Die IT-Beauftragte der Bundesregierung im Gespräch Die Digitalisierung der Gesellschaft als Herausforderung

Redakteur: Manfred Klein

Welche Risiken und Chancen verbinden sich mit der immer mehr um sich greifenden Digitalisierung von Wirtschaftsbereichen und der Durchdringung immer weiterer Lebensbereiche?

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Cornelia Rogall-Grothe
Cornelia Rogall-Grothe
(Foto: BMI)

Die IT-Beauftragte der Bundesregierung, Staatssekretärin Cornelia Rogall-Grothe, erläutert im Interview ihre Sicht der Dinge.

Stichwort „Digitalisierung der Gesellschaft“. Immer leis­tungsstärkere Geräte und eine immer weiter wachsende Vernetzung dieser Geräte treiben die Digitalisierung der Gesellschaft. Wo sehen Sie die größten Chancen und wo die Risiken für Deutschland in dieser Entwicklung?

Rogall-Grothe: Die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung macht die Welt um uns herum kleiner, aber auch komplexer. Nie zuvor ist es so einfach gewesen, sich über alle möglichen Dinge auf der Welt zu informieren und mit anderen Menschen zu kommunizieren. Gleichzeitig wird es durch die Fülle an Informationen für uns immer schwieriger, den Überblick zu behalten. Diese Entwicklung lässt sich nicht aufhalten.

Ich sehe in dieser Entwicklung deutlich mehr Chancen als Risiken: Schätzungen besagen, dass rund 40 Prozent unseres Wertschöpfungszuwachses auf Informations- und Kommunikationstechnologien beruhen. Als exportorientiertes Land profitieren wir also in besonderem Maße von der Digitalisierung. Auch für die Öffentliche Verwaltung ergeben sich viele neue Möglichkeiten: Wir können etwa unsere Verwaltungsleistungen noch schneller und effi­zienter anbieten. Gleichzeitig gilt es, potenzielle Risiken im Cyber-Raum einzudämmen und zu minimieren.

Welche Herausforderungen müssen bewältigt werden, damit am Ende nicht von verpassten Chancen gesprochen werden muss?

Rogall-Grothe: Die zentrale Herausforderung der digitalen und vernetzten Welt wird es sein, einerseits unsere gewohnten Standards hinsichtlich Qualität, Transparenz und Datenschutz zu bewahren und gleichzeitig nicht den Anschluss an die teilweise rasanten weltweiten Entwicklungen zu verlieren. Die Öffentliche Verwaltung kann einen wichtigen Beitrag durch mehr Transparenz, mehr Teilhabe und eine intensive Zusammenarbeit mit der Gesellschaft leisten. Ich denke hier etwa an das Vorhaben „Open Government“, das wir vor gut zwei Jahren gestartet haben. Aber auch das Thema „Bürgerbeteiligung“ wird in diesem Zusammenhang künftig eine zunehmende Rolle spielen.

Konkret: Wo sehen Sie den Handlungsspielraum des Bundesministeriums des Innern? Wo sehen Sie eine gemeinsame Anstrengung des Bundes beziehungsweise des Bundes und der Länder?

Rogall-Grothe: Die Handlungsspielräume der Öffentlichen Verwaltung in diesem Bereich sind in den letzten Jahren deutlich größer geworden. Gleichzeitig arbeiten wir immer enger zusammen, sowohl mit dem Rat der IT-Beauftragten auf Bundesebene als auch zwischen dem Bund und den Ländern im IT-Planungsrat. Dort stimmen wir unser Vorgehen ab. Hervorheben möchte ich in diesem Zusammenhang die Nationale eGovernment-Strategie, die der IT-Planungsrat im September 2010 beschlossen hat und die das gemeinsame Fundament für viele eGovernment-Projekte in Deutschland bildet. Einen Kern dieser Strategie bildet der Aufbau gemeinsamer föderaler IT-Infrastrukturen.

Wenn das Gesetz nach fünf Jahren evaluiert wird, welche Zielmarken möchten Sie für die Bundesverwaltung zum eGovernment erfüllt sehen?

Rogall-Grothe: Unser Ziel ist eine noch stärker vernetzte und bürgernähere Verwaltung. Wir sind hier auf einem guten Weg durch De-Mail, den neuen Personalausweis mit der eID-Funktion, aber auch mit der offiziellen Aufnahme des Regelbetriebs der einheitlichen Behördenrufnummer 115. Mit dem eGovernment-Gesetz wollen wir die noch auf Bundesebene bestehenden Hindernisse in der elektronischen Kommunikation mit der Verwaltung abbauen und es durch neue Formen des Schriftformersatzes ermöglichen, nutzerfreundliche und effiziente elektronische Verwaltungsdienste orts- und zeitunabhängig anzubieten. Die Erledigung von Behördenangelegenheiten wird für die Bürger damit einfacher, aber auch das Verwaltungshandeln selbst wird spürbar an Transparenz hinzugewinnen und neue Optimierungspotenziale eröffnen

Auch bei der Bewältigung des demografischen Wandels oder der Gestaltung gesellschaftlicher Teilhabe wird IT eine tragende Rolle spielen. Welchen Forderungen haben Sie hier an die IT-Wirtschaft?

Rogall-Grothe: Vieles wird hierzu bereits erprobt, auch in der Verwaltung. Die IT-Wirtschaft kann jedoch mit ihren technischen Möglichkeiten noch stärker ihren Teil zu kreativen und innovativen Lösungen beitragen. Da viele andere Länder ähnliche Entwicklungen aufweisen, bestehen hier auch Potenziale für die Märkte von morgen.

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