Interview Mit intelligenten Formularen können Kosten halbiert werden
Verwaltungsmanagement, elektronische Formulare, Web-2.0-Techno-logien. In welche Richtung entwickelt sich eGovernment in Deutschland?
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eGovernment Computing sprach bei Adobe mit Rüdiger Laabs (2008 Leiter Öffentliche Auftraggeber) und Peter Körner (Senior Business Development Manager für Enterprise-Technologie).
Herr Laabs, Sie sind seit Ende 2008 bei Adobe. Wie sehen Ihre Pläne als neuer Government-Verantwortlicher des Unternehmens aus?
Laabs: Wir werden die Government-Strategie des Unternehmens weiter vorantreiben und öffentliche Auftraggeber mit intelligenten und dynamischen Formularen bei der Einführung von modernem eGovernment unterstützen. Durch unsere Lösungssuite Adobe LiveCycle ES sind wir in der Lage, diese Formulare schnell und effizient in bestehende Prozesse und Verfahren einzubinden.
Es gibt außerdem ein neues Angebot für Landkreise und kreisfreie Städte, die jetzt noch einfacher von diesen Vorteilen profitieren können. Das „Adobe Government Starter Paket“ bietet einen erschwinglichen Einstieg in die entsprechenden Lösungen, da die speziellen Lizenzmodelle nach der Anzahl der gemeldeten Einwohner gestaffelt sind.
Durch den modularen Aufbau von Adobe LiveCycle ES sind wir in der Lage, jedem Auftraggeber ein individuelles und attraktives Angebot zu unterbreiten. Wer Interesse an weiteren Informationen und Anwendungsbeispielen innovativer Behörden hat oder Beispielformulare ausprobieren möchte, dem empfehlen wir die Webseite www.adobe-solutions.de.
Nächste Seite: Welche Rolle spielt eigentlich Web 2.0?
Was sind für Sie die wichtigsten Themen für Öffentliche Einrichtungen im Moment?
Laabs: Ein zentrales Thema ist mit Sicherheit die EU-Dienstleistungsrichtlinie. Ihre strategischen Ziele und Vorgaben stellen in erster Linie eine Herausforderung für die Öffentliche Verwaltung dar. Um allen Bürgern und Unternehmen in der EU die Möglichkeit zu geben, Anträge zu stellen sowie Genehmigungszeiten zu verkürzen, müssen bisher oftmals papierbasierende Verfahren zukünftig elektronisch abgewickelt werden.
Zudem gilt es, bis Ende 2009 Bürokratiehindernisse abzubauen. Gleichzeitig setzt auch eine größere Erwartungshaltung von Seiten der Bürger die Behörden unter Handlungsdruck: eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmens Economist Intelligence Unit im Auftrag von Adobe hat gezeigt, dass Bürger heutzutage von anspruchsvollen webbasierenden Erlebnissen und Kommunikationsmöglichkeiten beeinflusst werden, die ihnen die Wirtschaft bietet.
Daher verlangen sie auch von Behörden mehr, wenn es um Online-Informationen, webbasierende Self-Service-Angebote und andere Formen der Interaktion geht. Gleichzeitig scheuen sich Anwender aber vor der elektronischen Übermittlung ihrer Daten, wenn sie der Technologie nicht vertrauen.
Ein Schlagwort für die momentanen Veränderungen lautet Government 2.0. Was verstehen Sie darunter?
Laabs: Dieser Begriff bedeutet in meinen Augen den konsequenten Abbau von Hindernissen bei der Kommunikation zwischen Behörden untereinander sowie mit Bürgern und Unternehmen. Ein klassisches Beispiel hierfür sind Medienbrüche bei der Erfassung von Daten. Zusätzlich hat der einheitliche Einsatz von standardisierten Formaten und Schnittstellen wie dem ISO-Standard PDF/A im Bereich Archivierung oder von XML für Datenstrukturen weitere Vorteile.
