Landkreistag wendet sich gegen Zentralisierung bei eGovernment „Die Einbindung kommunalen Sachverstands ist geboten“

Redakteur: Manfred Klein

In einem Positionspapier unterstreicht der Deutsche Landkreistag die Bedeutung der Kreise für eGovernment.

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eGovernment Computing sprach mit Professor Dr. Hans-Günter Henneke, dem geschäftsführenden Präsidialmitglied des Landkreistages, über die Hintergründe.

Herr Henneke, welche Ziele verfolgt der Deutsche Landkreistag mit seinem Positionspapier zur Nationalen eGovernment-Strategie?

Henneke: Der Bund hat nach der Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage für IT-Angelegenheiten eine Diskussion für eine Nationale eGovernment-Strategie angestoßen. Diese findet unter breiter öffentlicher Beteiligung statt. Aus Sicht des Deutschen Landkreistages ist es geboten, angesichts der maßgeblichen Rolle, die den Landkreisen bei der flächenhaften Verbreitung von eGovernment in Deutschland zukommt, eine eigene Positionsbestimmung vorzunehmen. Wir geben mit dem Papier zuallererst ein Bekenntnis der Landkreise zum eGovernment ab. Aus Sicht der 301 Landkreise ist eine noch stärkere Orientierung auf die drei maßgeblichen Nutzer – Bürger, Unternehmen und die Verwaltung selbst – bei der zukünftigen Ausgestaltung von eGovernment zu beachten. Einen besonderen Schwerpunkt sehen wir dabei mit Blick auf die Wirtschaft und die Verwaltung.

Dies ergibt sich allein daraus, dass Unternehmen häufiger als Privatpersonen in Kontakt mit den Verwaltungen stehen und technische Voraussetzungen hier eine geringere Rolle spielen. Zum zweiten gilt es, die erheblichen Potenziale in verbesserten Verwaltungsabläufen und den damit sich ergebenden Nutzen von eGovernment für die Verwaltung selbst zu verstärken. Gleichzeitig wollen wir mit dem Positionspapier verdeutlichen, dass die föderale Struktur der Bundesrepublik auch beim eGovernment eine stärkere Bedeutung erfährt.

Welche Forderung stellt der Deutsche Landkreistag zur Umsetzung der Nationalen eGovernment-Strategie und wovon hängt der Erfolg einer Gesamtstrategie ab?

Henneke: Eine zentrale Forderung habe ich mit Blick auf eine stärkere Beachtung der föderalen Struktur der Bundesrepublik auch beim eGovernment bereits genannt. Wir mussten im Rahmen vieler IT-Vorhaben in der Vergangenheit gewisse Zentralisierungsbestrebungen feststellen. Dies entspricht weder der föderalen Struktur der Bundesrepublik noch ist dies technisch sinnvoll. Ab einer bestimmten Komplexität sind zentrale Systeme schwer aufzubauen und zu pflegen. Viele gescheiterte Projekte der letzten Jahre zeigen deutlich, dass eine Zentralisierung weder die Projektlaufzeit verkürzt noch die Qualität steigert. Mit den bisherigen Zentralisierungen wird zudem oft nur ein kleiner Teil kommunaler IT ersetzt. Zentralisiert werden in der Regel Register und Datenbanken, nicht aber die eigentlichen Geschäftsprozesse. Dies ist aus Gründen der Sachbearbeitung vor Ort auch nicht sinnvoll. Angesichts dessen sollten Verfahrenslösungen auf kommunaler Ebene verbleiben, allenfalls zentrale Schattendatenbestände geschaffen werden. Um dies zu ermöglichen, bedarf es einer hersteller- und produktneutralen Standardisierung von Kommunikationsprozessen. Ein solches Vorgehen ermöglicht ebenenübergreifende Kommunikation und Vernetzung und vermeidet Zentralisierungen.

Was die Frage nach den Erfolgsfaktoren für die Umsetzung der Nationalen eGovernment-Strategie angeht, so wissen wir aus zahlreichen Rückmeldungen der kommunalen Praxis, dass eine gut ausgebaute technische Infrastruktur, die Verfügbarkeit von Breitbandzugängen und qualifiziertes Personal maßgebliche Erfolgsfaktoren darstellen. Hemmnisse sehen wir insbesondere in der oftmals ungenügenden finanziellen Ausstattung und konkret – etwa im Rahmen der Dienstleistungsrichtlinie – in der fehlenden Verbreitung der elektronischen Signatur.

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