Baugenehmigungsverfahren Das Bauamt als Copyshop

Ein Gastbeitrag von Thilo Schuster |

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Landauf, landab machen neue Landesbauordnungen den digitalen Bauantrag zum Regelfall und versprechen mehr Effizienz und schnellere Verfahren. Mit der falschen Lösung zum Virtuellen Bauamt schafft sich eine Bauverwaltung jedoch mehr Probleme als gelöst werden. Um das zu vermeiden, darf die Verwaltung auch einmal an sich denken.

Der Bauantrag ist der Antrag auf eine Baugenehmigung. Einzelheiten hierfür regeln die Bauordnung und die Bauvorlagenverordnung
Der Bauantrag ist der Antrag auf eine Baugenehmigung. Einzelheiten hierfür regeln die Bauordnung und die Bauvorlagenverordnung
(© nmann77 – stock.adobe.com)

Der digitale Bauantrag setzt sich immer weiter durch. Immer mehr Landesbauordnungen machen ihn zum präferierten Regelfall und verpflichten die jeweiligen Baugenehmigungsbehörden dazu, Bauanträge in digitaler Form anzunehmen. Dieser Schritt ist sehr begrüßenswert, bietet doch die Digitalisierung des Baugenehmigungsverfahrens erhebliche Potenziale zur Effizienzsteigerung und Beschleunigung.

So stehen viele Kommunen aktuell vor der Einführung einer Lösung für das Virtuelle Bauamt. Vom Wunsch getragen, schnell irgendetwas vorweisen zu können, steht dabei leider oftmals die reine Annahme digitaler Bauanträge zu prominent im Vordergrund. Mit der Auswahl einer ungeeigneten Lösung holen sich Kommunen jedoch unter Umständen sogar noch mehr Probleme ins Haus. Leider fällt auch manch prominente Landeslösungen in diese Kategorie.

Aufgrund der Komplexität des Baugenehmigungsverfahrens (BGV) mit seinen unzähligen Schritten, mehrfachen Antragsänderungen und Iterationen sowie den vielen Beteiligten kann nur eine durchgängig digitale Lösung für den Gesamtprozess erfolgreich zum Ziel führen. Der digitalen Einbindung aller weiteren im Prozess beteiligten Stellen fällt dabei eine Schlüsselrolle zu. Beispielsweise müssen in der Landeshauptstadt Hannover potenziell bis zu 80 Fachstellen an einem Baugenehmigungsverfahren beteiligt werden. Dazu gehören alle sachberührten Behörden und Fachbehörden wie der Denkmalschutz oder das Amt für Wasserschutz, externe Experten wie Architekten und Statiker, aber auch die Feuerwehr. All diese Fachstellen müssen digital eingebunden werden können, d.h. auf digitalem Weg die jeweilig benötigten Unterlagen erhalten, bearbeiten und zurücksenden können. Mit allen notwendigen Maßnahmen für Sicherheit und Vertraulichkeit und jederzeit Transparenz über den aktuellen Status.

Kann eine Lösung für das Virtuelle Bauamt das nicht, mutiert die Baubehörde schnell zum Copyshop und muss eigentlich digital vorliegende Bauanträge samt Anlagen und Plänen für die Einbeziehung externer Stellen ausdrucken, per Post verteilen und Änderungen nachhalten sowie neue Stände wieder digitalisieren. Administrativ – mit Blick auf die Effizienz und kostenseitig – wäre das ein Albtraum für die Verwaltung, den es unbedingt zu vermeiden gilt.

Moderne Lösungen zum Virtuellen Bauamt öffnen dazu für jeden Antrag einen virtuellen Projektraum, in dem alle beteiligten Fachstellen digital auf die Unterlagen zugreifen und diese bearbeiten können. Im Zusammenspiel mit der genutzten BGV-Software steuern sie den Gesamtprozess und alle Beteiligten, parallelisieren Abläufe, wo es geht, und sorgen für Transparenz über den Bearbeitungsstand. Nicht zu vergessen sind dabei die Iterationsschleifen durch Änderungen am ursprünglichen Bauantrag.

Bei der Auswahl einer Lösung für das Virtuelle Bauamt sollten Kommunen deshalb auf folgende drei Eigenschaften besonders achten:

Erstens, nur eine vollständige Unterstützung des XBau-Standards in der jeweils neuesten Form garantiert ein reibungsloses Zusammenspiel mit dem BGV-System und anderen externen Systemen in den beteiligten Fachstellen. Zweitens, die Einbindung von Fachstellen sollte komplett digital und weitgehend manuell ablaufen und jeder Zwang zum manuellen Eingriff kritisch hinterfragt werden. Drittens, Bauverwaltungen sollten im Detail prüfen, ob sie durch die neue Lösung zum Virtuellem Bauamt in die Lage versetzt werden, auch den gesamten internen Prozess zur Bearbeitung digital durchzuführen.

Zur Umsetzung des digitalen Bauantrags bedarf es also deutlich mehr als lediglich einer digitalen Fassade. Es geht nicht um eine einmalige digitale Entgegennahme des Antrags, sondern vielmehr um einen kontinuierlichen Prozess der gemeinsamen, vollständig digitalen Bearbeitung im Zusammenspiel von Bauherrn, Architekten, Verwaltung und externen Beteiligten.

Das erfordert nicht nur moderne und leistungsfähige Lösungen für das Fachverfahren und das Virtuelle Bauamt, sondern oftmals auch deutliche Veränderungen in den Prozessen in der Bauverwaltung. Für die notwendige Veränderungsbereitschaft ist es deshalb wichtig, bei der Auswahl einer Lösung insbesondere auch auf die Unterstützung interner Abläufe zu achten. Nur wenn die Mitarbeitenden wirklich entlastet und Prozesse schlanker und teilweise automatisiert werden, kann der digitale Bauantrag seine Versprechen einlösen. Viele gute Beispiele im gesamten Bundesgebiet sind jedoch Ansporn und Beweis genug, dass es sich lohnt.

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Thilo Schuster
ist Geschäftsführender Gesellschafter bei cit und Leiter der Arbeitsgruppe „Bauen und Planen“ beim Databund.

Bildquelle: cit

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