Vergabe von EU-Fördermitteln TU Graz erstellt Roadmap für Brain Computer Interfaces

Autor Ira Zahorsky

Bereits seit 20 Jahren forscht das Team der TU Graz im Bereich Brain Computer Interfaces (BCI) mit dem Fokus auf gedankengesteuerte Neuroprothesen. Nun soll die Institution Förderempfehlungen für die EU aus dem Forschungs- und Innovationsfördertopf Horizon 2020 koordinieren.

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Trainierte Bewegungsvorstellungen steuern spezielle Armprothesen.
Trainierte Bewegungsvorstellungen steuern spezielle Armprothesen.
(Bild: Lunghammer - TU Graz)

Ganz abgesehen von Cyborgs und Spiele-Industrie liegen die wichtigsten Anwendungspotenziale in der gedankengesteuerten Kommunikations- und Bewegungsunterstützung körperlich behinderter Menschen. Wie sehr wird der Mensch zur Maschine oder besser: Wohin geht die Forschungsreise der Gehirn-Maschine-Schnittstellen?

Für das EU-Förderprogramm „Horizon 2020“ entstand nun unter Federführung der TU Graz eine „BCI Roadmap“, eine Art Fahrplan für die BCI-Forschung für die kommende Dekade. Die Roadmap soll eine globale Perspektive über die BCI-Forschung geben, Potenziale und Herausforderungen aufzeigen und derzeit noch offene Punkte zwischen den aktuellen und künftigen Anwendungen ansprechen.

Marktpotenzial

„Konkret dient die BCI-Roadmap als Orientierungshilfe für Forschungsförderstellen, gibt aber auch der Forschungswelt einen qualifizierten Überblick über den Stand der Dinge und die BCI-Trends“, so Gernot Müller-Putz vom Institut für Semantische Datenanalyse der TU Graz. BCIs sind heute nicht nur in der Forschung sehr weit vorangeschritten, sondern haben mittlerweile ein enormes Marktpozential – und das nicht nur am medizinischen Sektor. „Wir haben weltweit etwa 150 Unternehmen mit BCI-Bezug identifiziert, von Technologieunternehmen über den Marketingsektor bis hin zur Luftfahrtbranche. Auch kommerzielle Anwendungen in der Unterhaltungsindustrie rücken immer mehr in den Fokus: Ohne sie werden BCIs in absehbarer Zeit kaum leistbar sein. Unsere Horizon 2020 Roadmap zeichnet den Weg zur tatsächlichen, leistbaren und benutzerfreundlichen BCI-Anwendung vor“, so Müller-Putz.

Fiktive Fallstudien

BCIs der Zukunft sollen körperliche Funktionen ersetzen, wiederherstellen, verbessern und erweitern. „Das beginnt bei der Fähigkeit zu kommunizieren, geht über Muskel- und Nervenstimulation bis hin zur gesteigerten Aufmerksamkeitskapazität“, fasst Müller-Putz zusammen. Im Jahr 2025 soll es ein breites Spektrum an gehirngesteuerten Anwendungen geben – laut BCI-Roadmap standardmäßig in der medizinischen Behandlung und Therapie und im persönlichen Gesundheitsmonitoring. Neben dem Gehirnsignal sollen auch weitere Biosignale, etwa der Herzschlag oder die elektrische Leitfähigkeit der Haut, eine Rolle in der nahtlosen und intuitiven Verbindung von Mensch und Maschine spielen.

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Aktuell im Grazer Fokus: Greif-Neuroprothesen

Derzeit koordiniert Gernot Müller-Putz mit seinem Team an der TU Graz das für drei Jahre angelegte EU-Forschungsprojekt „MoreGrasp“ mit dem Ziel, eine sehr anpassungsfähige Greif-Neuroprothese zu entwickeln. Wenn man nicht mehr greifen kann, zum Beispiel bei einer Querschnittlähmung, sind vom Kochen bis zum Zähne putzen viele Dinge des Alltags unmöglich. Plötzlich ist man permanent auf Hilfe angewiesen.

Individualisierte Greif-Neuroprothesen können eine enorme Hilfe sein und ein großes Stück Lebensqualität zurückgeben. Die Entwicklung basiert darauf, dass sich das Gehirnstrommuster ändert, wenn man an bestimmte Bewegungen denkt. Die Gehirn-Computer-Schnittstelle misst diese Muster und die Neuroprothese stimuliert daraufhin ganz gezielt Muskeln in Armen und Händen – bis sie sich bewegen.

Dieses Projekt ist im Field of Expertise „Human & Biotechnology“ verankert, einem von fünf Forschungsschwerpunkten der TU Graz.

Hier finden Sie die komplette Horizon 2020 BCI Roadmap (pdf, Englisch).

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