Bedeutung von Open Data in Europa wächst Deutschland hinkt der Entwicklung hinterher

Autor Manfred Klein

Dass Öffentliche Verwaltungen ihre Daten frei zur Verfügung stellen, gilt als der Wachstums­trend für die europäische Wirtschaft schlechthin. Doch wie steht es tatsächlich um die Open-Data-Readiness der Verwaltungen in der EU? Das BeratungsunternehmenCapgemini hat sich zu seinem diesjährigen Bericht zur Open-Data-Reife in den EU-Staaten umgesehen.

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Wie ist es um den Entwicklungsstand von Open Data bestellt?
Wie ist es um den Entwicklungsstand von Open Data bestellt?
(Bild: © envfx - Fotolia)

Der aktuelle Bericht bietet einen Überblick darüber, wo die 28 EU-Länder plus Island, Liechtenstein, Norwegen und die Schweiz (EU28+) in Bezug auf zwei Indikatoren stehen: die Open-Data-Bereitschaft, die den Entwicklungsstand und die Förderung nationaler Open-Data-Richtlinien umfasst, sowie den sogenannten Open-Data-Reifegrad, der die in den nationalen Portalen angebotenen Funktionen beurteilt.

Die Studie zeige, so die Autoren, dass es die EU28+-Staaten im Jahr 2016 zu 55 Prozent erreicht haben, ihre öffentlich verfügbaren Regierungsdaten durch fortschrittliche Portale zur Nutzung anzubieten. Dies sei ein Anstieg von 28,6 Prozentpunkten im Vergleich zu 2015.

Während 2015 neun Länder noch keine Open-Data-Richtlinie gehabt hätten, sei diese Zahl im Jahr 2016 auf lediglich fünf Länder gefallen. Daneben führte ein Großteil der Länder bereits eine Reihe von Studien und Interaktionen mit der Zivilgesellschaft durch, um den Einfluss von Open Data auf ihre Wirtschaft und Gesellschaft zu verstehen.

Der europaweite Portalreifegrad sei dank der Entwicklung komplexerer Funktionen für die einzelnen Datenportale der Länder von 41,7 auf 64,3 Prozent gestiegen. Da die Datenportale vermehrt unterschiedliche Datenformate und Download-Funktionen anbieten würden, könnten die Portale zunehmende Datenmengen und Nutzerfrequenzen verzeichnen. Das europäische Datenportal, das seit November 2015 auf die Daten aller nationalen Portale verweist, enthalte jetzt fast 640.000 Datensätze und damit eine über zweieinhalb Mal höhere Datenmenge als noch bei seiner Einführung.

2016 gelten mehr als die Hälfte der EU28+-Länder als Trendsetter, da sie über robuste Open-Data-Richtlinien und über hoch entwickelte Open-Data-Portale verfügten und klare Strategien verfolgen würden, um die Verbreitung und Wahrnehmung von Open Data zu erhöhen.

Marc Reinhardt, Leiter Public Sector bei Capgemini in Deutschland, glaubt daher, das die Entwicklung nun an einem Wendepunkt angelangt sei: „Bisher wurden Daten veröffentlicht, die bereits zur Verfügung standen und von akzeptabler Qualität waren. Der nächste Schritt ist, die Verfügbarkeit und Qualität maschinenlesbarer Daten zu erhöhen. Europäische Regierungen erkennen inzwischen die Bedeutung der Open Data, mit denen alles von der Stadtplanung und dem Verkehr bis zum Grad der Umweltverschmutzung und den Rettungsdiensten optimiert werden kann. Den Open-Data-Nachzüglern muss verdeutlicht werden, dass die Nützlichkeit von Daten exponentiell steigt, wenn sie mit allen geteilt und von allen verwendet werden.“

Während Europa insgesamt vorangeht, ist Deutschland in die Gruppe der Followers – neben Dänemark und Italien – zurückgefallen. Der Open-Data-Reifegerad liegt laut Studie zwar noch über dem europäischen Durchschnitt und stieg um 18,4 Prozentpunkte gegenüber 2015. Der Wert der Open-Data-Bereitschaft jedoch sei um 3,4 Prozentpunkte auf das europäische Mittel von 51,5 Prozent gesunken, so die Autoren.

„Wie bisher werden als Hemmnisse unklare und uneinheitliche Regelungen der Nutzungsbedingungen und Lizenzen für Open Data als Gründe genannt, auch wenn sie in der Praxis selten entscheidend sind“, heißt es dazu. Zudem mahne die Europäische Kommission weiterhin die Aktualisierung von Deutschlands nationaler Strategie an. Ebenso sei die nationale Koordinierung des föderalen Systems weiterhin eine Herausforderung. So würden beispielsweise neben dem Portal www.govdata.de nach wie vor regionale Portale bestehen, die nicht im nationalen Portal integriert seien. Dies erschwere die Open-Data-Nutzung und schmälere damit auch den Effekt, den Open Data haben könnte.

Gesetz soll Bereitstellung von Daten durch die Verwaltungen stärken

Allerdings bekomme mit dem geplanten Open Data-Gesetz und dem Beitritt zum Open Government Partnership das Thema Open Data nun mehr Unterstützung auf der politischen Entscheidungsebene im Bund, hoffen die Autoren der Studie. „Während die Open-Data-Szene in anderen Ländern von oben orchestriert wurde, ist sie in Deutschland bisher stark von unten gewachsen“, so Marc Reinhardt. „Das vom Bundesinnenministerium geplante Open-Data-Gesetz könnte hier neben dem Abbau von Hürden auch einen wichtigen Impuls auf allen föderalen Ebenen setzen.“

Wie wird Open Data in Deutschland erfolgreich?

Jedoch werde das Gesetz allein nicht den Erfolg von Open Data sichern. „Open Data ist eine Investition in die Zukunftsfähigkeit und benötigt Ressourcen: für Forschung, für feste Ansprechpartner zum Thema, für die Weiterentwicklung der Nutzerfreundlichkeit und für unterstützende Infrastrukturen“, so Marc Reinhardt.

Empfehlungen

Darüber hinaus empfiehlt der Bericht eine Reihe von Empfehlungen an die politischen Entscheidungsträger und Institutionen, die für die Open-Data-Politik verantwortlich sind. Um ihren Fortschritt zu sichern, den vollen Reifegrad zu erreichen und die Vorteile von Open Data voll nutzen zu können, sollten Länder:

  • die Implementierung ihrer Open-Data-Strategie abschließen, wobei sie die Bedeutung eines gesetzlichen Rahmens hervorheben und sowohl Lizenzen und Datenschutzaspekte als auch Standards regeln müssen;
  • automatisierte Prozesse entwickeln, um Daten von öffentlichen Behörden zu erfassen, und sich auf die konsistente und kohärente Qualität der Metadaten konzentrieren – also Zusammenfassung der bereitgestellten Daten, damit diese gefunden und verglichen werden können, bevor die Datensätze selbst heruntergeladen werden.

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