Kryptoketten in der deutschen Verwaltung Bearingpoint-Blockchain-Schlaglicht: Die öffentliche Hand investiert nur zögerlich

Redakteur: Ulrike Ostler

Die Bundesregierung bekennt sich im Koalitionsvertrag eindeutig zur Blockchain-Technologie. Doch knapp ein Jahr nach Unterzeichnung der Verträge zeigt sich, dass die Umsetzung noch zögerlich angegangen wird. Das zeigt eine Befragung der Management- und Technologieberatung Bearingpoint von Verwaltungsexperten.

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Blockchain soll die Welt verändern, doch die Verwaltungsmühlen mahlen langsam.
Blockchain soll die Welt verändern, doch die Verwaltungsmühlen mahlen langsam.
(Bild: gemeinfrei - geralt/Pixabay / CC0 )
  • In der Bearingpoint-Untersuchung geben 62 Prozent der Befragten aus der Öffentlichen Verwaltung an, dass für sie das Thema Blockchain unbekannt beziehungsweise völlig unbekannt sei.
  • 24 Prozent haben sich nach eigenen Angaben bereits mit dem Thema beschäftigt und
  • 5 Prozent bezeichnen sich als Experten.

Alexander Schmid, Partner bei Bearingpoint sagt mit Blick auf die Ergebnisse der Befragung, das bedeute „vorsichtig ausgedrückt: Der Wissensstand ist ausbaufähig“. Er fügt hinzu: „Innovationen in der Verwaltungsmodernisierung benötigen Zeit. Bevor eine Entscheidung zum Nutzen getroffen werden kann, braucht es aber Wissen und Verständnis zu den Möglichkeiten. Hier gilt es, gezielt anzusetzen.“

Blockchain-Nutzen in der Verwaltung

Typische Anwendungsfälle, in denen ein hoher Nutzen durch Blockchain generiert werden kann, sind laut Bearingpoint das Management öffentlicher Finanzen auch über Behördengrenzen hinweg, komplexe Genehmigungsverfahren, wie im Kfz-Wesen, oder auch die Datenübermittlung im Gesundheitswesen. Doch werde nach dem Nutzenpotenzial gefragt, zeige sich bei den Verwaltungsmitarbeitern ein differenziertes Bild.

Während 38 Prozent einen großen beziehungsweise sehr großen Nutzen von Blockchain für die Öffentliche Verwaltung allgemein sehen, so beurteilen nur 29 Prozent Blockchain als nützlich für die eigene Organisation. Auffallend ist zudem, dass jeweils rund ein Drittel der Befragten den Nutzen gar nicht einschätzen kann. Als die wichtigsten Nutzungsaspekte der Blockchain werden von den Befragten die Unverfälschbarkeit von Daten (48 Prozent), die Beschleunigung von Geschäftsprozessen (48 Prozent) sowie die Transparenz von Geschäftsprozessen (43 Prozent) genannt.

Es ändert sich langsam

Am geringsten ist die Auseinandersetzung mit Blockchain nach Einschätzung der Befragten im Haushaltsbereich. „Das ist ein klarer Indikator dafür, dass in das Thema Blockchain noch kaum Mittel investiert werden. Wir stellen jedoch fest, dass sich der Trend ändert und beispielsweise mit der Blockchain-Strategie des Bundes verwaltungsintern immer mehr Einsatzbereiche diskutiert werden“, so Schmid.

Dr. Robert Bosch, ebenfalls Partner bei Bearingpoint ergänzt: „Das ist ein interessanter und durchaus positiv zu wertender zeitlicher Zusammenhang zu den Marktpreisen für Kryptowährungen und ICOs, die im Gegensatz dazu gegen Ende 2018 ja deutlich eingebrochen sind. Während die reinen Spekulanten und ‚schwachen Hände‘ den Markt verlassen, setzen sich nun immer mehr Marktakteure produktiv mit der Technologie auseinander – so auch die Öffentliche Verwaltung.“

Es startet als Graswurzelbewegung

Es überrascht nicht, dass es aktuell vor allem die Fach- und IT-Bereiche sind, die sich laut Befragung mit dem Thema Blockchain beschäftigen, während sich auf Leitungs- und Organisationsebene nur sehr wenige Mitarbeiter aktiv mit dem Thema Blockchain auseinandersetzen. Wie im Rest der Gesellschaft, geht die Blockchain-Technologie also auch in der Öffentlichen Verwaltung eher von einer Graswurzelbewegung aus, als dass sie von oben herab verordnet würde.

Die Befragung zeigt, dass IT-Wissen zu Aufbau und Wirkweise von Blockchains stärker mit möglichen Anwendungsfällen in den Fachabteilungen der Ministerien und Behörden zusammenbracht werden muss. Eine unzureichende Kommunikation zwischen IT- und Fachabteilung hingegen führt zu Missverständnissen und Verzögerungen in der Diskussion über Einsatzmöglichkeiten und Nutzen.

Schmid sagt: „Die vorsichtigen Schritte im Neuland zeigen, wie schwer sich die Deutsche Verwaltung tut. ‚Wir sind ja hier nicht in Ouagadougou‘, sagte ´mal ein früherer Finanzminister. Was in Deutschland seine Zeit braucht, geht allerdings andernorts manchmal schneller.“

Er nennt als Beispiel: In der Hauptstadt von Burkina Faso unterstütze Bearingpoint derzeit das dortige Finanzministerium in einem Pilotprojekt zum Einsatz der Blockchain-Technologie zur besseren Steuerung von Entwicklungsgeldern. Die Verantwortlichen im burkinischen Finanzministerium trieben das Projekt mit Blick auf den Nutzen für ihre Verwaltung voran. „Durch das zugehörige Change-Management im Projekt sichert sich die burkinische Verwaltung auch die notwendige Akzeptanz der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegenüber der neuen Technologie“, so Schmid abschließend.

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