Verwaltungsdigitalisierung Bundeskabinett beschließt OZG-Änderungsgesetz
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Die Bundesregierung hat heute im Kabinett den Gesetzentwurf zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes (OZG 2.0) beschlossen. Damit soll der Rahmen für die weitere Digitalisierung der Verwaltung gesetzt werden, die Kritik ließ jedoch nicht lange auf sich warten.

Fünf Monate, nachdem die Frist zur Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG) abgelaufen ist, kommt wieder neuer Schwung in die Verwaltungsdigitalisierung. Heute hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Onlinezugangsgesetzes sowie weiterer Vorschriften zur Digitalisierung der Verwaltung – oder einfach kurz: das OZG 2.0 – beschlossen.
Die wichtigsten Maßnahmen, die das Gesetz vorsieht, sind wohl
- die Fokussierung auf die Ende-zu-Ende-Digitalisierung,
- die Festlegung eines einheitlichen Bürger- und Organisationskontos, der sogenannten „BundID“,
- die Once-Only-Generalklausel, mit der der Abruf benötigter Nachweise bei anderen Behörden ermöglicht wird,
- die faktische Abschaffung der Schriftform
- sowie die Bereitstellung von relevanten Standards und Schnittstellen durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI).
„Mit unserem Paket für die digitale Verwaltung gehen wir heute einen weiteren großen Schritt, um unser Land moderner, bürgernäher und digitaler zu machen. Wir wollen das Leben der Menschen leichter machen, wertvolle Zeit sparen, der Zettelwirtschaft ein Ende bereiten und Behördengänge vermeiden“, so Bundesinnenministerin Nancy Faeser. „Besonders begrüße ich, dass wir uns gemeinsam mit Ländern und Kommunen jetzt auf 15 besonders wichtige Leistungen fokussieren. Spätestens 2024 werden dadurch zum Beispiel die Kfz- oder Führerschein-Anmeldung, die Ummeldung, die Eheschließung, eine Baugenehmigung und das Elterngeld deutschlandweit digital beantragt werden können.“ Dies sei ein großer Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger – und ein Meilenstein auf dem Weg zum digitalen Staat.
Von einer allgemeingültigen Frist, wie es sie beim OZG 1.0 gab, hat man diesmal abgesehen. Es wurde jedoch festgelegt, dass die Verwaltungsleistungen, die Bund, Länder und Kommunen für Unternehmen anbieten, innerhalb der nächsten fünf Jahre, also spätestens bis 2028, voll digitalisiert sein sollen.
Einige dieser Maßnahmen stehen jedoch nicht im Änderungsgesetz selbst, sondern in den gleichzeitig beschlossenen Eckpunkte für eine moderne und zukunftsgerichtete Verwaltung:
Richtungsweisend, aber nicht ausreichend
„Gegenüber den ersten Versionen hat der vorliegende Gesetzentwurf an Substanz zugelegt“, kommentierte Lutz Goebel, Vorsitzender des Nationalen Normenkontrollrats (NKR), die Geschehnisse. „Gleichwohl wird der ersehnte Durchbruch in Sachen digitaler Verwaltung mit dem neuen OZG nicht erreicht werden können. Damit bleibt das OZG 2.0 hinter den Erwartungen des NKR, aber auch vieler Verbände und der breiten Fach-Community zurück. Als Vorsitzender des NKR kann ich nur eindringlich an Bundesregierung und Bundestag appellieren, beim OZG noch ein oder zwei Schippen oben drauf zu legen.“
So vermisse er bei der geplanten Ende-zu-Ende-Digitalisierung der häufig nachgefragten Verwaltungsleistungen etwa eine Verpflichtung der Länder und Kommunen. Auch einen Rechtsanspruch auf digitale Verwaltungsleistungen sehe der Gesetzesentwurf nicht vor. Dadurch werde allerdings der Umsetzungsdruck nicht erhöht. „Es mangelt weiterhin an einem klaren gesetzlichen Auftrag, was durch Bund, Länder und Kommunen bis wann zu realisieren ist“, so Goebel. Das betreffe aus Sicht des NKR auch das gescheiterte „Einer-für-Alle“ (EfA)-Prinzip in Bezug auf die Erstellung von Software-Produkten. „Der NKR empfiehlt dringend, das Augenmerk auf EfA-Standards und EfA-Basiskomponenten zu legen. Hierfür ist die FITKO zu einer leistungsfähigen Standardisierungsorganisation zu ertüchtigen und eine rechtliche Grundlage für einen App-Store zu schaffen“, erklärte er.
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Nationaler Normenkontrollrat
Beim OZG 2.0 die richtigen Schwerpunkte setzen
Auch der Deutsche Landkreistag (DLT) geht auf die fehlenden Standards ein. Um eine Ende-zu-Ende-Anbindung der zukünftigen Online-Services sicherzustellen, brauche es verbindliche Standards, eine tragfähigen Finanzierungsgrundlage und wirtschaftliche Betriebsmodelle, so Präsident Landrat Reinhard Sager. „Der Bund ist aufgefordert, den IT-Planungsrat zu einer echten Standardisierungsorganisation mit einem angemessenen Unterbau auszugestalten, um die angekündigte Standardisierungsagenda auch umsetzen zu können.“ Darüber hinaus müssten diese Standards für verbindlich erklärt werden. „Ohne die verbindliche Vorgabe von Schnittstellen, Standards und Strukturen wird die Änderung des OZG erneut nahezu verpuffen“, befürchtet Sager. „Auch fehlt es an einer dauerhaft tragfähigen Finanzierungsgrundlage. Wir fordern deshalb von den Ländern eine echte Ende-zu-Ende-Anbindung und einen Betrieb zu fairen Preisen“, so der DLT-Präsident abschließend.
„Unverständlich ist auch, dass der Bund bei der digitalen Identifizierung ausschließlich auf die eID setzt. Durch höchste Sicherheitsanforderungen für einfachste Behördengänge wie die Beantragung eines Anwohnerparkausweises geht die Bundesregierung wieder einen eigenen Weg, der sich nicht an internationalen Erfahrungen und Standards orientiert“, so Bitkom-Präsident Achim Berg. Das sei realitätsfern und schließe andere, ebenfalls sichere Identifizierungsverfahren unnötig aus. „Außerdem müssen Bürgerinnen und Bürger über die eID bei digitalen Behördengängen mehr Daten teilen als nötig. Auch hier wird deutlich, dass das neue OZG die wichtigste Zielgruppe, die Bürgerinnen und Bürger, nicht in den Mittelpunkt rückt.“
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