Digital-Lotsen in Sachsen Leinen los für mehr digitale Kompetenz

Redakteur: Manfred Klein

Anfang Juli unterzeichneten der Staatssekretär für Digitale Verwaltung­ und Verwaltungsmodernisierung Thomas Popp, Mitglied der Staatsregierung, und der Geschäftsführer des Sächsischen Städte- und Gemeindetages (SSG) Mischa Woitscheck den „Fördervertrag zur Umsetzung des Konzepts der Digital-Lotsen-Sachsen“. Mithilfe der staatlichen Förderung sollen die Digital-Lotsen künftig Wissen und Erfahrungen rund um digitale Verwaltung direkt in die sächsischen Kommunen bringen und so Kompetenzen in der Fläche aufbauen. eGovernment Computing sprach mit den beiden Politikern über das Vorhaben.

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Mischa Woitscheck (l.) und Thomas Popp setzen bei eGovernment auf Zusammenarbeit
Mischa Woitscheck (l.) und Thomas Popp setzen bei eGovernment auf Zusammenarbeit
(© Sächsische Staatskanzlei)

Herr Popp, das Prinzip der Digital-Lotsen ist nicht neu. Was unterscheidet den Ansatz in Sachsen von dem in anderen Bundesländern?

Popp: Der Wind für die digitale Transformation steht sehr gut. In allen Bereichen der öffentlichen Hand nimmt ein grundlegender Veränderungsprozess richtig Fahrt auf. Beim eGovernment arbeiten wir schon seit Jahren eng mit den sächsischen Kommunen zusammen und haben durchaus vorzeigbare Erfolge erzielt. Diese beschränken sich jedoch zu häufig auf die rein technischen Komponenten einer digitalen Verwaltung. Mit einem gemeinsamen Verwaltungsnetz und einer eGovernment-Basisinfrastruktur haben wir ein gutes Fundament.

Jetzt geht es darum, digitale Expertise vor Ort in den Kommunen aufzubauen, um diese Technikkomponenten gewinnbringend zu nutzen. Genau dafür wollen wir an zentraler Stelle im SSG die Digital-Lotsen als Multiplikatoren aufbauen. Sie werden ein Kompetenzzentrum für digitale Kommunen. Das Alleinstellungsmerkmal des sächsischen Konzepts ist, dass wir zusätzlich zu den zentralen Lotsen die sogenannten Digital-Navigatoren etablieren. Sie kommen aus der jeweiligen Kommune, sind motivierte und interessierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und werden durch die Lotsen gecoacht.

Herr Woitscheck, wie wollen Sie es erreichen, dass die Digital-Lotsen und Digital-Navigatoren in den Städten und Gemeinden in Sachsen akzeptiert werden?

Woitscheck: Wir haben repräsentativ mehr als 30 Bürgermeister zur Digitalen Verwaltung, den damit verbundenen Herausforderungen und den möglichen Unterstützungsmöglichkeiten befragt. Dabei ist deutlich geworden, dass unsere Kommunen sich Unterstützung wünschen, die sie selbst befähigt, gute individuelle Entscheidungen für die digitale Zukunft zu treffen. Jeder Kommune wird angeboten, eine Person aus der Verwaltung zur Ausbildung als Digital-Navigator zu benennen. Wir wollen diese befähigen, die digitalen Themen in der Kommune zu kennen und zu priorisieren. Dabei soll der Blick auf konkrete Projekte in der jeweiligen Stadt oder Gemeinde ausgerichtet werden.

Darüber hinaus ist uns die Vernetzung der Digital-Navigatoren wichtig, die über die Digital-Lotsen vorgesehen ist. Damit wird der Austausch über die Lösungsansätze und Erfahrungen zur gegenseitigen Unterstützung ermöglicht. Die Ausbildung und Vernetzung der Digital-Navigatoren wird ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Digitalisierung der Verwaltung sein. Die Erwartung der Bürgerschaft und Wirtschaft an die Digitalisierung der Kommunalverwaltung kann aber nur erfüllt werden, wenn die Kommunalverwaltungen darüberhinausgehende Unterstützung durch den Freistaat erhalten.

