EU-Kommission geht gegen Bundesregierung vor Vorratsdatenspeicherung und Dienstleistungsrichtlinie: EU verklagt Deutschland

Redakteur: Gerald Viola

Die Europäische Kommission klagt gegen Deutschland, Österreich und Griechenland beim Europäischen Gerichtshof, weil diese Mitgliedstaaten die Dienstleistungsrichtlinie nur unvollständig umgesetzt haben. Dabei wird sie auch tägliche Zwangsgelder beantragen.

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Erstmals macht die Kommission von der mit dem Vertrag von Lissabon neu geschaffenen Möglichkeit Gebrauch, beim Gerichtshof bereits bei der ersten Klage Zwangsgelder zu beantragen. Die drei Mitgliedstaaten, die heute von der Klage betroffen sind, sind die einzigen, die die Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt haben. Die beantragten Zwangsgelder liegen für Deutschland bei 141.362,55 Euro, für Österreich bei 44.876,16 Euro und für Griechenland bei 51.200,10 Euro.

Dienstleistungen haben einen Anteil von 70 Prozent an der europäischen Wirtschaft. Die Entwicklung der Dienstleistungstätigkeiten wird jedoch immer noch durch ungerechtfertigte oder unverhältnismäßige Anforderungen gebremst. Vor allem kleinere Unternehmen können viele Chancen weder im Inland noch im Ausland ergreifen. Damit wird den Verbrauchern der Zugang zu einem größeren und innovativeren und preisgünstigen Dienstleistungsangebot verwehrt.

Vorsichtigen Schätzungen zufolge könnten sich aus der vollständigen Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie wirtschaftliche Vorteile in einer Größenordnung von 60 bis 140 Mrd. Euro ergeben, was einem potenziellen Wachstum von 0,6 bis 1,5 Prozent des BIP pro Jahr in der EU entspricht. Die Richtlinie hätte bis zum 28. Dezember 2009 umgesetzt werden sollen.

Vorratsdatenspeicherung: EU setzt Deutschland eine Frist

Die EU-Kommission hat Deutschland und Rumänien eine Frist von zwei Monaten gesetzt, um die EU-Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung umzusetzen. In beiden Ländern hatten die Verfassungsgerichte vor längerer Zeit die nationalen Gesetze dazu aufgehoben, ohne dass die Regierungen bislang die Kommission über einen neuen Anlauf unterrichtet hätten.

Die Kommission hat daher beschlossen, beide Staaten mit einer mit Gründen versehenen Stellungnahme dazu aufzufordern, diesen Verstoß gegen EU-Recht (Artikel 258 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäische Union) zu beenden.

Dies ist bereits die zweite Stufe des Vertragsverletzungsverfahrens. Am 17. Juni hatte die Kommission Deutschland und Rumänien bereits Aufforderungsschreiben geschickt. Deutschland teilte der Kommission daraufhin am 16. August mit, dass das deutsche Justizministerium einen Vorschlag zur Umsetzung der Richtlinie erstellt habe, der sich gerade in interministeriellen Konsultationen befinde.

Die von den rumänischen Behörden übermittelten Informationen lassen ebenso darauf schließen, dass die Verhandlungen über ein neues Gesetz auf interministerieller Ebene noch nicht abgeschlossen sind.

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