IT-Trends in der Öffentlichen Verwaltung Smart City im Aufwind
Die Studie IT-Trends 2017 hat auch untersucht, welche Trends in der Öffentlichen Verwaltung derzeit aktuell sind. eGovernment Computing stellt die wichtigsten Entwicklungen vor. Bemerkenswert ist der Aufschwung von Smart-City-Projekten.
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In ihrer Analyse kommen die Autoren bezüglich der IT-Entwicklung in der Öffentlichen Verwaltung zu folgender grundsätzlichen Einschätzung: „Die Digitalisierung hat für die Öffentliche Verwaltung eine ebenso hohe Bedeutung wie für die Wirtschaft. Dementsprechend ist ihr Ausbau in beiden Lagern das wichtigste Ziel in den kommenden 12 Monaten.“
Wie andere Branchen auch, reagiere die Verwaltung auf die Herausforderungen der Digitalisierung organisatorisch hauptsächlich mit der Einstellung von Mitarbeitern mit dem entsprechenden Know-how und dem Engagement von Beratungsunternehmen. Darüber hinaus erhöhe sie ihre Software-Entwicklungskapazitäten, so die Autoren. Ob dieser Ansatz mit den Bestrebungen einer weiteren Konsolidierung der IT in den Öffentlichen Verwaltungen aber zusammengeht, wird sich zeigen müssen.
Technisch konzentriere sich die Verwaltung dagegen auf die stärkere Vernetzung von Daten, den Ausbau der Cloud-Kapazitäten und den Aufbau zentraler Plattformen für Test und Deployment.
Technologisch bereite – so die Studie – vor allem die mangelnde Reife von Cloud-Technologien Schwierigkeiten. Dennoch nimmt die Nutzung von Cloud-Anwendungen zu. Allerdings befindet sich der Einsatz von Big-Data-Verfahren in den meisten Verwaltungen „noch im Experimentierstadium“, wie die Verfasser anmerken.
Die IT-Budgets werden in diesem Jahr in der Verwaltung weiter steigen, allerdings nicht so stark wie vor 12 Monaten. Bemerkenswert ist, dass die Umsetzung der verschiedenen eGovernment-Gesetze offenbar derzeit einen nicht geringen Teil der Ressourcen bindet. In einigen Verwaltungen soll bis zu einem Drittel des IT-Budgets dazu verwendet werden.
Um die Effizienz in der IT zu steigern, sprechen sich die meisten Teilnehmer der Studie dafür aus, Software auf kommunaler, Bundes- und Landesebene gemeinsam zu entwickeln. Die entsprechende Initiative des IT-Planungsrates Föderale IT-Kooperationen komme derzeit aber kaum voran, weil die Bildung einer rechtsfähigen Anstalt auf März 2018 verschoben wurde. Von der Erstellung und Weiterentwicklung von Standards versprechen sich viele Teilnehmer ebenfalls Effizienzgewinne, allerdings sei im Vergleich zum letzten Jahr etwas Ernüchterung eingetreten. Denn auch um dieses Thema soll sich der IT-Planungsrat kümmern, der bislang aber innerhalb von sechs Jahren lediglich drei nationale Standards verabschiedet hat. Nachdem das Thema Smart Cities zunächst fast ausschließlich von Unternehmen vorangetrieben haben, misst ihm jetzt auch die Verwaltung immer mehr Bedeutung zu. Ein Umstand, der wiederum Big Data beschleunigen dürfte.
Die Studie IT-Trends 2017 durchleuchtet auch die Entwicklung der IT in den Öffentlichen Verwaltungen. Dabei zeigte sich, dass Behörden auf IT-Trends schneller und früher als bislang reagieren müssen.
Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, darüber sprach eGovernment Computing mit Marc Reinhardt bei Capgemini Leiter des Bereichs Public Sector.
Herr Reinhardt, in der aktuell vorgestellten Studie zu den IT-Trends 2017 ist der Anteil der Verwaltungen, die an der Studie teilgenommen haben, deutlich gestiegen. Worauf führen sie das zurück?
Reinhardt: Die Öffentliche Verwaltung ist einer der großen Nutzer von IT. Zudem gibt es immer mehr CIOs in der Öffentlichen Verwaltung, die sich ausschließlich mit dem Thema IT beschäftigen und deshalb mehr Zeit darauf verwenden können, sich mit den Trends auseinanderzusetzen.
Womit haben die Öffentlichen Verwaltungen im Zuge der Digitalisierung am meisten zu kämpfen, und wie lassen sich diese Probleme Ihrer Meinung nach lösen?
