Elektronische Beleglesung steigert Bearbeitungsqualität und -quantität SESAM öffnet Tor für modernisiertes Steuerverfahren
Papierbasierende Arbeitsabläufe sind eines der Haupthindernisse für eine effiziente Steuerveranlagung. Die Steuerverwaltung der Freien und Hansestadt Hamburg nutzt deshalb ein IT-System zur elektronischen Erfassung und Verarbeitung steuerlicher Belege. Die Zielvorgabe „Kein Papier in die Dienststellen“ gilt inzwischen für eine Vielzahl von Steuerarten, darunter die Lohn- und Umsatzsteuer.
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Jetzt gehen die Hamburger IT-Verantwortlichen konsequent den nächsten Schritt. Das Projekt „SESAM – Steuererklärungen scannen, archivieren und maschinell bearbeiten“ sieht die weitestgehende Automatisierung der Einkommenssteuerveranlagung vor.
Drei Viertel der Steuererklärungen gehen heute immer noch in Papierform bei den Finanzämtern ein. Die Vermeidung von Medienbrüchen ist daher ein entscheidender Schritt auf dem Weg hin zu einer durchgreifenden Modernisierung des Besteuerungsverfahrens.
Schneller, wirtschaftlicher und qualitativ besser
Genau an diesem Punkt setzt SESAM an. Kernstück des Vorhabens, das unter der Federführung des Landes Baden-Württemberg entwickelt wurde, ist die Schaffung eines voll automatisierten Verfahrens vom Eingang der Steuererklärung bis zur Erstellung des Steuerbescheides. „Mit SESAM werden die Finanzämter in die Lage versetzt, bei der Einkommensteuerveranlagung künftig noch schneller und wirtschaftlicher zu arbeiten“, sagt das Finanzministerium Baden-Württemberg.
Neben quantitativen Vorteilen bietet SESAM auch wichtige qualitative Nutzenpotenziale. So ist die Gleichmäßigkeit der Steuererhebung einfacher sicher zu stellen. Durch die Auswertung der gespeicherten Daten können außerdem häufige Fehlerquellen bei der Veranlagung besser erkannt und behoben werden.
Leistungsfähige Erfassung
Ein zentrales Teilprojekt von SESAM ist das Verfahren zur Steuerlichen Beleglesung (SteuBel), das universell für alle Steuerarten konzipiert ist. Mit „SteuBel“ werden zum einen die kompletten Informationen der Papierbelege in elektronische Form überführt und zum anderen die Eingangsdokumente zur digitalen Archivierung bereitgestellt.
Bei der Umsetzung des“SteuBel“-Verfahrens setzt die Steuerverwaltung Hamburg auf eine zentrale Lösung, das heißt, die Belege werden nicht nur zentral gescannt, sondern auch in einem zentralen elektronischen Archiv abgelegt.
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Datenerkennung: auf Nummer sicher gehen
Die Digitalisierung der Einkommenssteuererklärungen übernehmen zwei Scamax-Dokumentenscanner des deutschen Herstellers InoTec. „Die sehr gute Bild-Qualität sorgt für eine optimierte Belegerkennung und erleichtert die spätere Bearbeitung am Bildschirm“, erläutert Peter Kahle, der Leiter der Scan-Stelle.
Dank des robusten Einzugs- und Transportsystems der InoTec-Scanner können inhomogene Dokumente sicher verarbeitet werden. Die anschließende Datenverarbeitung wird mithilfe von OCR-Software in zwei Stufen durchgeführt. Zunächst werden die erfassten Dokumente klassifiziert.
Dabei ermittelt die Software beispielsweise, um welche Anlage oder welche Seite des entsprechenden Formulars es sich handelt. Danach erfolgt im zweiten Schritt die Daten-Extraktion.
„Beim Auslesen der steuerlich relevanten Daten gehen wir auf Nummer sicher. Die vollständige, sachlich richtige Datenerkennung hat oberste Priorität“, betont Bernd Podlech, Administrator der Steuerverwaltung Hamburg. Am Ende des Erkennungsprozesses erzeugt die Software ein Image für die elektronische Archivierung und einen Datensatz für die weitere Verfahrensbearbeitung.
Automatisierte Workflows
Ein speziell entwickeltes Workflow-Tool reichert die Images mit Metadaten – wie zum Beispiel der Steuernummer und dem Eingangsdatum an – und erstellt die Auftragslisten mit den zu bearbeitenden Fällen.
Abgelegt werden die Images in einem elektronischen Archiv, das eine revisionssichere Ablage der Dokumente und über die Metadaten einen schnellen Zugriff auf die gespeicherten Informationen ermöglicht. Die automatisierte Steuerprüfung der gewonnenen Daten geschieht auf der Grundlage vorgegebener, strenger Plausibilitätskriterien. Sofern diese Überprüfung zu keiner Beanstandung führt, erfolgt die Steuerfestsetzung ohne weiteres Zutun eines Bearbeiters.
Ergeben sich Ungereimtheiten oder prüfungswürdige Sachverhalte, werden dem zuständigen Bearbeiter diese problematischen Gesichtspunkte direkt am Bildschirm angezeigt. Eine weitere Überprüfung der restlichen, plausiblen Daten findet grundsätzlich nicht statt.
Neues Zeitalter begonnen
SESAM und „SteuBel“ sind in der Steuerverwaltung Hamburg seit 2009 flächendeckend im Einsatz – mit durchweg positiven Erfahrungen: „Indem wir vorher papiergebundene Arbeitsabläufe in elektronische Workflows überführen konnten, ist die Bearbeitungsqualität- und –quantität bei der Steuerveranlagung deutlich gestiegen“, zieht Bernd Podlech ein positives Fazit.
Die Steuerverwaltung Hamburg plant auch schon die nächsten Erweiterungen. Momentan beinhaltet die digitale Erfassung der Einkommenssteuererklärungen den Mantelbogen und die Anlagen. Im Verlauf des Jahres 2010 sollen dann auch die zusätzlichen Belege– wie beispielsweise Rechnungen, Vertragsdokumente und Ähnliches – digital erfasst werden.
Zudem erlaubt die technische Basis von SESAM eine Ausdehnung auf andere Veranlagungsbereiche. Die Steuerverwaltung Hamburg sammelt außerdem erste Erfahrungen mit der elektronischen Verarbeitung der Kfz-Steuer. Eine große Herausforderung bei dieser Aufgabe ist der nicht genormte Schriftverkehr, der von einem Standard-Briefpapier über Postkarten bis zu dünnem Durchschlagpapier in verschiedensten Formaten reichen kann. „Auch diesen Anforderungen werden wir mit unserer Scan-Stelle gerecht“, erläutert Peter Kahle.
So verarbeitet der Einzug der InoTec-Hochleistungsscanner auch extrem heterogenes Beleggut zuverlässig und die OCR-Software ist in der Lage, gute Erkennungsergebnisse auch bei nicht standardisierten Dokumenten zu erzielen.
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