Wie können die Digital-Lotsen „den Kommunen dabei helfen, im Digitalisierungsprozess schnell sichtbare Fortschritte zu machen“?

Woitscheck: Zunächst soll die vorhandene Situation vor Ort erfasst und dokumentiert werden, so dass nach drei bis vier Monaten der Digital-Navigator eine Digitale Agenda für die Kommune erstellen kann und Projekte daraus ableitet. Die Digital-Lotsen begleiten die Navigatoren bei diesen fachlichen Prozessen. Darüber hinaus werden weitere Grundlagen vermittelt, so zum Beispiel die Regelungen des Sächsischen eGovernment- und Informationssicherheitsgesetzes, der Umgang mit weiteren Basiskomponenten, die Möglichkeiten und Grenzen des kommunalen Datennetzes, IT-Architekturen insbesondere in Verbindung mit der Implementierung von OZG-Verfahren sowie Wissen rund um die eAkte und die Einführung von Dokumentenmanagementsystemen.

Letztlich soll jeder Digital-Navigator eine Basisbefähigung zur Umsetzung von konkreten Projekten erhalten. Vor und während der Digitalisierungsaktivitäten sind auch die zugrundeliegenden Prozesse zu betrachten und zu optimieren. Dafür haben wir in Sachsen glücklicherweise die PICTURE-Prozessplattform, die als Basiskomponente jeder Behörde kostenfrei zur Verfügung steht.

Popp: Ich möchte die Aussage von Mischa Woitscheck unterstreichen: Die Verwaltung benötigt digitales Basiswissen und damit eine Wahrnehmung, nein besser: ein Gespür in der Fläche für den notwendigen Kurs und die Untiefen der digitalen Verwaltung. Wir haben im Freistaat bemerkenswerte digitale Inseln mit guten Lösungen. Wenn diese Ansätze als Best-Practice nun im Netzwerk der Navigatoren mit Hilfe der Lotsen bekannter gemacht und von anderen Kommunen adaptiert werden, wird es sichtbare Fortschritte geben.

Welche Rolle sollte beziehungsweise wird bei der Ausbildung die Hochschule Meißen und das Fortbildungszentrum (HSF) spielen?

Popp: Die HSF hat die Zeichen der Zeit erkannt. Schon seit geraumer Zeit wird das Lehr- und Fortbildungsangebot an die neue Verwaltungswirklichkeit angepasst. Dazu zählt beispielsweise, dass im vergangenen September der erste Jahrgang im Studiengang „Digitale Verwaltung“ immatrikuliert wurde. Diese Studierenden werden künftig sowohl im staatlichen als auch im kommunalen Bereich eingesetzt. Sie begleiten bei ihren späteren Arbeitgebern den Digitalisierungsprozess genau an der Schnittstelle zwischen Organisation und Technik. Daneben werden Lehr- und Fortbildungsinhalte, für die an der HSF Expertise vorhanden ist, natürlich auch in das Projekt der Digital-Lotsen eingebracht. Allerdings stehen wir hier noch am Anfang des Abstimmungsprozesses, auch mit anderen sächsischen Bildungsträgern.

Woitscheck: Digital-Navigatoren sollen in erster Linie diejenigen sein, die digitale Themen kennen und bewerten sowie die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister beraten. Die Mitarbeiter sollen dabei motiviert werden, sich in den digitalen Projekten zu engagieren. Der an der HSF Meißen neu eingerichtete Studiengang „Digitale Verwaltung“ ist eine zusätzliche Möglichkeit, Digitalkompetenz zu erwerben. Für die vielen kleinen Städte und Gemeinden steht mit der Navigatoren-Ausbildung zudem ein breites Angebot zur Verfügung. Darüber hinaus wollen wir mit der Hochschule Meißen und anderen Bildungsträgern überlegen, welche Angebote und Inhalte den Digital-Navigatoren zusätzlich helfen können, den nächsten Schritt zu gehen. Projekte wie zum Beispiel der eGovCampus des IT-Planungsrates, bei welchem sich auch die HSF Meißen engagiert, sind dabei äußerst hilfreich.

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