Freie Ärzteschaft warnt Die Zeichen stehen auf Sturm

Redakteur: Jürgen Sprenzinger

Sowohl mit dem geplanten Versorgungsstärkungsgesetz des Bundesgesundheitsministeriums als auch mit der Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) droht die Staatsmedizin mit Ausbluten der freiberuflichen Ärzte. Darin waren sich Referenten und Teilnehmer einer Veranstaltung der Freien Ärzteschaft (FÄ) in Kassel einig.

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Die Freie Ärzteschaft befürchtet durch das geplante Versorgungsstärkungsgesetz eine wesentliche Verschlechterung der medizinischen Versorgung für die Bevölkerung
Die Freie Ärzteschaft befürchtet durch das geplante Versorgungsstärkungsgesetz eine wesentliche Verschlechterung der medizinischen Versorgung für die Bevölkerung
(Bild: Freie Ärzteschaft)

„Die Regelungen im neuen Gesetz entziehen den freien Arztpraxen weiter den wirtschaftlichen Boden. Zugleich droht eine GOÄ mit Willkürhonoraren nach Gutdünken der Privaten Krankenversicherer (PKV)“, sagte FÄ-Vorsitzender Wieland Dietrich. Damit würde die medizinische Betreuung der Bevölkerung geschwächt, nicht gestärkt.

Honorverluste befürchtet

Dietrich erläuterte einige Beispiele aus dem Gesetzentwurf, wo freiberufliche Ärzte Honorarverluste befürchten müssen: So würden etwa Mittel für bürokratische Terminservicestellen, Kliniken sowie staatliche Einrichtungen der Krankenversorgung abfließen. Denn es sei vorgesehen, die Arztpraxen in eine ungerechte Konkurrenzsituation zu bringen. Medizinische Versorgungszentren (MVZ) und ambulante Behandlung in der Klinik würden mit dem Gesetz stark gefördert, gleichzeitig sollten tausende Arztpraxen verschwinden. „Das erhöht die Kommerzialisierung in der ambulanten Medizin, schwächt die Arzt-Patienten-Bindung sowie die Autonomie der Ärzte“, betonte der FÄ-Chef. Dietrich weiter: „Die Stoßrichtung ist klar: Freie Arztpraxen haben in der anvisierten Staatsmedizin nichts zu suchen.“

Einheitsgebührenordnung für Kassen- wie Privatpatienten?

Auch in der Rahmenvereinbarung zu einer neuen GOÄ zeige sich, wohin die Reise gehen soll: in Richtung Einheitsgebührenordnung für Kassen- wie Privatpatienten. „Man will Strukturen einführen, die wie beim Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) in der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Mengen- und Ausgabensteuerung beinhalten“, sagte Dr. Bernhard Kleinken, ehemals stellvertretender Dezernent der Bundesärztekammer im Gebührenordnungsreferat. „Das ist Strategie, um später bei der Schaffung einer einheitlichen Gebührenordnung von vornherein die Latte niedrig hängen zu können.“

Dass die PKV und die Beihilfe – also die sekundär Zahlungspflichtigen – überhaupt mitbestimmten, was ein angemessenes ärztliches Honorar sei, dürfe eigentlich nicht sein. Allein die Bundesärztekammer als Vertreter der Ärzte müsse die Marschrichtung vorgeben.

„Willkür bei der Vergütung“

Wie mit dem EBM drohe nun auch mit der GOÄ Willkür bei der Vergütung, betonte Kleinken. Das drücke sich auch in dem „robusten Einfachsatz“ aus. Dabei wolle man auch die Begründungspflicht von Steigerungen mit dem Faktor 2,3 verschärfen. Im Klartext: Eine Steigerung soll die Ausnahme sein, in der Regel sei der einfache Satz abzurechnen. „Für patientenbedingten Mehraufwand – etwa bei schweren Erkrankungen, Multimorbidität und aufwendigen Beratungen – muss es aber zwingend weiterhin Steigerungsmöglichkeiten geben, um als Arzt wirtschaftlich arbeiten zu können“, sagte der GOÄ-Experte.

Die Freie Ärzteschaft e. V. (FÄ) ist ein Verband, der den Arztberuf als freien Beruf vertritt. Er wurde 2004 gegründet und zählt heute mehr als 2.000 Mitglieder: vorwiegend niedergelassene Haus- und Fachärzte sowie verschiedene Ärztenetze. Vorsitzender des Bundesverbandes ist Wieland Dietrich, Dermatologe in Essen. Ziel der FÄ ist eine unabhängige Medizin, bei der Patient und Arzt im Mittelpunkt stehen und die ärztliche Schweigepflicht gewahrt bleibt.

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