Steuerfahndung 2.0 Spezialanwendungen unterstützen Jagd nach Steuersündern
Die Frage, ob der Staat CDs mit den illegal kopierten Daten von Steuerhinterziehern erwerben darf, erhitzt die Gemüter. Ein gezielter IT-Einsatz mit speziell auf die Steuerfahndung zugeschnittenen Anwendungen könnte solche Diskussion künftig überflüssig machen.
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Genau 2.367 Prüfer der Steuerfahndung sind im vergangenen Jahr Strafanzeigen nachgegangen, haben Kontrollmitteilungen anderer Behörden überprüft sowie Konten- und andere Daten ausgewertet. Rund 315.000 Fälle wurden so bundesweit bearbeitet, mit Erfolg: 1,5 Milliarden Euro Mehreinnahmen bescherte die Arbeit der Steuerfahnder dem Fiskus, vor allem bei der Einkommen- und Umsatzsteuer.
Natürlich kommt dabei Software zum Einsatz. Welche Systeme genau die Arbeit der Steuerfahndung unterstützen, könne im Detail jedoch nicht kommuniziert werden, da dies dem Dienstgeheimnis unterliege und aus kriminaltaktischen Gründen nicht veröffentlicht werden könne, so die Auskunft des Bundesfinanzministeriums.
Ein Blick nach Bayern: Im Freistaat stehen den Steuerfahndern PC-Arbeitsplätze zur Verfügung, welche die Nutzung der gesamten Datenbasis der bayerischen Steuerverwaltung ermöglichen.
Eine speziell für die Steuerfahndung modifizierte Kriminalanalyse-Software stellt die enge Zusammenarbeit mit den Polizeibehörden sicher, so das Bayerische Finanzministerium.
Die IT kann jedoch noch ganz andere Dienste für die Steuerfahndung leisten. Bernd Simon, Leiter Geschäftsentwicklung Öffentliche Einrichtungen bei SAP-Deutschland, sieht als Basis einer geeignete IT-Architektur für die Steuerfahndung ein Data Warehouse wie SAP NetWeaver Business Warehouse 7.0.
„Dort werden Daten in wertvolle Informationen verwandelt“, erläutert Bernd Simon. Das geschieht, indem sie integriert, also aus verschiedenen Datenquellen bereitgestellt, bereinigt, konsolidiert und für Analyse und Interpretation bereitgestellt werden.
Entscheidend für die Prozesseffizienz ist aber nach Ansicht des Experten, dass sowohl die Steuerverwaltung als auch die Steuerfahndung gleichermaßen auf Informationen aus dem Data Warehouse zugreifen können, was längst nicht Standard in den deutschen Steuerverwaltungen ist.
CRM unterstützt Fallbearbeitung
Für die Bearbeitung der Steuerfälle bringt ein System zum Kundenbeziehungsmanagement (Customer Relationship Management, CRM), beispielsweise SAP CRM 7.0 mit dem ersten Erweiterungspaket, die richtigen Voraussetzungen mit. Denn wie in der Wirtschaft – zumindest in der Theorie – die Kunden im Mittelpunkt stehen, sollte dies auch in den Finanzämtern der Fall sein:
Steuerzahler, ob Arbeitnehmer oder Unternehmen, die schnelle Fragen auf ihre Antworten bekommen und die eine möglichst hohe Transparenz in Sachen Steuervorschriften vorfinden, halten sich nämlich eher an die Regeln und führen ihre Steuern in vollem Umfang und pünktlich ab.
Dies dient der obersten Zielsetzung der Finanzverwaltung, nämlich das Steueraufkommen zu erhöhen, ohne die Steuerschraube nach oben zu drehen. Dabei geht es auch darum, Zeit- und Arbeitsaufwand aufseiten der Steuerzahler zu minimieren. Ein CRM-System in der Steuerverwaltung ist üblicherweise ein Informationscenter für Steuerzahler, liefert die Grundlage für Image- und PR-Kampagnen und unterstützt die Einzelfall-Bearbeitung.
Gerade diese Funktion macht ein CRM-System auch für die Steuerfahndung interessant. Bestandteil der SAP Business Suite 7 ist die Industrielösung Investigative Case Management (ICM), die Anfang 2009 speziell für Sicherheitsbehörden erstellt wurde. „Hier können Informationen über steuerpflichtige Personen und Betriebe vorgehalten und mit anderen Daten, etwa von Geschäftspartnern, aus Kontrollmitteilungen anderer Finanzämter sowie Auskünften in- und ausländischer Behörden abgeglichen werden“, erläutert Simon.
Dazu dienen ein integriertes Dokumentenmanagement-System (SAP Records Management), eine eMail-Funktion sowie eine elektronische Akte mit der Möglichkeit, Notizen der Steuerfahnder festzuhalten. Eine Suchfunktion ermöglicht es, ein Beziehungsgeflecht der an dem Steuerfall beteiligten Personen und Unternehmen sichtbar zu machen.
Aber auch Informationen über Ereignisse wie wichtige Ermittlungsschritte oder Betriebsprüfungen sind eingebunden. Ein integrierter Kalender unterstützt die Planung von Aktionen, zum Beispiel im Hinblick auf vorgegebene Fristen, und ermöglicht den Zugriff auf die gesamte Fallhistorie.
Über Schnittstellen des Datenaustauschstandards XML (Extensible Markup Language) können grundsätzlich dort, wo Datenschutzbestimmungen dem nicht entgegenstehen, auch Daten anderer Rechtsinstitutionen – wie der Staatsanwaltschaften – eingespeist werden.
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