So können alle Bürger und Nutzer über alle Plattformen – wie Windows, Mac, Linux oder mobilen Geräte – auch an komplexeren Prozessen teilnehmen. Als Kür erlauben solche Ansätze die Nutzung heutiger und zukünftiger Web-2.0-Technologien, um einen schnelleren, günstigeren und bürgernahen Service zu bieten.
Nächste Seite: Wird eFormualar zum Standard oder bleibt uns das Papier erhalten?
Welche Rolle spielt die eingesetzte Technologie?
Körner: Die Technologie spielt für den Bürgerservice eine ganz entscheidende Rolle. Mehr denn je sind eGovernment-Lösungen gefragt, die den Wegfall von Behördengängen ermöglichen und die Interaktion mit der Öffentlichen Verwaltung von zuhause erleichtern. Eine elektronische Übermittlung und Übernahme von Informationen hilft außerdem den Verantwortlichen in Bund, Ländern und Gemeinden, effizienter zu arbeiten.
Das Thema Informationsaustausch ist eng verknüpft mit dem Ausfüllen und Versenden von Dokumenten und Formularen.
Wie ist Ihre Erfahrungen aus den Gesprächen mit Unternehmen, Behörden und Anwendern, sind elektronische Formulare inzwischen Standard oder ist Papier weiterhin das Mittel der Wahl?
Laabs: Sowohl Bürger als auch Unternehmen erwarten heute von Behörden, dass diese Interaktionen und Informationen überall, jederzeit und über jedes Medium zur Verfügung stellen können. Erste Schritte sind bereits vollzogen worden, denn die Kommunikation wird in vielen Fällen nicht über Papier, sondern über elektronische Formulare abgewickelt, die meist im PDF-Format bereitgestellt werden.
Die Anerkennung des Formats als ISO-Standard ISO-32000 zeigt die offizielle Wertschätzung und gibt den Anwendern die nötige Erwartungs- und Rechtssicherheit. Entscheidend ist aber, mit welcher Intelligenz PDF-Formulare in der Praxis ausgestattet sind und wie sie in bestehende Prozesse eingebunden werden.
Und hier sehen Sie noch Handlungsbedarf?
Körner: Das ist richtig, ich behaupte, dass 95 Prozent der Unternehmen PDF-Dokumente nur als reinen Papierersatz nutzen. Dabei handelt es sich um „flache“ Dokumente, die lediglich Texte, Daten, Zahlen oder Formularfelder anzeigen. Dabei bietet das Format weit größeres Potenzial und ermöglicht es, intelligente Funktionen im Dokument selbst zu integrieren. So werden beispielsweise Prozessanforderungen, Sicherheitsfeatures oder andere Funktionalitäten hinterlegt und so direkt zu einem Teil der Datei.
Der Adobe Reader verfügt über einige versteckte Funktionen, die im Normalfall nicht oder nur selten genutzt werden und die sich über ein entsprechendes intelligentes Dokument aktivieren lassen. Dazu zählen die Möglichkeit zum Abspeichern von eingegebenen Daten und zum Aufbringen von Kommentaren, das Anfügen von Anhängen, das elektronische Signieren und ein dynamischer Barcode.
Und auch die Verwendung der gewonnenen Informationen ist wesentlich einfacher: die Adobe LiveCycle-Technologien sorgen dafür, dass Daten aus einem solchen intelligenten PDF direkt in die Backend-Systeme übernommen werden können.
So gehören Medienbrüche der Vergangenheit an und bisher papierbasierende Geschäftsprozesse laufen erheblich schneller und mit weniger Fehlern ab.
Nächste Seite: Beispiele für den erfolgreichen Einsatz von eFormularen
Was ist bei der Umstellung auf elektronische Formulare zu beachten?
Körner: Bei der vermutlich großen Zahl von existierenden Formularen sollte die Umstellung mit einer Formularkonsolidierung verbunden werden. Durch eine geschickte Aufteilung in Teilbereiche wie Kopf- und Fußzeilen, Logos, Adressfelder, Zuständigkeiten, Ansprechpartner oder Stammdaten können hunderte alte Formulare leicht auf ein Dutzend aufeinander aufbauende Vorlagen reduziert werden.
