Das sind die Argumente der Deutschen Post Post ist sicher: „eGovernment-Gesetz nicht mit EU-Recht vereinbar“
Die Beschwerde bei der EU-Kommission lag nach Angaben der Post bereits vor, als gestern Abend im Bundestag das eGovernment-Gesetz abgenickt wurde. Offiziell hat das Unternehmen jetzt gegenüber eGovernment Computing seine Argumente auf Anfrage unserer Redaktion genannt.
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Ein Sprecher von BRIEF Deutschland: „Die Deutsche Post ist nach eingehender Prüfung und Beratung davon überzeugt, dass das E-Government-Gesetz nicht mit dem EU-Recht vereinbar ist.
- Mit seinen Regelungen zur elektronischen Schriftform und zur produktorientierten Standardisierung der elektronischen Behördenpost protektioniert der Gesetzentwurf die staatlich organisierte De-Mail.
- Diese Protektion von De-Mail diskriminiert andere gleichwertige, z.T. sogar leistungsfähigere Angebote, wie z.B. den E-Postbrief, aber auch vergleichbare Angebote ausländischer Postdienstleister, die nicht nach dem nationalen De-Mail-Gesetz akkreditiert sind.
- Diese Form nationaler Protektion widerspricht in Inhalt und Geist der Digitalen Agenda für Europa und dem Europäischen eGovernment-Aktionsplan 2011-2015, die ausdrücklich einen barrierefreien Binnenmarkt für elektronische Dienstleistungen anstreben.
Eine De-Mail-Akkreditierung des E-Postbriefes ist für die Deutsche Post keine Alternative, weil sie die Entwicklung kundenfreundlicher Lösungen behindert. Die nationalstaatlichen und bürokratischen Rahmenbedingungen der De-Mail sind nach Auffassung der Deutschen Post nicht geeignet, schnell und flexibel auf die Anforderungen ihrer Kunden in einem globalen Markt zu reagieren und internationale Kommunikationsverbünde mit anderen Postunternehmen zu realisieren. Es ist geradezu absurd, Kommunikation im globalen Internet durch nationalstaatliche Normen und Barrieren regulieren zu wollen.
Normalerweise könnten die Deutsche Post wie andere ausländische Postdienstleister ihre Rechtsauffassung im Verfahren der sog. Notifizierung einbringen: Alle EU-Mitgliedstaaten sind nach der Richtlinie 98/34/EG eindeutig verpflichtet, Entwürfe von Vorschriften zu Diensten der Informationsgesellschaft bei der EU-Kommission förmlich und offiziell anzumelden, bevor sie verabschiedet werden. Die EU-Kommission veröffentlicht diese Gesetze und ermöglicht anderen Mitgliedstaaten, aber auch betroffenen Unternehmen und Privatpersonen, ihre Rechtsauffassung in den Prüfungsprozess einzubringen.
Die Deutsche Post musste zu ihrer großen Überraschung jedoch feststellen, dass die Bundesregierung ihren Entwurf zum E-Government-Gesetz trotz dieser Vorschriften nicht bei der EU-Kommission notifiziert hat - übrigens im Unterschied zum Vorgehen bei der Verabschiedung des De-Mail-Gesetzes, dessen Entwurf seinerzeit bei der EU-Kommission notifiziert wurde. Diese Unterlassung berührt die Rechte der Deutschen Post, weil sie verhindert, dass die Deutsche Post ihre Bedenken in dem EU-rechtlich vorgeschriebenem Prüfungs- und Beteiligungsverfahren einbringen kann.
Die Deutsche Post hat dieses Vorgehen durch renommierte Wettbewerbs- und Europarechtler gutachterlich prüfen lassen. Deren Studie kommt zum eindeutigen Ergebnis, dass das E-Government-Gesetz ohne jeden Zweifel notifizierungspflichtig ist. Angesichts dieser offensichtlichen Regelverletzung blieb der Deutschen Post kein anderer Weg, als bei den zuständigen Stellen der EU-Kommission eine Beschwerde einzulegen. Damit wird das Ziel verfolgt, dass das E-Government-Gesetz gemeinschaftsrechtskonform bei der EU-Kommission notifiziert wird.
Zwar begrüßt die Deutsche Post die grundsätzliche Öffnung des E-Government-Gesetzes für andere Verfahren als einen ersten Schritt hin zu einer produktneutralen Formulierung von Verwaltungsvorschriften. Jedoch ist auch diese Änderung keine Abkehr von der De-Mail-Protektion und der damit verbundenen Diskriminierung anderer Verfahren, weil andere Verfahren nur dann zugelassen sind, wenn der Bund mit Zustimmung der Bundesländer eine entsprechende Rechtsverordnung erlässt. Sogenannte andere Hersteller haben keinen Rechtsanspruch auf Zulassung.
Solange nicht absehbar ist, ob und wie von der Verordnungsermächtigung Gebrauch gemacht wird, hält die Deutsche Post ihre grundsätzlichen rechtlichen Bedenken am E-Government-Gesetz aufrecht.“
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