Oberbürgermeister kämpft dennoch für Open Source Münchner Linux-Migration dauert vier Jahre länger
Seit dem Beschluss der Stadt München, Microsoft-Produkte bei der Stadtverwaltung mit einem Bann zu belegen, ist Oberbürgermeister Christian Ude als Open-Source-Botschafter im Einsatz: Er wettert in Berlin gegen neue Standards aus Redmond und beschwört offene Standards in Brüssel. Manchmal gibt es dabei Widersprüche.
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So schreibt die Stadt in einer Pressemitteilung, dass ein Vorteil von LiMux die Förderung der lokalen Wirtschaft sei. Eine Überschrift, der im darauf folgenden Text die Begründung für das Attribut „lokal“ fehlt, die aber dem stellvertretenden Projektleiter Florian Schließl eine Einladung zu einem Vortrag nach Wien bescherte. Motto: „München investiert in die lokale Wirtschaft statt in Windows-Lizenzen.“ Die Botschaft ist also angekommen, allerdings falsch. München hat natürlich die entsprechenden Projekte ausgeschrieben – teilweise europaweit.
Gegen das Standardisierungsprojekt Microsoft Office OpenXML führte OB Ude drei Argumente ins Feld:
- Der Wettbewerb wird durch konkurrierende Standards geschwächt.
- Das Projekt der Landeshauptstadt München, zunehmend freie Software einzusetzen, wird beeinträchtigt.
- Die Interoperabilität und die Kommunikation zwischen Behörden untereinander sowie Behörden und Bürgern wird wesentlich erschwert.
Letzteres stellte seine zuständige Bürgermeisterin in einer Pressekonferenz anders dar (Bericht auf Seite 15). In Brüssel spielte dann der „lokale Vorteil“ von LiMux keine Rolle. Ude: „Im bisherigen Projektverlauf investierten wir bereits im Rahmen von Ausschreibungen in die nationale und europäische Wirtschaft. Bei der Entscheidung für die andere Alternative wäre nicht gewährleistet, dass diese Investitionen Unternehmen der EU zugutekommen.“
Wie sagte sein stellvertretender Projektleiter zum Thema Microsoft, deren deutsche Zentrale direkt jenseits der nördlichen Münchner Stadtgrenze 2.200 Mitarbeiter beschäftigt: „Microsoft kann an allen unseren Ausschreibungen teilnehmen. Sie müssen offene Lösungen und offene Standards bieten können, wie wir sie fordern.“
Bei der Veranstaltung in Brüssel „Being Open About Standards“ begrüßte der Münchner OB die Ankündigung der ungeliebten Software-Schmiede, künftig in ihren Produkten neben dem hauseigenen Format „Office OpenXML (OOXML)“ auch den offenen ISO-Standard „Open Document Format (ODF)“ zu unterstützen. Im Hinblick auf seine geäußerten Bedenken gegen OOXML sagte er, er sei „gespannt, wann dieser Ankündigung auch Taten folgen, die unseren Ansprüchen an Interoperabilität gerecht werden. Die EU-Kommission ist gefordert, den freien und fairen Wettbewerb weiterhin zu gewährleisten“.
Ein Vorteil der Migration, die sich in München um vier Jahre verzögert, ist die Weiterbildung der Mitarbeiter. Schießl: „In vielen Fällen wissen Leute nicht, was sie mit ihrer Textverarbeitung da so machen. Sie haben kein Veständnis dafür, wie Formatvorlagen funktionieren. Die Migration ist eine einmalige Chance das Kompetenzniveau unserer Kollegen zu erhöhen.“ Das dürfte viel Freude auslösen.
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