Zukunftskongresses diskutiert die Digitale Agenda Deutschland zum digitalen Wachstumsland entwickeln
Das Thema Digitale Agenda soll sich als roter Faden durch den Zukunftskongress ziehen. Ein Thesenpapier des Branchenverbands könnte nach Ansicht der Veranstalter bei der Diskussion der damit verbundenen Fragen eine wichtige Rolle spielen. Im Folgenden stellt eGovernment Computing zentrale Aussagen des Dokuments vor.
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Die geplante Digitale Agenda der Bundesregierung soll Deutschland endgültig in das Zeitalter der Informationsgesellschaft führen. Die drei federführenden Ministerien – das Bundesministerium für Verkehr und Infrastruktur, das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesinnenministerium – arbeiten bereits an entsprechenden Konzepten. Bundesinnenminister Thomas de Maizière will zudem bereits im Sommer eine neue Strategie für die Verwaltung 2020 vorlegen.
So wird sich denn diese Digitale Agenda auch als verbindendes Element durch alle Veranstaltungen des zweiten Zukunftskongresses ziehen. Vermutlich wird auch Bitkom-Präsident Prof. Dieter Kempf als Teilnehmer des Eröffnungsplenums das derzeit wohl wichtigste Thema im eGovernment anschneiden – hat der Bitkom doch dazu jüngst ein umfassendes Strategiepapier veröffentlicht.
Eine IT-Strategie für Deutschland
Das vorgelegte Positionspapier beschreibt den Status quo in Sachen Informationstechnologie so: „Der bisherige deutsche und europäische Politikansatz ist für den dynamischen Markt für Informationstechnologie und Kommunikation (ITK) nicht mehr hinreichend erfolgreich und zeitgemäß.“
Und: „Der ITK-Standort Deutschland liegt in wesentlichen Bereichen wie Infrastruktur und Markt lediglich im Mittelfeld unter den 15 global bedeutendsten ITK-Regionen. Die ITK-Branche in Deutschland droht, den internationalen Anschluss zu verlieren. Ein solches Szenario wäre eine Gefahr für den Wohlstand und die Sicherheit Deutschlands, denn die ITK-Branche stellt diejenigen Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts bereit, von denen Wachstum, Innovation und Sicherheit maßgeblich abhängen.“
Die Bundesregierung habe zwar die Bedeutung und Notwendigkeit der Digitalisierung in und aus Deutschland erkannt, so das Bitkom-Papier, und wichtige Vorhaben im Koalitionsvertrag verankert. Jetzt gelte es jedoch, diese Vorhaben auch konkret umzusetzen, um die Trendwende herbeizuführen.
Zudem sei, dieser Trendwende zum Trotz, die Frage, wie ITK-Märkte gezielt und effektiv politisch unterstützt werden könnten, in Deutschland und Europa bislang unbeantwortet geblieben. So seien in den vergangenen Jahrzehnten aus Europa im Bereich der ITK kaum globale Player gekommen. Stattdessen sei die Branche in Europa und Deutschland von einer sehr kleinteiligen Unternehmensstruktur geprägt (nur ein Prozent der Software-Unternehmen hätten über 100 Mitarbeiter).
Verantwortlich für diesen Missstand macht das Bitkom-Papier die im internationalen Vergleich deutlichen Wettbewerbsnachteile gegenüber den führenden ITK-Nationen.
Der Branchenverband fordert daher in seinem Positionspapier: „Um die Branche zu stärken und international konkurrenzfähig zu machen, muss Politik verstehen, wie IT-Märkte funktionieren. Diese heben sich in wesentlichen Punkten von den Traditionsbranchen ab und sind Märkte sui generis (einzigartig, Anm. der Red.). Digitale Märkte sind Netzwerkmärkte, in denen Skaleneffekte erhebliche Erfolgsfaktoren sind. Digitale Märkte enden nicht an Ländergrenzen, sondern sind wahrhaftig global. Daher ist es – gerade auch für Start-ups sowie kleine und mittlere Unternehmen – äußerst wichtig, die Vollendung des europäischen digitalen Binnenmarktes konsequent zu verfolgen.“
Die IT-Branche unterscheide sich vor allem in drei Punkten wesentlich von anderen Industrien:
- Infrastrukturen. Eine moderne Infrastruktur ist die Lebensader der Digitalen Gesellschaft Deutschlands und Europas sowie Grundlage für eine starke ITK-Industrie. Europa fällt beim Aufbau der Netze der nächsten Generation allerdings immer weiter zurück. So liegen die jährlichen Pro-Kopf-Investitionen in die TK-Infrastruktur in den USA mit 180 Euro fast 40 Prozent über denen in Europa (130 Euro).
- Wirtschaftswachstum. Nennenswerte Produktivitätssteigerungen können wir in Zukunft nur über mehr Innovationen erzielen. Dafür braucht Deutschland qualifizierte Fachkräfte und gute Ideen. Privates Wachstumskapital ist zur Skalierung von elementarer Bedeutung. Allerdings fließen das Vertrauen und Geld der Anleger in erfolgreiche ITK-Märkte außerhalb Europas. So haben die Venture-Capital-Investitionen im Verhältnis zum jeweiligen BIP in der Europäischen Union nur etwa ein Achtel der Investitionen in den USA betragen.
