Deloitte-Studie Fünf Thesen zur urbanen Mobilität 2035
Wie gestaltet sich künftig die urbane Mobilität? In einer Studie wurde nun errechnet, dass jeder dritte Weg im Jahr 2035 mit autonomen Fahrdiensten zurückgelegt wird, die Kosten hierfür geringer sein werden als der ÖPNV und das Verkehrsaufkommen insgesamt deutlich ansteigt. Ein Überblick in fünf Thesen.
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Autonome Taxis haben für viele Experten das Potenzial, zu einem der Hauptverkehrsmittel des 21. Jahrhunderts zu werden. Zahlreiche Vorteile sprechen für diese innovativen Verkehrsmittel: Sie werden jederzeit und ohne große Wartezeit verfügbar sein und bringen ihre Fahrgäste bequem von Tür zu Tür. Nervige Parkplatzsuche und teure Parkgebühren entfallen. Und einen Führerschein braucht man auch nicht mehr – so wird der autonome Fahrdienst vor allem für Kinder und ältere Menschen eine sichere Option, um sich in der Stadt fortzubewegen. Und durch den Wegfall des Fahrers und die effiziente Auslastung der Fahrzeuge werden autonome Taxis und Shuttles aus Kostensicht zur attraktiven Alternative zu bestehenden Verkehrsmitteln.
Grundlage der Studie ist ein quantitatives Mobilitätsmodell, in das unter anderem Bewegungsmuster, Bevölkerungsstruktur und Pendlerverflechtungen in 109 deutschen Städten sowie ein repräsentatives Online-Experiment mit über 2.000 potenziellen Nutzern zu Akzeptanz und Zahlungsbereitschaft für autonome Fahrdienste einflossen. Das Ergebnis der Berechnungen ist überraschend: „Unser Mobilitätsmodell prognostiziert, dass zwei wesentliche Effekte zu erwarten sind: Die Anzahl der Fahrzeuge, die zeitgleich auf unseren Straßen fahren, nimmt zu. Damit sinkt der Verkehrsfluss und das Staurisiko wird deutlich erhöht“, sagt Dr. Thomas Schiller, Partner und Leiter Automotive bei Deloitte.
1. These: Autonome Fahrdienste verändern unsere Mobilität
Wie viele Verkehrsteilnehmer sind tatsächlich bereit, bei wirtschaftlich attraktiven Preisen auf autonome Fahrzeuge umzusteigen? Die Rahmenvorgaben waren: Sie werden von Tür zu Tür gebracht und müssen auch in Stoßzeiten nicht länger als 10 Minuten auf ein Fahrzeug warten. 32 Prozent aller Befragten sind bereit, dafür entweder ein Robotaxi (das sie direkt von A nach B bringt) oder ein günstigeres Roboshuttle (das mehrere Personen auf einmal fährt und deswegen kurze Umwege nehmen muss) zu nutzen. Mit 32 Prozent am Gesamtverkehr sind autonome Fahrzeuge damit ein neues Hauptverkehrsmittel, welches das Verkehrsaufkommen maßgeblich beeinflusst.
2. These: Die Preise für die tägliche Mobilität sinken deutlich
Was wird eine autonome Fahrt zur Arbeit oder zum Einkauf durchschnittlich kosten? Die Berechnungen zeigen, dass ein Kilometer mit dem Robotaxi 34 Cent, mit dem Roboshuttle lediglich 15 Cent kosten wird. Ein Robotaxi ist damit acht Mal günstiger als ein normales Taxi heute und liegt immer noch 25 Prozent unter dem Kilometerpreis eines privat betriebenen Mittelklassewagens (Volkswagen Golf). Für den durchschnittliche Arbeitsweg von 10 Kilometern fallen mit einem Roboshuttle lediglich 1,50 Euro an Kosten an. Nutzer autonomer Shuttles zahlen die Hälfte des Preises eines ÖPNV-Tickets – bei deutlich mehr Komfort. Dies wird alle anderen Mobilitätsanbieter einem heftigen Preisdruck aussetzen und zur Attraktivität von autonomen Fahrdienstleistungen betragen.
3. These: Autonome Fahrdienste haben ein großes Marktpotenzial
Um die Fahrdienstleistungen erbringen zu können, sind ca. 560.000 Robotaxis und 180.000 Roboshuttles notwendig. Die Laufzeit dieser Fahrzeuge wird aufgrund der hohen Laufleistung nur 3 Jahre betragen. Setzt man diese Investition gegen den Rückgang im Neuwagengeschäft bei Privatkunden, ergeben sich daraus Umsatzeinbußen für die Automobilindustrie von ca. 760 Millionen Euro pro Jahr. Demgegenüber stehen aber zusätzliche Einnahmen von 23,4 Milliarden Euro für die Fahrdienstleistungen der autonomen Fahrzeuge. Insgesamt bietet der Markt damit ein großes Potenzial, das nicht nur von Autoherstellern, sondern auch von anderen Anbietern ausgeschöpft werden kann.
4. These: Weniger Fahrzeuge, aber mehr Verkehr
Die allgemeinen Erwartungen, dass autonome Fahrzeugflotten zu weniger Staus und besser fließendem Verkehr auf unseren Straßen führen, werden sich nicht erfüllen. Die Anzahl der angemeldeten Fahrzeuge wird zwar um ca. 3 Mio. Fahrzeuge sinken, aber durch die hohe Auslastung der Robotaxis und -shuttles steigt die urbane Verkehrsbelastung deutlich. Die Anzahl der täglich mit dem Auto zurückgelegten Kilometer wird pro Person in deutschen Städten von 26,7 auf 32,0 km ansteigen. Das entspricht einer Zunahme um 24%. Die Gründe sind vielfältig: Robotaxis können auch von Kindern und Personen genutzt werden, die keinen Führerschein besitzen und bisher andere Verkehrsmittel genutzt haben oder zu Fuß gegangen sind. Außerdem müssen autonome Fahrzeuge auch Leerfahrten durchführen, um zu einem Kunden zu gelangen.
5. These: Ohne Regulierung droht ein Verkehrskollaps
Wenn die Nutzung von Robotaxis und Roboshuttles nicht reguliert wird, werden durchschnittlich 30% mehr Autos gleichzeitig in den Städten unterwegs als heute. Zu Stoßzeiten werden es sogar 36% sein. Das wirkt sich natürlich auf die Fließgeschwindigkeiten im Straßenverkehr aus, die von durchschnittlich 33,5 auf 30 km/h sinken werden und damit die Fahrzeiten um ca. 10% ansteigen lassen. Das sind im Schnitt 2,5 Minuten mehr als bisher. Robotaxis werden also die deutschen Städte verstopfen, falls die Kommunen nicht handeln und beispielsweise Schülern die Fahrt zur Schule nur per Roboshuttle erlauben, nicht aber per Robotaxi.
Die vollständige Deloitte-Studie können Sie sich hier herunterladen.
Dieser Beitrag stammt von unserem Partnerportal Next Mobility.
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