„ Wir benötigen eine wirkliche Interoperabilität“ Was sind die letzten Hürden auf dem Weg zur Smart City?

Von Markus Hertlein

Es wird Zeit, dass der Begriff der Smart City auch hierzulande endlich einem Realitätscheck unterzogen wird. Viele Leute stellen sich unter diesem Buzzword immer noch die futuristischen Szenarien aus den 80er und 90er Jahren vor, mit fliegenden Autos zwischen Wolkenkratzern und Rolltreppen als Gehsteige. Dabei sind wir heute gar nicht mehr weit entfernt davon, uns die Städte endlich auch digital zu erschließen, meint unser Gastautor Markus Hertlein.

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„Niemand kann diese Herausforderung im Alleingang lösen“, meint Markus Hertlein
„Niemand kann diese Herausforderung im Alleingang lösen“, meint Markus Hertlein
(© Monopoly919 - stock.adobe.com)

Einige Bereiche der Verwaltung und öffentliche Dienstleistungen sind bereits digital zugänglich, allerdings fehlt es am funktionierenden Zusammenspiel der verschiedenen Segmente. Wir benötigen eine wirkliche Interoperabilität von neuen Technologien. Viele Projekte auch in der jüngeren Vergangenheit sind im Praxistest gescheitert, weil Technologien noch nicht in der Lage sind, Daten aus verschiedenen Systemen zu verarbeiten. Auch die unterschiedlichen Datenstandards zwischen den Behörden verkomplizieren das weitere Vorankommen.

Effizienter Austausch zwischen den relevanten Akteuren

Eine der wichtigsten Erkenntnisse bei den bisherigen Versuchen der digitalen Vernetzung der Dienstleistungen und Services der Smart City: Niemand kann diese Herausforderung im Alleingang lösen. Die Anwendungen einer Smart City sind zu vielfältig und komplex, als dass ein Unternehmen oder eine Behörde im Alleingang eine Universallösung aus dem Hut zaubern könnte. Vielmehr geht es jetzt um Kooperation und Partnerschaften zwischen Industrie, IT und Verwaltung.

Vor allem müssen bei der Suche nach Lösungen immer die Bedürfnisse der Bürger nach Einfachheit der Bedienung, Mehrwert und Sicherheit mit bedacht werden. Die Smart City muss zentral nutzbar sein und über schnelle, sichere und zentrale Authentifizierungslösungen verfügen. Nur wenn die Nutzer nicht bei jedem digitalen Schritt, den sie machen, nach neuen Passwörtern gefragt werden, können Smart-City-Anwendungen den Praxistest bestehen. Der Spagat zwischen Nutzerfreundlichkeit und Sicherheit gelingt also nur, wenn zeitgemäße und auf ihre Verlässlichkeit getestete digitale Authentifizierungsverfahren eingesetzt werden.

Es muss auf jeden Fall verhindert werden, dass bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Systemen und Funktionsweisen etabliert wird

In den Kommunen müssen eigene Organisationseinheiten für die Umsetzung der digitalen Transformation geschaffen werden, bei denen alle Fäden aus den unterschiedlichen Bereichen zusammenlaufen. Diese neuen Kommandoebenen sorgen für mehr Effizienz in der Abstimmung und flüssigere Prozesse. Über diese Kontaktpunkte können die Kommunen fortan ihre Erfahrungen austauschen, aus Fehlern und Erfolgen lernen und ihre digitalen Dienstleistungen synchronisieren, was wiederum für eine bessere Nutzbarkeit der Anwendungen sorgen wird.

Nutzerfreundlichkeit und Sicherheit müssen zusammen betrachtet werden

Es muss auf jeden Fall verhindert werden, dass bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes ein Flickenteppich aus unterschiedlichen Systemen und Funktionsweisen etabliert wird. Wer seine von Zuhause gewohnten Strukturen auch in anderen Städten wiederfindet, kommt vor Ort gleich intuitiv besser zurecht. Gerade im Bereich Mobilität gibt es noch viel Optimierungspotential, wenn es beispielsweise darauf ankommt, Nahverkehrsverbände und Mobilitätsangebote vor Ort zu synchronisieren.

Bei allem Enthusiasmus über die neuen Möglichkeiten, die sich durch die digitale Zugänglichmachung von öffentlichen und kommunalen Dienstleistungen eröffnen, darf natürlich nicht das hohe Gebot der Datensicherheit über Bord geworfen werden. Die Smart City darf nicht von gläsernen Bürgern bevölkert werden, deren persönliche Daten zum Spielball und Handelsware zwischen Institutionen und Unternehmen werden.

Egal ob bei der digitalen Kommunikation mit der Gemeinde zur Beantragung eines Parkausweises, beim Tanken an einer E-Ladesäule oder dem Buchen eines Arzttermins, der Zugriff auf sensible Daten muss auch in der Smart City geschützt werden durch sichere und DSGVO-konforme Authentifizierungslösungen. Wenn es uns gelingt, durch die bessere Vernetzung der wichtigsten Akteure, sichere digitale Angebote mit echtem Mehrwert für die Bürger zu schaffen, lässt sich durch diese neuen Möglichkeiten die Lebensqualität in den Städten und auf dem Land gezielt weiter steigern.

eGovernment in Gelsenkirchen

Smartphone-Bürger-ID und Servicekonto.Pass

Behördengänge vom Sofa aus erledigen

Die Stadt Gelsenkirchen hat im Rahmen des Innovationswettbewerbs „Schaufenster Sichere Digitale Identitäten“ eine „Smartphone-Bürger-ID“ entwickelt.
Stadt Gelsenkirchen

Alle digitalen Verwaltungsleistungen unkompliziert an einem Ort: Das ist die Idee der Serviceportale – so auch in Nordrhein-Westfalen. Über die Portale lassen sich nicht nur die Online-Angebote der Ministerien und Behörden der Landesverwaltung NRW nutzen, sondern auch die der Städte, Gemeinden und Kreise. Wichtiger Bestandteil der Serviceportale sind die Servicekonten, über die sich die Bürger gegenüber der Verwaltung identifizieren. Mit dem „Servicekonto.Pass“ soll den 18 Millionen Bürgern in NRW in Kürze eine sichere Nutzung digitaler Verwaltungsleistungen ermöglicht werden. Durch die Anbindung an das Servicekonto.NRW, das technisch von Governikus umgesetzt und vom Dachverband kommunaler IT-Dienstleister KDN betrieben wird, ist die Lösung für eGovernment-Anwendungen bis zum substantiellen Sicherheitsniveau im Land und in den Kommunen einsetzbar. Der Servicekonto.Pass beruht auf der breiten Erfahrungsgrundlage aus dem vom Land Nordrhein-Westfalen geförderten Modellprojekt „Smartphone-Bürger-ID“. Gemeinsam durch die Stadt Gelsenkirchen, die XignSys GmbH, das Institut für Internet-Sicherheit und die Stadt Aachen wurde die Lösung bundesweit erstmalig in die Verwaltung integriert.

Der Autor: Markus Hertlein
Gründer und Geschäftsführer von XignSys

Bildquelle: Xignsys

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