Die Koalitionsvereinbarung und eGovernment

Großer Wurf oder doch nur uninspiriertes Klein-Klein?

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Eines ist sicher: So viel eGovernment wie im neuen Koalitionsvertrag war noch nie. Geplant ist zum Beispiel eine eGovernment-Landkarte. Wichtig für mehr Transparenz und mehr Servicedenken in der Öffentlichen Verwaltung. Wenn man an Art. 91 d Grundgesetz denkt, ist das auch überfällig, denn bis heute haben es Leistungsvergleiche schwer.

Die größte Herausforderung bei einer eGovernment-Landkarte dürfte darin bestehen, die unterschiedlichsten Projekte zu bewerten und in Beziehung zueinander zu setzen. Kein Mensch wird bestreiten, dass es viele eGovernment-Projekte in der Republik gibt – aber aufschlussreich wird sein, wie unterschiedliche Ansätze zu bewerten sind.

Ein interessanter Ansatz ist auch die eGovernment-Toolbox für Kommunen. Die Bundesregierung will hier Kommunen die besten Umsetzungslösungen häufig genutzter Verwaltungsleistungen anbieten und dadurch eine bessere Vereinheitlichung mit niedrigeren Folgekosten erreichen.

Wichtig ist natürlich, dass die Festlegung, welche Anwendung warum die beste Umsatzlösung darstellt, transparent und nachvollziehbar erfolgt. Ebenso, dass dieser Ansatz mittelstandsfreundlich ausgestaltet wird und nicht zu teuren Monokulturen in der Verwaltungs-IT führt.

Die neue Regierung will die hundert wichtigsten Verwaltungsverfahren online bringen. Ob das so schnell gelingen wird, ist offen, aber wichtig ist jedenfalls, dass nach Massenverfahren priorisiert werden soll. Genau das hatte Bitkom in den Wahlprüfsteinen zur Bundestagswahl 2013 angeregt. Gut so.

Mit D115 soll eines der erfolgreichsten eGovernment-Projekte des Bundes nun auch im Internet erreichbar werden. Bitkom hatte hierzu in seinen Wahlprüfsteinen empfohlen, das Serviceangebot der Behördenrufnummer D115 für das gesamte Bundesgebiet mit einer Verfügbarkeit 24/7 bis 2018 auszuweiten und bis 2020 um fremdsprachliche Angebote in den zehn häufigsten Fremdsprachen zu ergänzen. Auch hier ist die Verwaltung nun also auf gutem Wege.

„Es fehlt eine nachhaltige Strategie für den nPA.“ Dr. Pablo Mentzinis Bitkom
„Es fehlt eine nachhaltige Strategie für den nPA.“ Dr. Pablo Mentzinis Bitkom
(Foto: Bitkom)

Dennoch vermisst man eine nachhaltige Strategie, um den neuen Personalausweis wirklich zur wichtigsten Karte der Bürger zu machen. Wer etwas Neues einführt, muss erstens mit Kritik rechnen und zweitens erklären, warum es neu gemacht wird. Beides ist in der vergangenen Legislaturperiode unterlassen worden: Bürger, Unternehmen und auch die Verwaltungsmitarbeiter wurden mit dem neuen Werkzeug allein gelassen.

Wenig überraschend also, dass zwar etwa 22 Millionen neue Personalausweise ausgegeben wurden, von denen aber nur bei etwas über 7 Millionen die eID-Funktion freigeschaltet wurde. Es fehlte die Öffentlichkeitsarbeit: Warum gibt es die eID? Was kann man damit machen? Wie sicher ist diese Funktion? Eins ist sicher: Negative PR von Hackerorganisationen reicht nicht.

Eines sollten wir nicht vergessen. Der Bürger muss für die neue Karte zahlen. Der alte Personalausweis kostete 8 Euro, der neue kos-tet dreieinhalb mal so viel, nämlich 28 Euro, für den elektronischen Aufenthaltstitel, das elektronische Ausweisdokument für die Nicht-EU-Bürger ist das Dokument noch deutlich teurer, nämlich über 100 Euro. Damit besteht eigentlich einiger Handlungsbedarf, um das Versprechen von sicherem eGovernment für Bürger auch wirklich einzulösen.

Zudem bestehen neue Herausforderungen. Der neue Personalausweis ist bisher kaum auf mobile Government eingestellt. Kartenleser lassen sich bei mobilen Endgeräten kaum sinnvoll einbinden. Andererseits ist es aber möglich, Smartphones oder Tablets als Kartenleser zu nutzen. Erste Versuche hierzu waren bereits erfolgreich, ob und wann der neue Personalausweis aber in Kombination mit Smartphones oder Tablets genutzt werden kann, ist noch offen. Wer mobile Government ernst nimmt, kann nicht bei der Entwicklung von Apps stehen bleiben, sondern muss auch für diese Fragen Antworten liefern.

Unterm Strich also eine ganze Menge von Aufgaben für die neue Bundesregierung, manches ist auf gutem Weg, aber beim neuen Personalausweis sollte das aktuelle Regierungsprogramm noch mal nachjustiert werden.

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