Konsolidierung der IT-Infrastruktur Status quo von „Polizei 2020“

Autor Susanne Ehneß

Ist der Name Programm? Wie weit ist die IT-Konsolidierung „Polizei 2020“ im vergangenen Jahr vorangeschritten?

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Polizeiarbeit wird zunehmend digital
Polizeiarbeit wird zunehmend digital
(© Kzenon - stock.adobe.com)

Mit dem Programm „Polizei 2020“ wird die bisher zersplitterte, polizeiliche IT-Architektur neu geordnet. Eigenentwicklungen und Sonderlösungen sollen dann der Vergangenheit angehören. Die Bundesregierung hat nun erläutert, wie nah man diesen Zielen bisher gekommen ist.

Wie die Bundesregierung erklärt, befinde man sich derzeit in der abschließenden Phase der konzeptionellen Vorbereitungen, 2020 seien die notwendigen gemeinsamen Grundlagen zur Finanzierung, Steuerung und Realisierung des Programms gelegt worden.

Polizei-IT-Fonds

Die Regierung betont, dass die Erwartung, dass das Programm Polizei 2020 bereits nach drei Jahren abgeschlossen sein würde, verfehlt sei: „Das Jahr 2020 ist vielmehr als der gemeinsame Ausgangspunkt und eigentliche Start des Programms ‚Polizei 2020‘ zu sehen, welches mit der Einrichtung des Polizei-IT-Fonds in die Umsetzung übergeht.“

Der Fonds ist zur Finanzierung und Regelung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern gedacht. So sollen Bund und Länder beispielsweise in einem neuen Entscheidungsgremium – dem Verwaltungsrat – gemeinsam über Themen beraten.

Mit der Einrichtung des Polizei-IT-Fonds wurden zudem weitere Steuerungsinstrumente zur Ressourcenplanung etabliert. Die Einbindung der Finanzressorts wurde über die Finanzministerkonferenz sichergestellt. Im ersten Jahr wurden laut Bundesregierung einige Bestandsvorhaben, deren bereits eine Bund-Länder-Finanzierung zugrunde liegt, in den Polizei-IT-Fonds übernommen, außerdem wurden neue Projekte zur Konzeption und Umsetzung in die Planungen aufgenommen.

Umgesetzte und geplante Vorhaben

In einem gemeinsamen Projekt mit der Justiz geht es um die Einführung der elektronischen Akte im Strafverfahren. „Dies stellt einen wesentlichen Beitrag dar, um u. a. die Übermittlung von Verfahrensausgängen und weiterer relevanter Informationen nach bundeseinheitlichen Standards sicherzustellen, damit diese dort vorliegen und verarbeitet werden können, wo sie benötigt werden“, betont die Regierung.

Wie die Regierung erläutert, werden derzeit zahlreiche Projekte umgesetzt, die fachliche Konzepte für Ausschreibungen oder Eigenleistungen von Systemen oder Basisdiensten erarbeiten. Darüber hinaus gibt es folgenden Vorhaben:

  • Die Programmstrukturen im Zentralprogramm (im Bundeskriminalamt) und auf Teilnehmerseite (Polizeien des Bundes und der Länder) werden weiter aufgebaut und etabliert. Dies umfasst die Rollenbeschreibungen wesentlicher Akteure und die Etablierung von standardisierten Prozessen, wie dem Bund-Länder-übergreifenden Anforderungsmanagement.
  • Für die fachliche Unterstützung des Programms Polizei 2020 wurde das „Competence Center Fachlichkeit“ (CCF) eingerichtet. Es ist eine zentrale Arbeitseinheit, die räumlich unter einem Dach mit agilen Methoden inhaltliche Themen erarbeitet. Das CCF wurde mit Bundes- und Landesbeamten aller Teilnehmer ausgestattet.
  • Das einheitliche Fallbearbeitungssystem (eFBS) wurde im Mai 2020 in den Wirkbetrieb überführt. Insgesamt wird das eFBS derzeit durch sechs Teilnehmer von Bund und Ländern (BKA, Bundespolizei, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg, Hessen) genutzt. Die Zuschaltung weiterer Teilnehmer ist geplant.
  • Die Stufen 3 und 4 des „Polizeilichen Informations- und Analyseverbunds“ (PIAV) wurden im Juni 2020 in den Wirkbetrieb überführt. Die Stufen 5 bis 7 befinden sich in der Umsetzung.
  • Zusätzlich wurden teilnehmerübergreifende Bestandsprojekte, die bisher bei einzelnen Teilnehmern geführt wurden, in das Programm aufgenommen (zum Beispiel Fortentwicklung Einsatzprotokollsystem (EPS-FE)). Hierzu zählt auch das als Kommunikationsplattform (Extranet) in den Polizeien von Bund und Ländern etablierte Extrapol.

