eHealth Monitor 2021 Entwicklungen und Probleme im eHealth

Von Eva Hornauer

Die Digitalisierung – auch im Gesundheitssektor – ist in vollem Gang. Zu dieser Einschätzung kommt auch der eHealth Monitor 2021 von McKinsey, der mit Hilfe von rund 30 Indikatoren die Entwicklung und den Status Quo von eHealth in Deutschland abgefragt hat. „Die Analyse soll Entscheider:innen und Akteur:innen im Gesundheitswesen einen aktuellen Überblick über relevante Trends und Neuerungen liefern“, so McKinsey.

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Das Resümee der Studie fällt – wegen zahlreicher Fortschritte – weitgehend positiv aus
Das Resümee der Studie fällt – wegen zahlreicher Fortschritte – weitgehend positiv aus
(© santiago silver – stock.adobe.com)

Dass die Digitalisierung im Gesundheitssystem wichtig ist, ist den meisten Menschen wohl spätestens seit der Corona-Pandemie bewusst. Der eHealth Monitor 2021 attestiert der Digitalisierung des Gesundheitswesens positive Effekte, etwa für die Gesundheit der Bürger und Patienten, der effektiveren Gestaltung von Versorgungsprozessen und für die Verbesserung des Gesundheitssystems im Allgemeinen.

Rechtliche und technische Rahmenbedingungen für eHealth

Um die Digitalisierung des Gesundheitssystems weiter zu treiben, bedürfe es nach Meinung der Autoren jedoch einer weiteren Anpassung und Entwicklung der rechtlichen und technischen Rahmenbedingungen. Die Entwicklung ist hier in vollem Gange. Seit 2019 wurden dafür sieben Gesetze zur Regulierung der Digitalisierung des Gesundheitswesens erlassen – darunter das Digitale-Versorgungs-Gesetz (DVG) von 2019, das Krankenhauszukunftsgesetz (KHZG) von 2020 und das Digitale-Versorgung-und-Pflege-Modernisierungs-Gesetz (DVPMG) von 2021.

Auch die TI-Anbindung von Arztpraxen und Apotheken sei, so die Studie, auf einem guten Stand. Allerdings klemmt es beim Datenaustausch zwischen den Arztpraxen und Krankenhäusern: „Die Kommunikation zwischen Arztpraxen und Krankenhäusern erfolgt zu 95 Prozent immer noch in Papierform“, heißt es dazu in der Studie.

Ähnlich stellt sich die Situation bei der elektronischen Patientenakte (ePA) und dem eRezept dar. Die gesetzlichen Grundlagen wurden erfolgreich auf den Weg gebracht. Die flächendeckende Implementierung der ePA gestaltet sich allerdings eher zögerlich. Bisher haben sich bei den 20 größten gesetzlichen Krankenversicherungen nur 0,4 Prozent der Versicherten – also weniger 240.000 Versicherte – die ePA heruntergeladen.

Für den Umgang mit eRezepten sind, laut dem eHealth Monitor, 2/3 der Apotheken vorbereitet. Nach einer Umfrage der Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände (ABDA) hatte allerdings noch im Sommer 2021 die Mehrheit der Befragten keinerlei Kenntnis von der bevorstehenden Einführung des eRezepts am 1. Januar 2022. Eine der größten Herausforderungen für die kommenden Jahre sei somit „die Skalierung von ePA und eRezept in Richtung Patienten durch eine umfassende Informationskampagne“, so Laura Richter, Mit-Herausgeberin des eHealth Monitors.

Telemedizin

Die Nutzung von telemedizinischen Angeboten, wie etwa die Videosprechstunde, ist um den Faktor 900 gestiegen. Im Jahr 2019 wurden weniger als 3.000 digitale Sprechstunden abgehalten. 2020 waren es bereits 2,67 Millionen. Diese enorme Steigerung sei vor allem auf die Lockdown-Phase im zweiten Quartal des Jahres 2020 zurückzuführen. Die Corona-Pandemie wirkt in diesem Bereich also als Katalysator.

Anlässlich dieser steigenden Nutzerzahlen wurden auch die Einsatzmöglichkeiten auf regulatorischer Ebene erweitert. „So werden telemedizinische Leistungen von nun an bei der regelmäßigen Überprüfung des einheitlichen Bewertungsmaßstabes für ärztliche Leistungen (EBM) einbezogen. Dabei prüft der zuständige Bewertungsausschuss die erweiterte Behandlung durch telemedizinische Methoden und gewährleistet deren Vergütung.“ Die Vergütung von telemedizinischen Diensten ist der von klassischen Vor-Ort-Sprechstunden aber noch nicht gleichgestellt.

Digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA)

Im Bereich der DiGA stellt der eHealth Monitor 2021 Deutschland ein gutes Zeugnis aus. Nach einem Jahr DiGA-Fast-Track-Verfahren sei die Bilanz überaus positiv, so die Verfasser des eHealth Monitors. Weiter heißt es bei McKinsey: „Mittlerweile nutzen auch andere Länder unsere Erfahrungen auf ihrer Suche nach einem Bewertungsverfahren für Erstattungsentscheidungen. Gut ein Jahr nach dem DiGA-Start in Deutschland haben wir rund 200 Beratungsgespräche mit Herstellern geführt, vorwiegend zu Verfahrensdetails und den vorzulegenden Nachweisen.“

In Zahlen ausgedrückt bedeutet das: 24 digitale Gesundheitsanwendungen wurden bis November 2021 in das Verzeichnis des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte aufgenommen. Neun davon stehen bereits als App-Anwendungen zur Verfügung – Grund für diesen Rückstau sei die technische Umsetzung der App-Anwendungen. „Insofern hat das Prüfverfahren zwar den Weg zur Erstattung geebnet, jedoch gleichzeitig die Eintrittshürde für Apps hinsichtlich Nutzennachweis und Datenschutzanforderungen erhöht“, stellte Laura Richter fest.

Der Download von Gesundheits-Apps hat sich – im Vergleich zum eHealth Monitor 2020 – nahezu verdoppelt. Trotz dieser Steigerung erreichte die Gesamtzahl der heruntergeladenen DiGA-Apps bis Ende Juli 2021 noch nicht einmal den Wert von 200.000 Downloads.

Forschungspublikationen zu eHealth-Lösungen

Ein weiterer Fokus des eHealth Monitors liegt auf den deutschen Forschungspublikationen zum Thema eHealth. Die deutschen Forschungspublikationen zur Evidenz von eHealth-Lösungen haben sich im letzten Jahrzehnt zwar von 20 auf 116 Forschungspublikationen versechsfacht. Dennoch bleibt die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen in Deutschland hinter anderen Ländern deutlich zurück. Allerdings weisen 84 Prozent dieser Publikation den Nutzen von eHealth-Lösungen nach.

„Diese Zahlen zeigen, dass eHealth-Anwendungen das Potenzial haben, Patienten bei nachhaltigen Verhaltensänderungen zu helfen – und Ärzte und Pflegende bei der Behandlung unterstützen können“, so Mit-Herausgeber Tobias Silberzahn.

Vergleich zum Ausland

Im internationalen Vergleich kann Deutschland in Sachen Digitalisierung des Gesundheitssektors durchaus Fortschritte vorweisen. In der Zulassung und Erstattung von digitalen Gesundheitsanwendungen (DiGA) ist Deutschland, laut den Ergebnissen des eHealth Monitors 2021, ein Vorreiter.

Bezogen auf die Einführung und Nutzung von ePA und eRezept könne Deutschland aber noch etwas von den nordeuropäischen Ländern lernen. Hierzulande „ist gerade erst der Grundstein (für die ePA) gelegt“, wohingegen in Schweden jedem Bürger eine ePA zu Verfügung steht. Das eRezept ist in Ländern wie Italien, Schweden oder Spanien schon verpflichtend eingeführt – für viele Deutsche, laut dem eHealth Monitor, noch undenkbar.

Das Vereinte Königreich (UK) wird in der Studie von McKinsey sowohl für die Anzahl der Forschungspublikationen zur Evidenz von eHealth-Lösungen als auch für die flächendeckende Fernbetreuung von COVID-19 Patienten und chronisch kranken Menschen gelobt.

Ausblick

Das Resümee der Studie fällt indes weitgehend positiv aus: In vielen Bereichen konnten Verbesserungen erzielt werden – nicht zuletzt auch aufgrund der Umstände, die die Corona-Pandemie mit sich brachte.

Andererseits hapere es primär an der Information und der Aufklärung der Bevölkerung im Hinblick auf eHealth-Lösungen. So sind 55 Prozent der im Rahmen des eHealth Monitors befragten Deutschen gegenüber digitalen Gesundheitsangeboten aufgeschlossen. Die Befragten gaben aber auch mehrheitlich an, dass es ihnen an Informationen und Aufklärung mangelt.

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