Koalitionsvertrag BV-Med: „Verbesserung der Patientenversorgung durch neue technische Lösungen“
Wie bewerten Vertreter der Medizintechnikbranche den Koalitionsvertrag? Bei Devicemed melden sich der Bundesverband Medizintechnologie und Techniklotsen-Chef Karsten Glied zu Wort.
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- Weiterentwicklung und Verbesserung der Patientenversorgung durch neue technische Lösungen notwendig
- Schnellerer Transfer von Forschungsergebnissen in die Gesundheitsversorgung erwünscht
- Fehlende Handlungsbereitschaft bei Digitalisierung für die Gesundheitsbranche
Der BVMed möchte die im Koalitionsvertrag zwischen CDU/CSU und SPD vorgesehene Weiterführung des Strategieprozesses Medizintechnik nutzen, um eine „neue Fortschrittskultur in der Weiterentwicklung und Verbesserung der Patientenversorgung in Deutschland durch neue technische Lösungen“ zu erreichen. Dafür sei das Zusammenspiel von Gesundheits-, Forschungs- und Wirtschaftsministerium von großer Bedeutung. „Wir wünschen uns eine positive Atmosphäre für den medizinisch-technischen Fortschritt und einen schnelleren Transfer von Forschungsergebnissen in die Gesundheitsversorgung“, so BVMed-Geschäftsführer und Vorstandsmitglied Joachim M. Schmitt.
Erstattungssystem an die Dynamik des Medizintechnikmarktes anpassen
Ein Ziel des Strategieprozesses Medizintechnik müsse es sein, die Erstattungs- und Bewertungssysteme an die Dynamik von medizinischen und technischen Weiterentwicklungen anzupassen, so der BV-Med. Hierzu gebe es im Koalitionsvertrag gute Ansätze. So werde im Koalitionsvertrag beispielsweise gefordert, dass medizinische Innovationen schneller in die Regelversorgung gelangen und hierfür die G-BA-Verfahren beschleunigt werden sollen. Die Große Koalition habe erkannt, dass wir für eine gute Patientenversorgung auf dem Stand von Wissenschaft und Technik schnellere Entscheidungen über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden benötigen, so Schmitt.
Positiv sieht der BV-Med auch die vorgesehenen erhöhten Investitionen in Krankenhäuser für Umstrukturierungen, neue Technologien und Digitalisierung. „Moderne Medizintechnologien schaffen die Grundlage für kürzere OP-Zeiten, geringere Verweildauer und schnellere Genesung bei höherer Lebensqualität.“ Der geplante Umbau des DRG-Systems müsse sicherstellen, dass hochwertige Medizinprodukte im Krankenhaus auch sachgerecht vergütet werden. Zudem könnten moderne Medizintechnologien die Situation von Pflegekräften verbessern und sie in ihrer Arbeit entlasten.
BV-Med-Unternehmen plädieren für verpflichtendes Implantateregister
Weiterhin setzen sich die Medizintechnik-Unternehmen für ein verpflichtendes Implantateregister ein. Die hier begonnenen Vorarbeiten in der letzten Legislaturperiode sollten bis spätestens 2020 in ein Gesetz münden. Außerdem erwarten die Hilfsmittelhersteller im BV-Med ein sogenanntes „HHVG 2“. Das im letzten Jahr beschlossene Heil- und Hilfsmittelversorgungsgesetz verbessert die Patientenversorgung im Hilfsmittelbereich erheblich. Es entstanden aber im Detail Umsetzungsprobleme, die Nachbesserungen erforderlich machen. Dies betrifft Ausschreibungen bei Hilfsmitteln mit hohem Dienstleistungsanteil, die von Krankenkassen immer noch durchgeführt werden. Diese verstoßen gegen den erklärten Willen des Gesetzgebers. Auch neue, von den Krankenkassen aufgelegte „Open-House“-Verträge verstoßen gegen geltendes Recht.
Die GroKo darf Gesundheit 4.0 nicht verschlafen
Dringenden Handlungsbedarf sieht der BV-Med zudem bei der Weiterführung der E-Health-Initiative der Bundesregierung und der Digitalisierung der Gesundheitsversorgung. „Wir müssen Digitalisierung positiv begreifen und begleiten. Die Chancen durch diese neuen Wege sind enorm, die Risiken durchaus beherrschbar. Wir brauchen einen mutigeren Umgang mit dem Thema“, so Schmitt.
Ähnlich äußert sich Karsten Glied, Geschäftsführer der Techniklotsen GmbH. Sein Unternehmen begleitet Einrichtungen der Sozial- und Gesundheitswirtschaft bei der Gestaltung der Digitalisierung. Hierzu bietet das Unternehmen passgenaue IT- und Kommunikationslösungen und strategische Beratung an. Zum aktuellen Koalitionsvertrag sagt Glied: „Mit der Einigung auf eine Regierungsbildung scheinen die Koalitionsverhandlungen beendet. Jedoch bleibt die notwendige Handlungsbereitschaft im Bereich der Digitalisierung für die Gesundheitsbranche aus. Glücklicherweise schafft es zumindest ein Verweis zum Ausbau von E-Health in den Koalitionsvertrag: eine längst überfällige Maßnahme zur Digitalisierung von Gesundheitsangeboten.“
Das Ziel von CDU/CSU und SPD, bis 2020 dazu einen konkreten Aktionsplan auszuarbeiten, findet Glied zwar löblich, allerdings verspreche dies noch lange keine Umsetzung. Im Koalitionspapier inbegriffen ist auch das Vorhaben, die elektronische Patientenakte bis 2021 umzusetzen. Diese Umsetzung sieht Glied höchst skeptisch: „Ein ähnliches Projekt, das der digitalen Gesundheitskarte, endete in einem Milliardengrab.“ Er empfiehlt der Bundesregierung, den Ausbau digitaler Infrastrukturen voranzutreiben, um die Umsetzung und Nutzung der elektronischen Patientenakte für alle Akteure zu ermöglichen. „Mit Aussagen über Vorgehensweisen zur Realisierung der längst überfälligen Digitalisierung hält sich die große Koalition bedeckt. Lediglich das Versprechen, sich den Thematiken anzunehmen, enthält der Vertrag zur Regierungsbildung. Meiner Meinung nach können wir zwar froh sein, dass Ziele zur Verbesserung von medizinischen Angeboten oder Lösungsansätze zum Pflegenotstand im Koalitionsvertrag enthalten sind – sie wirken jedoch unambitioniert und wenig zukunftsweisend, denn vor allem im Bereich E-Health oder Telemedizin steckt viel unausgeschöpftes Potenzial“, so das abschließende Fazit von Glied.
Dieser Beitrag erschien zuerst in unserem Partnerportal Devicemed.
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