Medical Device Regulation Umsetzung der neuen MDR: ein Kommentar von Rechtsanwältin Miriam Schuh

Redakteur: Peter Reinhardt

Nun sind sie also da, die neuen europäische Regularien für Medizinprodukte. Doch bislang wissen nur wenige Betroffene, welche Anstrengungen sie unternehmen müssen, um ihre Unternehmen MDR-compliant aufzustellen und eine CE-Kennzeichnung nach der neuen MDR vornehmen zu können.

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Miriam Schuh, Expertin für Medizinprodukterecht und Salary-Partnerin bei Reusch Rechtsanwälte: „Erst die Zukunft wird zeigen, ob es den Verantwortlichen mit der MDR gelungen ist, die Verordnung entsprechend den ursprünglichen Erwägungsgründen zu gestalten.“
Miriam Schuh, Expertin für Medizinprodukterecht und Salary-Partnerin bei Reusch Rechtsanwälte: „Erst die Zukunft wird zeigen, ob es den Verantwortlichen mit der MDR gelungen ist, die Verordnung entsprechend den ursprünglichen Erwägungsgründen zu gestalten.“
(Bild: Reusch Rechtsanwälte)
  • Neue MDR erweitert die Pflichtenkreise aller Wirtschaftsakteure
  • Höherklassifizierung für eine Vielzahl von Produkten; Scrutiny-Verfahren verlängert Prozess zur Erlangung des CE-Kennzeichens
  • Bisherige vertraglichen Vereinbarungen mit Lieferanten gehören auf den Prüfstand

Seit dem 5. Mai 2017 ist sie amtlich: die neue europäische Medizinprodukteverordnung (MDR) wurde zusammen mit der Verordnung für IVD im Amtsblatt der EU bekannt gemacht. Offiziell in Kraft treten werden beide Verordnungen am 25. Mai 2017. Nach einer Übergangsfrist von drei Jahren muss die Medical Device Regulation allen Unternehmen verbindlich angewandt werden. Das heißt konkret, dass ab 26. Mai 2020 Medizinprodukte den Anforderungen der neuen MDR entsprechen müssen. Nur in wenigen Ausnahmefällen (Stichwort Abverkaufsregel) ist ein Inverkehrbringen von Produkten auf Basis der bislang geltenden Richtlinien auch noch nach Ablauf der Übergangsfrist möglich.

Neue Herausforderungen für KMU

Bei etlichen Regelungen der MDR wird erst die Zukunft zeigen, wie sie praktisch gehandhabt werden können. Klar ist aber schon jetzt, dass sich mit der neuen MDR der Pflichtenkreis aller Wirtschaftsakteure, allen voran der Medizinproduktehersteller selbst, signifikant erweitert. Für eine Vielzahl von Produkten wird eine Neu-, oftmals Höherklassifizierung gemäß der neuen Klassifizierungsregeln erforderlich werden. Hochrisikoprodukte sind zudem dem besonderen Scrutiny-Verfahren zu unterziehen, das den Prozess zur Erlangung des CE-Kennzeichens verlängern wird.

Insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen werden Wege finden müssen, die wesentlich höheren Anforderungen an Qualitäts- und Risikomanagement, technische Dokumentation und die Erstellung klinischer Daten beziehungsweise der klinischen Bewertung zu erfüllen und hierbei gleichzeitig auch den Anforderungen der UDI-Kennzeichnung und gesteigerten Reportpflichten zu genügen. So fordert die MDR periodische, teilweise jährliche Updates von Post-Market-Surveillance-Plans/Reports, Post Market Clinical, Periodic-Safety-Update-Report, Summary of Safety and Clinical Performance.

Schritte zur MDR-Compliance

Um nach der faktisch nur kurzen Übergangsfrist von maximal drei Jahren Produkte weiter in Verkehr bringen zu dürfen, sollten Medizinproduktehersteller sowohl ihr Unternehmen wie die Produkte schnellstmöglich den Anforderungen der MDR entsprechend aufstellen und in Kontakt mit ihrer Benannten Stelle treten oder sich um Kooperation mit einer Benannten Stelle bemühen.

Gleichzeitig empfiehlt sich eine umfassende Analyse des Status Quo hinsichtlich

  • Klassifizierung von Produkten
  • Gültigkeitsdauer von Zertifikaten
  • technischer Dokumentation
  • bestehender Instrumente der Produktüberwachung

über den gesamten Produktlebenszyklus hinweg. Auf dieser Basis lässt sich am besten identifizieren, welche weiteren Anstrengungen unternommen werden müssen, um Unternehmen MDR-compliant aufzustellen und eine CE-Kennzeichnung nach der neuen MDR vornehmen zu können.

Auf den Prüfstand gehören dabei auch bisherige vertragliche Vereinbarungen mit Lieferanten. Denn die MDR verlangt vom Qualitätsmanagementsystem der Hersteller unter anderem ein umfassendes Ressourcenmanagement, das Auswahl wie Kontrolle von Zulieferern und sogar deren Unterauftragnehmern mit abbilden muss. Gleichzeitig sind Behörden wie Benannte Stellen gefordert, sich sehr viel kritischer auch mit den Zulieferern für Medizinproduktehersteller auseinanderzusetzen als bislang üblich. Insofern werden Hersteller zwingend an die eigenen Zulieferer strengere Anforderungen stellen und die Kooperation mit Lieferanten vertraglich umfassend neu regeln müssen.

Fazit: die Übergangsfrist strukturiert nutzen

Hersteller sollten die Übergangsfrist strukturiert nutzen, um die eigene Organisation rund um den Lebenszyklus ihrer Produkte im Licht der neuen MDR zu analysieren und anzupassen, um so das Fundament für eine MDR-konforme Entwicklung, Herstellung und Beobachtung ihrer Medizinprodukte zu schaffen.

Erst die Zukunft wird zeigen, ob es den Verantwortlichen mit der MDR gelungen ist, entsprechend der Erwägungsgründe für die Verordnung „einen soliden, transparenten, berechenbaren und nachhaltigen Rechtsrahmen für Medizinprodukte zu schaffen, der ein hohes Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz gewährleistet, gleichzeitig aber innovationsfördernd wirkt“.

Dieser Beitrag erschien zuerst in unserem Partnerportal Devicemed.

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