19 digitalpolitische Kernforderungen zur Europawahl 2019 Eco moniert Diskriminierung der Digitalwirtschaft

Autor Elke Witmer-Goßner

Bevor sich die Politik wieder nur mit Lippenbekenntnissen begnügt, geht der Verband der Internetwirtschaft, eco, in die Offensive. Das Thema Digitalpolitik muss ganz oben auf der Agenda stehen, lautet die Forderung der Interessenvertretung.

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Mit der 2019 beginnenden neuen Legislaturperiode könnte ein neues Kapitel in der europäischen Digitalpolitik aufgeschlagen werden.
Mit der 2019 beginnenden neuen Legislaturperiode könnte ein neues Kapitel in der europäischen Digitalpolitik aufgeschlagen werden.
(Bild: © BillionPhotos.com - stock.adobe.com)

Nur mit den richtigen Rahmenbedingungen und zentralen politischen Weichenstellungen lassen sich die Chancen und Potenziale der digitalen Transformation für einen gemeinsamen europäischen digitalen Binnenmarkt und den Wirtschaftsstandort Deutschland optimal zu nutzen. Da diese Weichenstellungen immer häufiger auf europäischer Ebene stattfinden, sollte das Thema Digitalpolitik insbesondere im Vorfeld der Neuwahlen des EU-Parlaments sowie eines neuen EU-Kommissionspräsidenten im Mai nächsten Jahres ganz oben auf der Agenda Parteien und Kandidatinnen und Kandidaten stehen.

Der Verband stellte daher eine eigene EU-Agenda für eine moderne Digitalpolitik vor. Darin sind 19 digitalpolitische Kernforderungen zu Europawahl 2019 formuliert. Für eco-Vorstandsvorsitzenden Oliver Süme ist klar: „Wenn Europa seine hochgesteckten Ziele, beispielsweise im Bereich Cybersicherheit, Urheberrecht und 5G-Technologie, verwirklichen will, wird es in der kommenden Legislaturperiode umso wichtiger sein, entschieden und stringent eine moderne Netzpolitik umzusetzen.“

Aktuell fehle es den involvierten Stellen in der Kommission, dem Parlament sowie dem Rat bzw. den Ministerien in den Mitgliedstaaten aber vor allem an einer gemeinsamen Idee bzw. einem gemeinsamen Ziel, wie man die digitale Transformation Europas gestalten wolle. Europa brauche einen einheitlichen Rechtsrahmen für die digitalen Märkte und die Betreiber digitaler Technologien bzw. Dienste, der die Innovationskraft bestehender Industrien und Wirtschaftsakteure fördere, neue Wertschöpfungsketten und Geschäftsmodelle ermögliche und nicht zuletzt neue Unternehmen bzw. Start-ups stärke, so Süme.

Eco fordert daher, dass der spezielle digitale Binnenmarkt Bestandteil des allgemeinen europäischen Binnenmarkts wird. Die EU-Institutionen müssten, um überhaupt ein Verständnis für digitale Technologien, ihre Möglichkeiten und Herausforderungen, aber auch ihre praktischen Grenzen zu entwickeln, zuerst ihre technik- und internetskeptische Grundhaltung ablegen. Um Europa in einer wirtschaftlich globalisierten und gleichzeitig politisch immer stärker fragmentierten Welt als maßgeblichen Akteur zu positionieren, brauche es einen starken – digital umfassenden – Binnenmarkt. Digitalisierung könne zum Erfolgsmodell für Europa werden, wenn die EU ihre Chancen erkenne und zu einem Standort- und Wettbewerbsvorteil ausbaue.

