Fahrzeugvernetzung Connected Car: 5G im Auto
Spätestens mit der breiten Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G wird die Vernetzung von Kraftfahrzeugen ein neues Level erreichen. Und dabei ist autonomes Fahren nur ein Bereich von vielen, der durch 5G entscheidend an Fahrt gewinnen wird.
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Bis Herbst 2018 soll die erste Phase des neuen Mobilfunkstandards 5G festgelegt sein. Bis 2022 werden laut einer aktuellen Studie von Ericsson bereits 15 Prozent der Weltbevölkerung 5G nutzen. In dieser Hochrechnung sind jedoch IoT und vernetzte Autos noch nicht mit eingerechnet. Dabei spielen gerade sie beim Thema 5G eine entscheidende Rolle.
Verfolgt der Nachfolger des aktuellen Mobilfunkstandards LTE doch das Ziel „Maschinen“ optimal in den Mobilfunk einzubeziehen. Damit eröffnen sich bei 5G nicht nur für die Telekommunikationsbranche neue Möglichkeiten. Auch andere Industriezweige wittern ihre Chance, bisherige Zukunftsvisionen nun umsetzen zu können. Die Automobilbranche etwa sieht die Zeit des vernetzten Autos und des autonomen Fahrens gekommen. Doch bevor dies soweit ist, gilt es noch einige Hürden aus dem Weg zu räumen.
Einsatzmöglichkeiten und Standardisierung von 5G
5G ist der Nachfolger des aktuellen Mobilfunkstandards LTE (4G). Er soll zu einer Verbesserung der Latenzen und einer hohen Verfügbarkeit führen und durch höhere Performance die Grundlage für neue Einsatzmöglichkeiten schaffen. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Einführung von 5G auf vollen Touren. Die Anforderungen an den neuen Mobilfunkstandard wurden initial gestellt. Sie werden nun definiert und anschließend umgesetzt. Dabei wird es mehrere Entwicklungslevel – so genannte Releases – geben. Die Standardisierung des ersten 5G Release 15 ist für Herbst 2018 geplant. Es soll hauptsächlich das neue 5G Funkinterface (New Radio NR) festschreiben. Im zweiten 5G Release (Release 16), das für 2020 erwartet wird, sollen dann unter anderem die Einbindung höherer Frequenzbereiche ermöglicht werden.
Vor allem in drei Einsatzbereichen sehen Experten derzeit großes Potential für 5G in der Praxis. Das erste Einsatzgebiet ist der Consumer Bereich (enhanced Mobile Broadband – eMBB), in dem durch höheren Traffic und niedrigeren Netzwerkenergieverbrauch die Möglichkeit geschaffen werden soll, viele Devices gleichzeitig ohne Netzverluste zu benutzen. Dies soll vor allem den Nutzerkomfort erhöhen, zum Beispiel bei großen Menschenansammlungen wie Veranstaltungen, bei denen viele private Devices gleichzeitig im Einsatz sind und die Netzkapazität dementsprechend groß sein muss.
Ein zweites Einsatzgebiet ist die so genannte massive Machine Type Communication (mMTC). Diese ist gerade im Hinblick auf die Vernetzung von Geräten aller Art im Zuge des Internet of Things (IoT) relevant. Hierbei soll die Kommunikation von bis zu einer Million smarter Geräte pro Quadratkilometer möglich sein, was gerade in Zeiten einer zunehmenden Vernetzung von Geräten wichtig ist. Diese beiden Einsatzbereiche sind für Industrie und Telekommunikationsfirmen von Bedeutung.
Der dritte Einsatzbereich, die Ultra Reliable Low Latency (URLL), ist es jedoch, der das Interesse der Automobilbranche an 5G geweckt hat. Dadurch sollen zuverlässige Verbindungen und kurze Übertragungszeiten gesichert werden, was als eine wichtige Voraussetzung für die Komforterhöhung beim autonomen Fahren gilt.
Bei den bisherigen Standards LTE und UMTS wurde die Definition von großen Playern der Kommunikationsbranche vorgenommen. Da mit 5G die Einbeziehung von Maschinen und Autos in den Mobilfunk optimiert wird, sind nun auch weitere Interessensgruppen an der Definition der Standards interessiert. Die Automobilindustrie etwa hat dafür eigens ein Gremium zur Definition der Anforderungen der Automobilindustrie an die 5G-Standardisierung gegründet – die 5G Automotive Association (5GAA). Die gemeinsame Definition von Standards ist hier insofern wichtig, als dass dadurch später eine reibungslose Kommunikation im Straßenverkehr auch zwischen Devices verschiedener Hersteller möglich sein soll.
Herausforderungen in Sachen Antenne
So optimistisch die Automobilbranche in Bezug auf 5G auch ist, derzeit gilt es allerdings noch einige Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Eine Herausforderung betrifft die Integration des Mobilfunks in die Antennentechnik. Das Ziel ist die Schaffung einer „smarten“ Antenne. Derzeit werden Signale von einer Antenne auf dem Dach eines Fahrzeugs mithilfe von Kabelverbindungen an die Bordelektronik übermittelt, die sich oft im Fahrercockpit befindet.
