht, um Menschen mit anderer Meinung zum Schweigen zu bringen
(© Ico Maker – stock.adobe.com)

Social Bots sind Computerprogramme, die in sozialen Medien wie echte Nutzer agieren und automatisiert Botschaften verbreiten. Es heißt, mit Bots ließen sich Themen künstlich pushen und Debatten verfälschen; auch könnten sie politische Wirkung entfalten. Das wird etwa bei der anstehenden Europawahl befürchtet. „Wie stark Bots Nutzer beeinflussen können, war bislang nicht nachzuweisen, weil die wissenschaftlichen Methoden fehlten“, erklärt der Informatiker und Projektleiter des Forschungsprojektes an der Universität Duisburg-Essen Björn Ross.

Simulierte Bots

„Wir haben daher ein Netzwerk mit tausend virtuellen Akteuren simuliert und angenommen, dass die Meinungen zu einem Thema 50:50, positiv und negativ, sind. In der Hälfte der Fälle gewinnt eine Seite die Oberhand – ohne dass Bots im Spiel sind“, sagt Ross. „Aus der Forschung zur sogenannten Schweigespirale wissen wir“, sagt Co-Autor Dr. German Neubaum, „dass Menschen sich weniger trauen, ihre Meinung zu vertreten, wenn sie sich damit in der Minderheit wähnen. Deswegen haben wir untersucht, wie Bots eine solche Spirale auslösen können.“

Was das UDE-Team herausfand: Bereits eine geringe Anzahl von zwei bis vier Prozent Bots reicht, dass Nutzer in einer kontroversen Diskussion lieber still sind. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit von 50 Prozent auf zwei Drittel, dass sich die von den Robotern unterstützte Meinung durchsetzt. Ein falscher Eindruck zur Stimmungslage entsteht.

Bots beeinflussen Nutzerverhalten

„Wie erfolgreich Bots Einfluss nehmen“, sagt Björn Ross, „hängt unter anderem von drei Faktoren ab: Wie viele Verbindungen gibt es zwischen den Nutzern eines Netzwerks? Wo werden die Bots in diesem platziert, zentral oder am Rand? Und vor allem, sind sie so gut programmiert, dass sie wie ein Mensch agieren?“

Noch sind Social Bots nicht so vollkommen, dass sie sich nicht erkennen lassen, sagen die Forscher. Doch wahrscheinlich werden sie nach und nach optimiert – auch für wenig wünschenswerte Zwecke wie Täuschungen. Und dann wären Software-Roboter tatsächlich eine Gefahr für die Demokratie. Die Ergebnisse wurden im European Journal of Information Systems (EJIS) veröffentlicht.

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