Agenda für eine moderne Digitalpolitik

Die 19 digitalpolitischen Kernforderungen des eco zur Europawahl 2019 zielen vor allem darauf ab, kleinteiliges Flickwerk durch wirkliche länderübergreifende und gleichberechtigte Maßnahmen zur Förderungen eines einheitlichen europäischen Binnenmarkts zu ersetzen:

  • 1. Die EU muss ein gesamteuropäisches Vorgehen im Kampf gegen Cybergefahren sicherstellen, nationale Alleingänge von Mitgliedstaaten verhindern und auch Bürger/innen einbinden.
  • 2. Die flächendeckende und anlasslose staatliche Überwachungsmaßnahme der europäischen Bevölkerung muss in allen Mitgliedstaaten unterbunden sowie Verschlüsselung und sichere Dienste stärker gefördert werden.
  • 3. Die Europäische Union muss ein einheitliches Vorgehen bei der Strafverfolgung von Cyberkriminalität finden sowie gerechte Regeln und Standards – in Hinblick auf kleine und mittlere Unternehmen – für den grenzüberschreitenden Datenzugriff im Rahmen von Ermittlungsverfahren definieren.
  • 4. Die EU muss sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten die Datenschutzgrundverordnung einheitlich sowie konsistent umsetzen und anwenden.
  • 5. Der europäische Datenschutzausschuss muss die Internetwirtschaft stärker in seine Arbeit miteinbeziehen.
  • 6. EU-Kommission und -Parlament müssen die Pläne zur e-Privacy Verordnung in einem offenen Dialog mit der Wirtschaft diskutieren, um eine Fragmentierung des europäischen Datenschutzrahmens zu vermeiden.
  • 7. Die EU-Mitgliedstaaten müssen sich klar gegen eine anlasslose Vorratsdatenspeicherung aussprechen.
  • 8. Die EU darf den soliden und erprobten Rechtsrahmen für die Bereitstellung digitaler Dienste in Europa nicht durch inkonsistente Änderungen der E-Commerce Richtlinie und des „Notice and Action“-Prinzips weiter aufweichen.
  • 9. Die EU muss einen kooperativen und gesamtgesellschaftlichen Ansatz zum Umgang mit Hate Speech und Fake News entwickeln, der Wirtschaft und Bevölkerung einbezieht und nicht allein auf technische Lösungen setzt.
  • 10. Zur Bekämpfung von Online-Kriminalität muss die Strafverfolgung sowie die Arbeit weltweit vernetzter Hotlines gestärkt und ausgebaut werden.
  • 11. EU-Kommission und -Parlament müssen ein modernes europäisches Urheberrecht entwickeln, das die berechtigten Interessen der Urheber, der Verwerter, der Internetwirtschaft sowie der Nutzer/innen miteinander in Einklang bringt.
  • 12. Zur Sicherstellung digitaler Souveränität auf Basis leistungsfähiger digitaler Infrastrukturen muss die EU eine konsistente Strategie – auch bei Forschung, Aus- und Weiterbildung sowie bei Energiekosten – entwickeln.
  • 13. Die EU muss ihren ausgewogenen Regulierungsansatz zur Wahrung des freien Internet und der Innovationsfreundlichkeit beibehalten und weiterentwickeln.
  • 14. Im Zuge der Medienkonvergenz muss ein konsistenter Regulierungsrahmen geschafft werden, der gleichartige Angebote auch den gleichen Regelungen unterwirft.
  • 15. Die EU muss protektionistischen Bestrebungen, die eine Benachteiligung digitaler Dienste und Geschäftsmodelle darstellen, sowohl in einzelnen Mitgliedstaaten als auch auf europäischer Ebene entschieden entgegentreten.
  • 16. Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen müssen bei Legislativvorschlägen stärker berücksichtigt und angemessene sowie gleichwertige Markt- und Wettbewerbsverhältnisse geschafft werden.
  • 17. Der Europäische Rat sollte von seinen Plänen für eine Digitalsteuer Abstand nehmen und sich stattdessen für ein einheitliches Besteuerungssystem einsetzen, das alle Unternehmen nach denselben Maßgaben besteuert.
  • 18. Die EU-Mitgliedstaaten müssen virtuelle Binnengrenzen abschaffen und Datenfreizügigkeit innerhalb der EU gewährleisten.
  • 19. Die EU muss eine einheitliche europäische Strategie für die Stärkung der Entwicklung und des Einsatzes von Künstlicher Intelligenz und Blockchain-Technologien entwickeln.

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