Reinhardt: Wie auch bei der Wirtschaft schafft die Digitalisierung neue Anforderungen an die Mitarbeiter. Neben den nötigen Qualifikationen muss die Verwaltung ihre traditionellen Organisationsstrukturen überdenken und die Verantwortlichkeiten an der Schnittstelle von IT und Fachlichkeit neu justieren. Durch die bisherige Organisation und IT-Unterstützung sind Geschäftsprozesse oft noch zu unflexibel und die übergreifenden Planungen werden erschwert.
Die Studie bemängelt, dass es dem IT-Planungsrat in sechs Jahren lediglich gelungen ist, drei IT-Standards zu verabschieden. Was kann der IT-Planungsrat tun, um hier schneller voran zu kommen?
Reinhardt: Ich würde das nicht direkt als Kritik sondern erst mal als Feststellung verstehen. Standardisierung ist ein schwieriges Geschäft, denn sie generiert Umstellungsaufwand für diejenigen, die bislang nicht Nutzer des vereinbarten Standards sind. Dass die solchermaßen von Standards Betroffenen hier längeren Diskussionsbedarf haben ist nachvollziehbar.
Die Herausforderung für den IT-Planungsrat ist, neben der Standardisierung auch in anderen Bereichen Synergien zu heben, wie das in der Registrierung von Flüchtlingen dann ja auch gelungen ist. Das von uns mit verfasste NKR-Gutachten schlägt daher vor, die Governance der IT in Bund und Ländern insgesamt zu stärken. Ein Weg zur schnelleren Umsetzung von Initiativen ist beispielsweise ein gemeinsames Digitalisierungsbudget für Bund und Länder, das solche Umstellungen finanziell attraktiver machen soll. Außerdem sind institutionelle Hilfen nötig, um Kooperationen und Innovationen zu fördern – mit der FITKO ist man da auf dem richtigen, wenn auch noch zu langsam beschrittenen Weg.
Woher kommt die relative Zurückhaltung der Öffentlichen Verwaltungen beim Thema Open Data? Weshalb zeigen die verschiedenen Varianten eines Open-Data-Gesetzes – zuletzt durch den Bund – keine Wirkung?
Reinhardt: Ich würde die Wirkung dieser Gesetze keinesfalls unterschätzen. Die Bereitstellung von Open Data – insbesondere verbunden mit einem Qualitätsversprechen oder Service-Level – bedeutet für die öffentliche Verwaltung in vielen Fällen hohen Aufwand. Erst wenn geeignete Architekturkonzepte die Fachverfahrenslandschaften Open-Data-ready machen, wird Open Data für die Masse der Behörden wirtschaftlich umsetzbar. Zudem ist der Wandel zu Open Data und noch mehr zu Open Government ein kultureller – solche Prozesse brauchen ihre Zeit und müssen intensiv begleitet werden. Ein Gesetz ist dafür in aller Regel notwendig aber eben auch nicht hinreichend.
Die Studie schließt mit einer allgemeinen Auflistung der Top- und Flop-Technologien des Jahres. Was sind die Tops und Flops der Öffentlichen Verwaltung?
Reinhardt: Die Tops und Flops ist eine Liste mit mehr als 30 einzelnen Technologien und Methoden, sie spiegelt also weniger die großen Trend wieder, sondern eher die Bedeutung von Details. In der öffentlichen Verwaltung steht das Thema adaptiver Arbeitsplatz ganz oben auf dieser Liste. Damit ist gemeint, dass Mitarbeiter die Möglichkeit erhalten, flexibel im Büro, unterwegs oder zu Hause zu arbeiten. Wichtig ist auch das Thema Multi-Channel-Architektur, um den Kontakt zum Bürger über verschiedene Kanäle zu verbessern. Darüber hinaus hat Privacy by Design hohe Bedeutung.
Weniger wichtig sind Robotic Process Automation und die Vorbereitung der Infrastruktur auf IoT-Anwendungen. Das sind beides Themen, die noch sehr neu sind, und die ich im Moment noch als Trends am Horizont bezeichnen würde.
Historisch sieht sich die Verwaltung im Bereich IT sowieso eher als konservativer „Follower“ von Techniktrends. Entwicklungen unter anderem in den Bereichen Cybersicherheit, Datenschutz, etc. zeigen, dass das nicht immer ausreicht. In vielen Fällen muss die Verwaltung frühzeitig eine Beurteilungs- und Gestaltungsfähigkeit für Technologien entwickeln, mit denen sie im Zuge der Digitalisierung konfrontiert wird. Das erfordert ein Umdenken in der Wahrnehmung und Auseinandersetzung mit IT-Trends.
Hier macht die öffentliche Hand aber Fortschritte, beispielsweise durch die erwähnte Stärkung der CIO-Funktion in ihrer personellen Besetzung aber auch in ihrer Unterfütterung mit einem entsprechenden Stab, sowie durch die Konsolidierung hin zu immer größeren und professionelleren IT-Dienstleistungszentren.
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