Bei der Ausweitung des Übertragungsspektrums von derzeit 6 GHz auf bis zu 100 GHz führt eine Absetzung von der Antenne zur Elektronik durch Kabel allerdings zu großen Verlusten. Deswegen muss die Elektronik und damit die Signalverarbeitung nah an die Antenne gebracht werden – entweder direkt unter das Dach oder in die Antenne selbst. Diese ist jedoch starken Witterungsbedingungen ausgesetzt, da sowohl unter dem Dach als auch in der Antenne selbst hohe Temperaturen und starke Schwankungen vorherrschen, was der Elektronik enorm zusetzt. Nur wenige Hersteller sind in der Lage, Elektronik und Antenne unter solchen Bedingungen zusammen zu bringen.
Ein zweiter Punkt betrifft ungerichtete Antennen. Durch die Ausweitung des Frequenzbereichs bei 5G von derzeit 6GHz auf bis zu 100GHz erhöht sich die Funkfelddämpfung, d.h. Signale können nur noch in geringerem Abstand empfangen werden. Mit einer gezielten Ausrichtung der Antennen kann diese Strecke allerdings vergrößert werden. Dazu müssen Devices mit einer Vielzahl an Antennen bestückt werden, damit immer die Antenne genutzt werden kann, die sich in der Richtung des Senders befindet. Auch Road-Side-Units müssen mit gerichteten Antenne ausgestattet werden, um das Signal an Geräte in vorbeifahrenden Fahrzeugen zu übertragen.
Sicherheit im vernetzten Auto
Ein weiterer Punkt, der beim Connected Car ganz oben auf der Agenda steht, ist das Thema Sicherheit. Zwar wurde dies bei der Entwicklung der Mobilfunktechnik von Anfang an beachtet, sodass der Standard sicherer ist als z.B. WLAN, jedoch beobachten Experten seit Jahren, dass ein großer Teil der Malware inzwischen auch für Mobilgeräte maßgeschneidert wird.
Es wäre fahrlässig zu glauben, dass diese Entwicklung das vernetzte Auto aussparen wird. Deswegen müssen Hersteller und Zulieferer gleichermaßen das Thema Sicherheit im Connected Car – gerade auch im Hinblick auf die Einführung des neuen Mobilfunkstandards – bedenken. Wenn das Fahrzeug zum persönlichen Mobile Device wird, das der Besitzer zum Kommunizieren nutzt und womöglich durch Apps personalisiert, bietet dies viele Manipulationsmöglichkeiten. Da Sicherheitsexperten und Hacker in einem ständigen Wettlauf miteinander sind, werden auch vernetzte Fahrzeuge mit Updates zu versorgen sein, um sie vor neu entstandenen Gefahren zu schützen. Doch dies ist gerade angesichts der zu erwartenden Masse an vernetzten Fahrzeugen eine echte Herausforderung.
Eine Möglichkeit, die Vielzahl von Geräten in Fahrzeugen in kurzer Zeit mit Updates zu versorgen ist Firmware Over-the-Air (FOTA). Das Update-Verfahren bietet das Potenzial, Schwachstellen fortlaufend und schnell mit Patches auszubessern, neue Funktionen zu integrieren und kryptografische Verfahren zu modernisieren, mit denen etwa die Steuergeräte abgesichert werden. Hierbei muss allerdings garantiert werden, dass der FOTA-Prozess selbst sicher und schnell durchzuführen ist und kein zusätzliches Angriffspotenzial bietet. Und genau dies wird durch 5G erst ermöglicht.
Eine Voraussetzung hierfür ist u.a. die kryptografische Absicherung der Luftschnittstelle. Eine besondere Bedeutung kommt auch dem sicherheitsfokussierten Testen zu. Insbesondere Penetrationstests ermöglichen das Aufspüren von Sicherheitslücken. Dabei versucht der Tester mit den Mitteln und Methoden von Hackern bewusst in das System einzudringen. Die Ergebnisse liefern Aufschluss über den aktuellen Sicherheitsgrad und dienen als Basis für die Entwicklung von Gegenmaßnahmen, um kritische Schwachstellen zu schließen.
Die Zukunft von 5G im autonomen Auto
Schon bald wird 5G den aktuellen Mobilfunkstandard LTE ablösen. Experten gehen davon aus, dass bis 2020 weltweit 250 Millionen vernetzte Autos und LKWs auf den Straßen unterwegs sein werden und, dass im Jahr 2025 alle neuen Fahrzeuge mit dem Internet of Things (IoT) verbunden sind. Die Zukunftsvision des vernetzten Autos im autonomen Fahrens scheint zum Greifen nah. Doch vorher müssen noch einige Hindernisse überwunden werden.
Bis dies geschehen ist, legen Automobilhersteller darauf Wert, alle sicherheitsrelevanten Sensoren im Auto selbst zu verbauen, um auch ohne jegliche Vernetzung autonom agieren zu können und sich nicht auf Funkverbindungen verlassen zu müssen. Funktionen, die über Funkverbindungen laufen, werden dagegen verwendet, um die Nutzerqualität des Fahrers zu erhöhen, in dem das Auto durch die Funkvernetzung von einem vor ihm liegenden, z.B. unfallbedingten Stau, Kenntnis erhält und eigenständig eine Alternativroute zur Vermeidung von unnötigen Wartezeiten auswählt.
Auch wenn ab 2022 nicht mit einem Schlag alle Autos auf unseren Straßen „smart“ werden, lassen doch die bisherigen Erfahrungen bei der Einführung neuer Mobilfunkstandards den Anfang einer neuen Zeit erwarten, in der der Mobilfunk immer stärker als Wegbereiter für Zukunftsvisionen im Rahmen des Internets der Dinge fungiert.
Über den Autor
Ulrich Möhlmann ist Director Technology Connected Vehicle Solutions bei Laird.
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