Planungen für 2021

Für das laufende Jahr 2021 sind unter anderem folgende Schritte geplant:

  • Für die Umsetzung des Programms Polizei 2020 soll ein Generalunternehmer beauftragt werden. Hierfür wird derzeit eine entsprechende Vergabe vorbereitet.
  • Konzipierung eines zentralen „Datenhauses“ sowie entsprechender Basisdienste (Berechtigungen, Protokollierungen).
  • Bereitstellung einer optionalen zentralen Lösung für die Analyse strukturierter Daten.
  • Erarbeitung eines Gesamtansatzes „Analyse und polizeiliche Auswertung“.
  • Bereitstellung eines eFBS-Webclient und Aufnahme weiterer Programmteilnehmer als Nutzer des Systems.
  • Weiterentwicklung des PIAV in Richtung Stufe 5-7.
  • Weitere Umsetzung der Projekte „Wiederholungsprognose Assistent (WiPras)“ und „KIPO Auswertung von Massendaten mit Hilfe von künstlicher Intelligenz“.
  • Ausschreibung eines einheitlichen Asservatenmanagementsystems (eAMS).
  • Weiterentwicklung des XPolizei-Standards im Kontext der Bedarfe des Programms Polizei 2020.

Finanzierung und Zeitplan

Im Zeitraum 2018 bis 2020 wurden Mittel in Höhe von 216 Millionen Euro für das Programm bereitgestellt. Die tatsächlichen Kosten waren allerdings geringer. „Die Kostenschätzungen gingen ursprünglich von einem bereits zum Programmbeginn hohen Ausgabevolumen aus. Auf Grund der konzeptionellen Tätigkeiten, der Einrichtung der vollständigen organisatorischen Strukturen (Governance) und der Konzentration auf die Etablierung der Prozesse im Gesamtprogramm wurden zu Beginn des Programms Polizei 2020 allerdings weniger Mittel verausgabt und investiert als ursprünglich geplant“, erklärt die Bundesregierung.

Tatsächlich beliefen sich die bisherigen Kosten auf rund 73,5 Millionen Euro. An externen Beratungsleistungen kamen noch rund 37,2 Millionen Euro dazu.

„Mit Einrichtung des Polizei-IT-Fonds im Jahr 2020 wird eine mittelfristige Planung von fünf Jahren umfasst und jährlich fortgeschrieben“, erläutert die Regierung das weitere Vorgehen. „Beim grundsätzlichen Planungshorizont wird von einem Zeitraum von circa zehn Jahren ausgegangen“, präzisiert die Regierung.

Hintergrund

Ende 2016 verständigten sich die Innenminister des Bundes und der Länder auf die „Saarbrücker Agenda“ – mit ihr wird die Informationsarchitektur der deutschen Polizei als Teil der inneren Sicherheit beschrieben. Zur Umsetzung dieser Agenda hat das Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (BMI) das Programm „Polizei 2020“ ins Leben gerufen, das eine gemeinsame, moderne und einheitliche Informationsarchitektur für die deutschen Polizeien in Bund und Ländern schaffen soll. „Jede Polizistin, jeder Polizist soll sämtliche Informationen phänomenübergreifend zusammenführen und nutzen können, die sie oder er braucht und wenn sie oder er dazu berechtigt ist. Eine Unterteilung des Informationsaufkommens in verschiedene Datentöpfe wird überflüssig“, erläuterte 2017 der damalige Bundesinnenminister Thomas de Maizière.

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