Chaos um Hochschulsoftware 15 Millionen Euro später: Rettung durch Privatisierung?

Redakteur: Manfred Klein

Wieder ist ein großes IT-Projekt der Bundesverwaltung in schweres Fahrwasser geraten. Die Einführung des Verfahrens zur Studienplatzvergabe musste – wieder einmal – verschoben werden. Der Pilotbetrieb soll eventuell zum kommenden Wintersemester starten. Ein Ende des Chaos bei der Studienplatzvergabe ist nicht in Sicht. Jetzt sucht der Bund die Rettung in der Privatisierung – 16 Länder sprechen mit ... Über die Hintergründe berichtet eGovernment Computing in ihrer heute erscheinenden Print-Ausgabe.

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Bundesbildungsministerin Annette Schavan kritisiert das eigene Unternehmen (Foto: BMBF)
Bundesbildungsministerin Annette Schavan kritisiert das eigene Unternehmen (Foto: BMBF)

Ausgerechnet in den besonders begehrten Studiengängen konnten allein im vergangenen Jahr 17.000 Studienplätze nicht vergeben werden. Dieses Chaos in geregelte Bahnen lenken sollte eine zentrale Internet-Plattform.

Doch die Einführung des „Dialogorientierten Serviceverfahren für Hochschulzulassung“ musste jetzt erneut verschoben werden: Die zahlreichen von den Hochschulen selbst eingesetzten IT-Systeme ließen sich nicht schnell genug anpassen. Aktuell macht ein von T-Systems hergestelltes Programm Probleme. 15 Millionen Euro hat das Kompatibilitätsproblem mittlerweile verschlungen.

In die Kritik geraten ist darüber der Hersteller, die Hochschul-Informations-System GmbH, kurz HIS, die zu einem Drittel dem Bund und zu zwei Dritteln den Bundesländern gehört. So hatte Bundesministerin für Bildung und Forschung, Prof. Dr. Annette Schavan, erklärt: „Die Erfahrungen der vergangenen Monate werfen die Frage auf, welchen Wert die Arbeit der HIS eigentlich noch hat.“ Und auch die Länder üben Druck auf die HIS aus.

Doch die HIS wehrt sich und will die Vorwürfe nicht unwidersprochen hinnehmen. Auf Anfrage von eGovernment Computing erklärte das Unternehmen: „Mit HIS-Systemen ist eine komfortable Online-Bewerbung und Zulassung seit vielen Jahren möglich und an den Hochschulen Standard. Da bei der Konzeptionierung der zentralen Software hochschulstart.de dieser bestehenden Softwarelandschaft nicht zur Genüge Rechnung getragen wurde, besteht nun die Herausforderung darin, die neue zentrale Software an die über Jahre hinweg gewachsenen, individualisierten Systeme der Hochschulen anzubinden.“

Und weiter: „HIS war an der Erstellung des Lastenhefts nicht beteiligt, das für T-Systems die verbindliche Grundlage der Entwicklung war, die Erstellung des Lastenhefts für hochschulstart.de wurde dem Fraunhofer Institut FIRST übertragen.“

Zudem seien die Prozesse des Lastenheftes nicht mit den vor Ort an den Hochschulen implementierten Zulassungsverfahren abgeglichen worden. „Trotzdem enthält das Lastenheft die Aussage, die Hochschulen könnten ohne wesentliche Änderungen ihrer derzeitigen Zulassungsprozesse an dem zentral über hochschulstart.de koordinierten Zulassungsverfahren teilnehmen. Dieses Versprechen konnte so nicht gehalten werden.“

Doch die Privatisierung ist noch nicht vom Tisch. Dazu eine Sprecherin des Ministeriums: „Der Bund als einer der 17 Gesellschafter des Unternehmens setzt sich dafür ein, dass die Gesellschafter alternative Geschäftsmodelle des Unternehmensbereichs IT durch einen Wirtschaftsprüfer bewerten lassen. Die Privatisierung dieses Unternehmensbereichs ist in diesem Zusammenhang eines von mehreren denkbaren künftigen Geschäftsmodellen der Hochschul-Informations-System GmbH. Eine Festlegung auf eine Variante gibt es ist bislang nicht.“

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