Desweiteren sollten vorhanden XML-Schemata als Datenebene direkt in den Vorlagen hinterlegt werden. Die Wartung und Anpassung sowie die Übernahme der erfassten Daten in ein Fachverfahren werden dadurch zum Kinderspiel.
Können Sie uns Beispiele für den erfolgreichen Einsatz elektronischer Formulare in der Praxis nennen?
Laabs: Der Einsatz intelligenter Formulare inklusive elektronischer Signatur beim Bundessortenamt zeigt das Potenzial solcher Lösungen: 95 Prozent weniger Erfassungsfehler, Wegfall von etwa 1.200 Bearbeitungsstunden und damit Einsparungen im fünfstelligen Bereich.
Hier kommen moderne PDF-Formulare zum Einsatz, die kein Papierersatz sind, sondern zum einen eine Vielzahl von Plausibilitätsprüfungen und zum anderen den Transport sämtlicher Daten im XML-Format erlauben – alles über den kostenlosen Adobe Reader und sogar offline.
Im Landkreis Cham existieren seit Jahren nahezu keine Papiervordrucke mehr. Stattdessen stehen Formulare von A wie Abfall über B wie Bauantrag bis Z wie Zulassungsstelle im Internet als PDF-Dokumente zur Verfügung.
Bürger füllen diese zuhause am PC aus, speichern ihren ausgefüllten Antrag zur Weiterbearbeitung und Archivierung auf die eigene Festplatte und senden ihn per eMail an die Behörde. Erfahrungen zeigen, dass sich dadurch pro Formularvorgang bis zu 50 Prozent der Kosten einsparen lassen.
Das Landratsamt Passau hat eine Antragsplattform im Internet inklusive intelligenter PDF-Formulare realisiert und papierbasierende Prozesse durch digitalen Workflow abgelöst. Ergebnis: Optimierte Prozesse, sinkende Kosten und steigende Einnahmen.
Nächste Seite: Ersetzt der elektronische Personalausweis die elektronische Signatur?
Die Diskussion über die Einführung einer elektronischen Signatur wird ja schon lange geführt, aktuell auch im Zusammenhang mit der Einführung des elektronischen Personalausweises. Welche Vorteile hätte ein solches Angebot Ihrer Meinung nach?
Körner: Die händische Unterschrift auf ein Papierformular war in der Vergangenheit im Hinblick auf durchgängige elektronische Prozesse und in der Kommunikation mit dem Bürger ein Stolperstein. Sie verursachte in der Regel einen Medienbruch, denn online ausgefüllte Anträge und Formulare mussten ausgedruckt und per Hand unterschrieben werden, um rechtsgültig zu sein. Erst durch die Möglichkeit einer sicheren elektronischen Signatur sind entsprechende Workflows auch in öffentlichen Einrichtungen möglich.
Deshalb unterstützen wir die eCard-Strategie des Bundes, zu der ja auch der elektronische Personalausweis gehört. Das bedeutet für die Bürger, dass sie einige wichtige Anwendungen zukünftig einfach und sicher abbilden können.
Zu den Beispielen für solche Anwendungen gehört das Öffnen eines verschlüsselten Adobe PDF-Dokumentes mit dem passenden elektronischen Personalausweis. Zudem lassen sich PDF-Antragsformulare mit den Meldedaten aus dem elektronischen Personalausweis befüllen. Zusätzlich können Anwender mit ihrem elektronischen Personalausweis PDF-Formulare mit einer rechtsverbindlichen elektronischen Signatur versehen.
Das alles wird mit beliebigen PDF-Dokumenten und Formularen möglich sein und eröffnet somit endlich durchgehende und sichere Prozesse für den Bürger auf allen Verwaltungsebenen.
Die Einsatzmöglichkeiten der elektronischen Signatur sind sehr vielfältig und reichen von Anträgen über Verträge und öffentliche Ausschreibungen bis hin zum Anwaltsschreiben. Mit Sicherheit wird die Einführung einer solchen Lösung nicht von heute auf morgen erfolgen können, sie hat jedoch eindeutig das Potenzial, elektronische Prozesse zu revolutionieren.
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