- IT-Sicherheit. Hohe IT-Sicherheit ist ein wichtiger Standortfaktor und Wettbewerbsvorteil. Diese Verlässlichkeit zahlt sich aus, wenn sie für Kunden weltweit durch globale, nachprüfbare Kriterien transparent gemacht und belegt wird. In den letzten Jahren liegt im Bereich der IT-Sicherheitstechnologien ein konstantes Außenhandelsdefizit vor, im Jahr 2012 lag es bei 347 Millionen Euro. Den vorwiegend kleinen und mittleren Unternehmen dieses Segments fällt es ohne flankierende wirtschaftspolitische Maßnahmen, wie sie in vielen anderen Staaten üblich sind, deutlich schwerer, neue Märkte zu erschließen.
Nicht zuletzt die Berichte über Abhörmaßnahmen der Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste sowie die erhöhte Wirtschaftskriminalität im Netz hätten die Verletzlichkeit einer digitalisierten Wirtschaft und Gesellschaft deutlich gemacht und würden nach klaren politischen Maßnahmen verlangen.
Gleichzeitig sei aber auch deutlich geworden, dass IT-Sicherheit einen wesentlichen wirtschaftspolitischen Aspekt umfasst. Maßnahmen zur Erhöhung der IT-Sicherheit könnten sich bei den technologischen Entwicklungen nicht nur auf den Sicherheitsbereich konzentrieren, sie müssten auch auf die wirtschaftspolitische Stärkung der ITK-Wirtschaft setzen.
Strategischer Erfolgsfaktor für alle Branchen
Das Positionspapier weist auch auf die zunehmende Rolle der Informationstechnologie für politische und gesellschaftliche Entwicklungen hin: „Eine zentrale Rolle spielen die technologischen Möglichkeiten der ITK auch bei der Gestaltung aktueller Megatrends in Politik und Gesellschaft. Dazu zählen die Umbrüche im industriellen Sektor (Industrie 4.0), die Digitalisierung unserer Infrastrukturen und der Aufbau intelligenter Netze, die Energiewende, die Globalisierung, Mobilität und Urbanisierung, digitale Arbeit oder auch der demografische Wandel und Gesundheit.“
Pro Jahr liege zudem der Wachstumsbeitrag durch die Digitalisierung für die bundesdeutsche Wertschöpfung bei rund 0,5 Prozentpunkten. Der Wachstumsimpuls von 145 Milliarden Euro entspreche etwa der gesamten Bruttowertschöpfung einer Nation wie Finnland. Von der Digitalisierung profitieren dabei alle Branchen. Der Einsatz von ITK könne Unternehmen somit helfen, sich erfolgreich von ihren Wettbewerbern zu differenzieren.
Entsprechend weist der Branchenverband auch auf die Bedeutung der IT-Industrie auf den Arbeitsmarkt hin: „Durch dieses zusätzliche Wachstum entsteht auch Beschäftigung. Im Jahr 2012 sorgte die Digitalisierung in Deutschland für 1,46 Millionen Arbeitsplätze. Besonders stark ist der Anstieg der Beschäftigung mit 976.000 in den Dienstleistungssektoren. In der Industrie sorgte die Digitalisierung für einen Wachstumseffekt von 300.000 zusätzlichen Stellen. Am stärksten gilt dies für den Maschinenbau mit 28.000 und die Automobilindustrie mit 24.000 Arbeitsplätzen.“
Ziel der vorliegenden Strategie sei es, die richtigen Wege aufzuzeigen, um die Bundesregierung bei ihrem im Koalitionsvertrag verankerten Ziel zu unterstützen, Deutschland bis 2017 zum Digitalen Wachstumsland Nummer eins in Europa zu machen und international als starker Anbieter von ITK-Lösungen in der Spitzengruppe zu etablieren.
Dazu der Bitkom: „Wenn der ITK-Standort Deutschland bis 2017 zum Digitalen Wachstumsland Nr. 1 in Europa werden soll, muss sich Deutschland mit Blick auf begrenzte Ressourcen darauf konzentrieren, vorhandene Kompetenzen sowie bestehende wirtschaftliche Stärken auszubauen. Hierfür ist ein aktiver Politikansatz notwendig.“
Was muss getan werden?
Eine Strategie für den ITK-Standort Deutschland müsse sich daher fokussieren und gezielt folgende Leitfragen beantworten:
- Wie gelangen wir zu einer innovativen Wirtschaft, Gesellschaft und Verwaltung?
- Wie gelingt uns die Erschließung neuer Märkte?
- Wie können wir zukünftig den Digital IQ steigern und ein ausreichendes Angebot an Fachkräften gewährleisten?
- Wie müssen Staat und Wirtschaft zusammenarbeiten, damit die digitalen Infrastrukturen nutzerfreundlich und sicher werden?
- Welche Rahmenbedingungen für digitale Infrastrukturen muss der Staat schaffen, damit Unternehmen investieren können?
- Welche konkreten Schritte müssen in den einzelnen Bereichen der digitalen Infrastruktur (Breitband, Rechenzentren, Energie, Verkehr, Verwaltung, Gesundheit und Bildung) jetzt gemacht werden?
Da das Thema Digitale Agenda – wie eingangs erwähnt – als tragendes Element sich durch alle Veranstaltungen des Kongresses ziehen soll, werden diese Fragestellungen eine entsprechend wichtige Rolle spielen.
Wenn es gelingt, auch nur für einige wenige dieser Fragen plausible und praxisorientierte Antworten zu finden, hat der zweite Zukunftskongress seine Aufgabe bereits erfüllt.
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