Zensus 2022 Eine neue Datenbasis für Deutschland

Von Susanne Ehneß

Alle zehn Jahre findet in Deutschland eine Volkszählung statt. Die für 2021 geplante Erhebung wurde aufgrund der Corona-Pandemie um ein Jahr verschoben. Katja Wilken, Gesamtprojektleiterin des Zensus 2022, erläutert im Interview die Bedeutung und den Digitalisierungsgrad der nun im Mai stattfindenden Zählung.

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Der Zensus 2022 wird Bund, Ländern und Gemeinden präzise Bürgerdaten liefern
Der Zensus 2022 wird Bund, Ländern und Gemeinden präzise Bürgerdaten liefern
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Im Mai 2022 steht der neue Zensus an. Sind die Vorbereitungen soweit abgeschlossen?

Wilken: Alle beteiligten Akteure in Bund, Ländern und Kommunen arbeiten weiterhin auf den Stichtag hin. Die Vorbereitungen laufen plangemäß. IT-Verfahren und Online-Formulare erhalten derzeit den letzten Schliff, Interviewerinnen und Interviewer werden rekrutiert und in ihren Aufgaben für den Zensus geschult, und Erhebungsunterlagen werden gedruckt, um pünktlich ab Stichtag 15. Mai 2022 die Feldphase starten zu können. Ab diesem Zeitpunkt werden im gesamten Bundesgebiet über 100.000 Interviewerinnen und Interviewer durch die Kommunen eingesetzt. Zudem bereiten die Statistischen Ämter der Länder den Versand der ca. 23 Millionen bundesweiten Schreiben für die Gebäude- und Wohnungszählung vor.

Welche Bedeutung hat die Volkszählung für Städte und Kommunen?

Wilken: Die amtlichen Bevölkerungszahlen bilden die Grundlage für die Anwendung zahlreicher Gesetze und Verordnungen und definieren politisch-organisatorische Strukturen, zum Beispiel Zuweisungen im Kontext Finanzausgleich, Fördermittelzuweisungen, Wahlkreiseinteilung, Größe der Gemeindevertretungen et cetera.

Weiterhin bilden Bevölkerungszahlen die grundlegende Bezugsgröße für alle demografischen Strukturdaten und steuerungs­politisch relevanten Indikatoren, zum Beispiel Schulentwicklungsplanung, Infrastrukturplanung, ­Sozialplanung, Wahlorganisation. Die regelmäßige Erhebung der Bevölkerungszahl ist aus kommunaler und städtischer Perspektive zwingend.

Der Zensus 2022 liefert weitere ­Ergebnisse, beispielsweise zur ­soziodemografischen Struktur der Bevölkerung und der Haushalte sowie zu allen Immobilien mit Wohnraum wohnungsstatistische Merkmale (zum Beispiel Leerstand, Energieträger, Nettokaltmiete). Auch diese Ergebnisse stehen den Kommunen und Städten klein­räumig zur Verfügung und machen Planungen, zum Beispiel zur Wohnraumversorgung, auf einer validen Basis möglich. Sie ermöglichen eine systematische Analyse des Gebäude-und Wohnungsbestandes, zum Beispiel detaillierte Auswertungen zum Leerstand oder dem energetischen Zustand.

Ist die Volkszählung noch zeitgemäß? Reichen die Daten in den Registern der Öffentlichen Verwaltung nicht aus?

Wilken: Nicht alle Daten des Zensus 2022 liegen bereits in Registern vor. Vorliegende Register werden so umfassend wie möglich ausgewertet, um die Belastung der Bevölkerung möglichst gering zu halten. Die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder fragen dort Daten bei den Bürgerinnen und Bürgern ab, wo bestehende Register der Öffentlichen Verwaltung keine oder nicht ausreichende Informationen bieten. Das gilt beispielsweise für Merkmale zur Erwerbstätigkeit oder zum Bildungsstand. Die Melderegister sind ­außerdem teilweise unvollständig und nicht mehr aktuell. In einigen Fällen sind dort beispielsweise ­Personen erfasst, die mittlerweile an einem anderen Wohnort leben (Übererfassung) oder es sind wohnhafte Personen nicht erfasst (Untererfassung).

Da darüber hinaus kein einheitliches Verwaltungsregister vorliegt, das den Bestand an Wohnungen und Gebäuden flächendeckend ­erfasst, wird die Gebäude- und Wohnungszählung durchgeführt.

Was wird diesmal anders ablaufen als bei der letzten Volkszählung 2011?

Wilken: Um die Größenordnung der Über- und Untererfassung der Melderegister zu ermitteln und in die Berechnung der Bevölkerungszahlen einfließen zu lassen, werden beim Zensus 2022 auch Einwohnerinnen und Einwohner in Gemeinden unter 10.000 Personen auf Stichprobenbasis befragt. Dies war beim Zensus 2011 nicht der Fall.

Neu ist auch der stärkere Fokus auf die Online-Meldung. Auch 2011 konnte per Online-Fragebogen gemeldet werden. Dieser Melde-Weg wird beim Zensus 2022 der Standard sein. Für das Thema Wohnen werden gegenüber 2011 die Merkmale Nettokaltmiete, Leerstandsdauer und Leerstandsgründe erfragt. Die Auskunft über das Vorhandensein von Bad und WC entfällt dagegen. Fragen zur Religion werden dieses Mal nicht mehr gestellt.

Auf der nächsten Seite: Inwieweit die Volkszählung digitalisiert ist und was mit den erhobenen Daten passiert.

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